Regensburg:Wie sich mit Bier-Foam Kinder beruhigen lassen

Lesezeit: 1 min

Ein Bier ohne Schaum ist kein richtiges Bier - zumindest in Bayern. (Foto: Frank Leonhardt/dpa)

Der Auftakt der Wirtshaus-Ausstellung in Regensburg war begleitet von Bildern und Ereignissen, die einen liebevollen Blick in menschliche Abgründe eröffnen.

Glosse von Hans Kratzer

Spektakulär verlief am Wochenende der Auftakt der Wirtshaus-Ausstellung im Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg. Ministerpräsident Markus Söder nannte das Wirtshaus in seiner Festrede "eine emotionale Sache", woraufhin manche Gäste sogleich ungeniert ein Verhalten wie auf dem Abort eines Bierkellers an den Tag legten. Sich unbeobachtet fühlend, gab sich eine Person besonders leger und bohrte mit dem Finger leidenschaftlich in der Nase, um die Nasenramel (Popel) dann umstandslos auf oralem Wege zu verwerten.

Natürlich, die Wirtshauskultur lebt von würzigen Düften, was in der Ausstellung ja auch auf breiter Front gewürdigt wird. Naturgemäß prägt das Bier die Gerüche und das Flair eines Wirtshauses. Freilich sei auch der Schaum nicht vergessen, der allen Glanz des Bieres veredelt. Sogar die Münchner Revolutionäre von 1919 streckten im Mathäserbräu ihr Bier mit einer Limonade, damit der Schaum noch länger perlte.

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Für den Schaum kennt das Bairische ein eigenes Wort, den Foam. Welchen Beitrag er für ein erfülltes Leben leistet, zeigt exemplarisch die Kindheit des Satirikers Gerhard Polt, der ja in wenigen Tagen in großer Rüstigkeit 80 Jahre alt wird, was nicht zuletzt dem Bierschaum zu verdanken ist. Dem Buben Polt, der in einer Metzgerei aufgewachsen ist, wurden schon früh Aufgaben höchster Verantwortung zuteil, wie er selber erzählt. "Ich musste beispielsweise nach einem durch Handschlag besiegelten Kauf einer Sau den Erwerb mitfeiern und bekam den Foam und der Metzger das Bier."

Unzweifelhaft geht vom Foam eine beruhigende Wirkung aus. Früher war es üblich, schreiende Kinder mit seiner Hilfe ruhig zu stellen. Dazu befüllte man das Ludlflascherl, so hießen die Milchflaschen für die kleinen Kinder, mit etwas Bier. Oben drauf steckte der Stoffdietzel, den man auch separat ins Bier und in den Schaum eintauchte, um die Kinder daran zuzeln zu lassen. Meistens haben die Kleinen danach gut geschlafen. Wer diese Methode heute anwendet, muss damit rechnen, als Kindermörder verschrien zu sein.

Einige Aufschreie rief schon am ersten Tag der Regensburger Ausstellung jene alte Zeichnung von Bruno Paul hervor, die 1903 in der Zeitschrift Simplicissimus abgedruckt war. Darauf ist eine Familie mit zwei Kindern im Bierkeller zu sehen, alle haben schon glasige Augen. Eins der Kinder sagt: "Du Muatta, i hab an Rausch!" - "Was!", entgegnet sie, "schamst di net? Wegen oaner Mass Bier?"

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMünchner Oktoberfest 2022
:Die Rückkehr der Wiesn

Pandemie, Krieg - und nun Wiesn? Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter erklärt bei einem nahezu staatstragenden Auftritt, warum das Oktoberfest wieder stattfinden soll - ohne Zugangsbeschränkungen.

Von Heiner Effern und Anna Hoben

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: