Niederbayern:Kollnburger Hexenjagd

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Josefa Schmid vor dem Rathaus in Kolnburg. Unbekannte unterstellen, dass dort unhaltbare Zustände herrschten. Die ehrenamtliche Bürgermeisterin nennt diese Form der Kritik zu recht unanständig. (Foto: PR)

Josefa Schmid ist Trubel gewohnt, als Sängerin wie als Bürgermeisterin. Jetzt ist wieder was los im niederbayerischen Kollnburg, es ist schließlich Wahlkampf.

Kolumne von Katja Auer

Der Wahlkampf bringt allerlei Auswüchse mit sich, das bleibt nicht aus. Kürzlich ist einem Bamberger CSU-Stadtrat tatsächlich der Spruch "Bamberg uns Bambergern" aufs Plakat geraten, wobei das natürlich ein Missverständnis war, das nach einem öffentlichen Aufschrei schnell bereinigt wurde. Die Junge Union im oberbayerischen Mettenheim landete einen großen Erfolg mit ihrem Plakat, auf dem ein Hintern in einer Lederhose zu sehen war, zwei Hände darauf und der Slogan: "Jetzt pack ma's an." Spott- und Shitstorm fegten es schnell hinweg. Was noch lustig ist oder schon dumm, ist offenbar nicht für jeden Wahlkämpfer eindeutig erkennbar.

Ein paar Unbekannte im niederbayerischen Kollnburg wollen ihren Beitrag zum Wahlkampf wohl ebenfalls als Satire verstanden wissen. Seit drei Tagen veröffentlicht "eine große Interessengemeinschaft von Kollnburger Bürgern, die anonym bleiben möchten" Videos im Internet, in denen die Hexe Burgwalda mit elektronisch verzerrter Stimme die angeblich unhaltbaren Zustände im Rathaus thematisiert.

Dort regiert Josefa Schmid, auch bekannt als singende Bürgermeisterin, verspottet als "Loreley vom Bayerwald" und "Katzenberger von Kollnburg". Trubel ist die Frau also gewohnt, nicht nur wegen ihrer mäßig steil verlaufenden Musikkarriere. Auch politisch ist immer was los, wo Josefa Schmid mitmischt. Einst war sie in der CSU, kandidierte 2008 aber für die Freien Wähler als Bürgermeisterin, weil sie sich von ihrer Partei übergangen fühlte. Prompt gewann sie und trat später wegen fehlender Frauenförderung aus der CSU aus. Sie kandidierte mit eigener Liste bei der Landratswahl und später für die FDP für den Landtag, beides klappte nicht, ihrer Bekanntheit freilich schadete es nicht.

Daheim in Kollnburg allerdings gibt es Ärger mit dem Gemeinderat, die Bürgermeisterin ist wohl vielen zu umtriebig. Erst recht, als sie auch noch in der Bremer Bamf-Affäre zur Aufklärung beitrug. Jetzt fordern sie gleich drei Kandidaten heraus. Ob die etwas mit den Videos zu tun haben, ist nicht ersichtlich, hinter der Hexe Burgwalda traut sich keiner aus der Deckung. Josefa Schmid nennt das Ganze unanständig und behält sich juristische Schritte vor. Recht hat sie, lustig ist das jedenfalls nicht. Und feige noch dazu.

© SZ vom 26.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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