Jahresrückblick:Wenn Kanonenkugeln vom Himmel fallen

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Ein Hagelsturm zerstörte am 26. August 2023 zahlreiche Häuser im südlichen Oberbayern, zum Beispiel in Bad Bayersoien im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Hagelstürme, Starkregen, Schneechaos: Wetterextreme haben Bayern im Jahr 2023 stark zugesetzt - und könnten in Zukunft noch häufiger werden.

Von Thomas Balbierer

Sein Haus ist eine Ruine, sagt Josef Landes, noch immer. Erst kam der Hagel, der durch die Dachziegel schoss wie kleine Kanonenkugeln. Dann setzte der Regen alles unter Wasser. Eine Katastrophe. "So was hab ich noch nicht erlebt", sagt der Landwirt Ende Dezember am Telefon. Das Dach: "einfach auseinandergeflogen". Mittlerweile ist es zwar geflickt, doch innen ist noch nichts passiert. Allein zwei Monate dauerte es, Böden und Wände zu trocknen. Und jetzt hätten die Handwerker keine Zeit. Das Haus? Derzeit unbewohnbar. "Ich bin bei meiner Schwester, in einer Ferienwohnung", sagt der 67-Jährige.

Vier Monate ist der schwere Hagelsturm Denis inzwischen her. Er verwüstete am 26. August nicht nur Landes altes Bauernhaus, sondern insgesamt knapp 400 Gebäude im Dorf Bad Bayersoien. Auf 230 Millionen Euro taxiert die Versicherungskammer Bayern den Schaden im südlichen Oberbayern - der zweitgrößte Schadensfall der Unternehmensgeschichte.

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Das verwundete Dorf ist das größte, aber längst nicht einzige Opfer eines Jahres mit vielen Wetterextremen. Wer sich Ende 2023 durch die Aufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) arbeitet, stößt immer wieder auf Superlative: trockenster Juni, Hitzerekord im Juli, wärmster Herbst, extreme Trockenheit im September, niederschlagreichster November und so weiter. Das Jahr 2023 wird laut dem EU-Klimawandeldienst Copernicus das wärmste je gemessene Jahr weltweit - mit Folgen auch für die Menschen in Bayern.

Am 17. August, nur wenige Tage vor der Hagelkatastrophe in Südbayern, versank Nürnberg im Starkregen. Innerhalb von zwei Stunden fielen bis zu 85 Liter pro Quadratmeter, es war laut Angaben der Stadt das "stärkste je in Nürnberg gemessene Regenereignis". In Teilen der Großstadt fiel der Strom aus, Unterführungen wurden überflutet, Autos gingen regelrecht unter. Im mittelfränkischen Weißenburg stürzten bei dem Unwetter Teile der sanierungsbedürftigen Stadtmauer aus dem 15. Jahrhundert ein.

Anfang Dezember ein weiteres Extrem: Innerhalb eines Tages fiel in Südbayern ein halber Meter Schnee. In und um München kollabierte der Bahnbetrieb, tagelang lag die Region unter einer weißen Decke. Im Werdenfelser Land fahren die Züge auch Wochen später nur im Notfalltakt, weil der Frost viele Fahrzeuge beschädigte.

Wissenschaftler predigen seit Jahren, dass Extremwetter durch die Erderwärmung zunehmen werden. Nicht jedes lokale Ereignis lässt sich sofort auf den Klimawandel schieben, Klima ist nicht Wetter. Doch Häufigkeit und Stärke steigen, das ist Physik. "Mit jedem Grad Temperaturanstieg kann die Luft sieben Prozent mehr Wasser halten, wodurch Niederschläge intensiver werden", sagte die Münchner Klimaforscherin Annette Menzel zuletzt im SZ-Interview. "Wir werden uns auf solche Situationen einstellen müssen."

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