Tourismus:"Das junge Gastgebergesicht Bayerns"

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Die Jugendherbergen in Bayern, wie jene in Oberammergau, erfreuen sich großer Beliebtheit bei jungen Gästen. (Foto: Robert Pupeter)

Der Landesverband der Jugendherbergen zieht eine positive Bilanz der Besucherzahlen, klagt aber über zu wenig Geld. Die Staatsregierung soll helfen - auch um Bayerns Image aufzupolieren.

Von Johann Osel

Trotz einer positiven Gästebilanz sieht sich der Landesverband der Deutschen Jugendherbergen (DJH) vor Herausforderungen, die er als gemeinwohlorientiertes Unternehmen nicht alleine bewältigen könne - und hat Forderungen an die bayerische Staatsregierung. Um attraktive Unterkünfte im Freistaat adäquat zu erhalten und sie energietechnisch sowie barrierefrei zu modernisieren, fehle es an "Investitionskraft", sagte Winfried Nesensohn, geschäftsführender Vorstand des DJH Bayern. Zwar sehe der Landeshaushalt jährlich 1,45 Millionen Euro für bauliche Maßnahmen vor. Dieser Betrag sei aber einerseits zwei Jahrzehnte lang nicht erhöht worden und werde von der Inflation aufgefressen, anderseits könne die Förderung für Vorhaben nur bei 70 Prozent Eigenmitteln abgerufen werden. Daran hapere es dem DJH, auch als Folge der Pandemie; ohnehin dürften gemeinwohlorientierte Unternehmen nur geringe Rücklagen bilden.

Der Verband forderte bei einem Pressegespräch am Mittwoch eine Anpassung der staatlichen Förderquote (auf 50 statt nur 30 Prozent) und mittelfristig eine Aufstockung des Etats auf zwei Millionen Euro. Der bayerische DJH-Präsident Klaus Umbach erkennt für das Anliegen bei den Fachpolitikern im Landtag und im Sozialministerium "offene Ohren", jedoch "steht der Finanzminister auf der Bremse". Dabei gehe es auch darum, den "Lernort Jugendherberge" als demokratiefördernde Einrichtung und als Anbieter von Bildungsprogrammen zu stärken. Man wolle vor dem Hintergrund einer voranschreitenden gesellschaftlichen Spaltung "ein positives und Werte getriebenes Gegengewicht" sein.

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Mit 1,2 Millionen Übernachtungen 2023 haben die bayerischen Jugendherbergen im Vorjahresvergleich um 15 Prozent zugelegt. "Wir sind wieder zurück", sagte Nesensohn mit Blick auf die Zeiten von Lockdowns in der Corona-Pandemie und Dellen in der Folge, von den Zahlen im Vor-Corona-Jahr 2019 sei man nicht mehr weit entfernt. Vergangenes Jahr gab es 504 826 Ankünfte, also Besucher, in den 50 Jugendherbergen mit ihren 7738 Betten. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer lag bei rund 2,4 Tagen. Die 50 Häuser werden zu gut zwei Dritteln direkt vom DJH betrieben, beim restlichen Drittel sind Kommunen oder Sozialverbände die Träger, sie laufen gleichwohl unter dem offiziellen Label. Damit zähle man zu den größten touristischen Einzelunternehmen in Bayern. Der erste Ausblick für 2024 sei positiv, womöglich werde die Marke von einer halben Million Gästen geknackt.

Erfreut zeigt sich der DJH über die Rückkehr von Schulklassen als Hauptgästegruppe. Nach der Pandemie sei fraglich gewesen, ob Schulleitungen, Eltern und die Jugendlichen wieder in großem Stil derlei Fahrten antreten wollten. Mit einem Anteil von 40 Prozent hat die Gästegruppe Schulen nun sogar einen Höchststand erreicht, 2018 waren es nur 33 Prozent. "Das belegt eindeutig die Notwendigkeit und den Wunsch der Kinder und Jugendlichen nach Gemeinschafts- und Lernerlebnissen während einer mehrtägigen Klassenfahrt", befand Nesensohn. Es gebe wohl einen anhaltenden "Nachholbedarf". Familien machten gut 25 Prozent der Gäste aus, Gruppen und Tagungen ebenso viel; hierbei gibt es einen Rückgang, offenbar werden etwa Seminare inzwischen häufiger digital abgehalten. Der Anteil von Einzelgästen lag bei circa zehn Prozent.

Noch einen anderen Wunsch an die Staatsregierung haben die Jugendherbergen. Schon bei ihrem Antrittsbesuch bei der neuen Tourismusministerin Michaela Kaniber (CSU), die vor einigen Monaten den Bereich von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) übernommen hatte, präsentierten Umbach und Nesensohn ihre Häuser als "das junge Gastgebergesicht Bayerns". Ihnen schwebt eine Kampagne für junge Reisende über das staatliche Tourismusmarketing vor; über soziale Netzwerke und in Verbindung mit Kultur oder Events. Bayern sei "nicht nur etwas für Best-Ager", betonte Nesensohn, wer als junger Mensch erstmals komme, tue das später sicher wieder. Die Zahlen der Jugendherbergen ähneln übrigens dem Trend im Tourismusland Bayern: Auch die gesamte Branche verzeichnete 2023 einen Anstieg bei den Übernachtungen, blieb aber noch knapp unter dem Vor-Corona-Wert von 2019.

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