Landessynode:Pfarrer aufs Fahrrad und Bio-Bratwürste auf den Grill

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Synodalpräsidentin Annekathrin Preidel und Landesbischof Christian Kopp bei einer Pressekonferenz während der dreitägigen Frühjahrstagung der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Coburg. (Foto: Daniel Vogl/dpa)

Die evangelische Kirche in Bayern gibt sich ein ambitioniertes Klimaschutzgesetz - bis 2045 will sie klimaneutral sein. Außerdem positioniert sich das Kirchenparlament zum Umgang mit der AfD.

Von Annette Zoch

An manchen Kirchengebäuden ist er als kleines Schild zu sehen: der grüne Gockel. Es ist ein kirchliches Umweltzertifikat, für das sich evangelische Kirchengemeinden in Bayern bewerben können. Für Energiesparmaßnahmen werden sie dann zum Beispiel mit Baukostenzuschüssen belohnt. Obwohl es den "Grünen Gockel" schon seit 2009 gibt, machen bislang nur etwa 200 der insgesamt 1530 Gemeinden mit, sagte Oberkirchenrat Stefan Blumtritt bei der Frühjahrstagung der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB).

Doch mit der Freiwilligkeit hat es jetzt ein Ende, Klimaschutz wird ab sofort Pflicht: Das Kirchenparlament hat am Donnerstag in Coburg die Einführung eines ambitionierten Klimaschutzgesetzes beschlossen, es soll am 1. Juli 2024 in Kraft treten. Konkret besagt das Gesetz, dass alle kirchlichen Einrichtungen, Gemeinden und Dekanate ihre Treibhausgas-Emissionen bis 2035 um 90 Prozent senken müssen. Bis 2045 soll dann Schritt für Schritt sogar die Treibhausgas-Neutralität erreicht werden.

Erreicht werden soll dies unter anderem mit einem Verbot fossiler Heizungen. Braucht eine Kirchengemeinde eine neue Heizung, sind künftig nur noch Wärmepumpen, Solarthermie oder Fernwärme aus erneuerbaren Energien erlaubt. Fossile Heizungen müssen bis spätestens Ende Dezember 2045 ausgetauscht sein. Stromverträge sollen so schnell wie möglich auf Ökostrom umgestellt werden.

Auch Dienstreisen und das Einkaufswesen regelt das neue Gesetz: Kirchenangestellte und Pfarrpersonen sollen bald verpflichtend Bahn oder E-Auto fahren und wenn möglich Fahrrad und öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Kurzstreckenflüge auf Distanzen unter 1500 Kilometern sind tabu. Bei Gemeindefesten dürfen nur noch Bratwürste von Tieren aus artgerechter Haltung auf den Grill und mindestens eine fleischlose Alternative wird Pflicht.

Als "sehr ambitioniert", aber richtig wertete Harald Kunstmann, Professor für Hydrologie und regionales Klima an der Uni Augsburg, das Gesetz auf der Landessynode. Die Kirchen hätten eine biblische Verantwortung für den Klimaschutz. Die Kirchen und ihre Sozialwerke seien zudem der zweitgrößte Arbeitgeber in Deutschland, in Bayern hätten alleine die ELKB und die Diakonie zusammen deutlich mehr Beschäftigte als der Autobauer Audi.

Neben dem Schwerpunkt Klima und dem Umgang mit sexualisierter Gewalt beschäftigte sich die Landessynode auch mit dem Erstarken der AfD. Die Evangelische Landeskirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz hatte AfD-Mitglieder unlängst per Synodenbeschluss von bestimmten kirchlichen Ämtern ausgeschlossen. AfD-Mitglieder dürfen in der ostdeutschen Landeskirche künftig nicht mehr als Älteste in einem Gemeindekirchenrat aufgestellt werden, Jugendgruppen leiten oder ehrenamtlich in Gemeinden predigen.

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Die bayerische Landessynode beschloss jetzt vor allem mit Blick auf die Kirchenvorstandswahlen im Oktober einen Dringlichkeitsantrag, wonach "eine Mitgliedschaft in Parteien, die vom Verfassungsschutz in Teilen als ,erwiesen rechtsextremistisch' eingestuft werden, und das Verbreiten rechtsextremer Äußerungen die Wählbarkeit in den Kirchenvorstand ausschließt". Voraussetzung der Wählbarkeit sei, so der Antrag, dass sich Kandidierende dem christlichen Menschenbild verpflichtet wissen.

Die Situation in Bayern sei besonders eklatant, da hier Vertreter und Vertreterinnen unter anderem der Partei AfD für das Konzept "Remigration" einträten, also die Deportation zahlreicher in Deutschland lebender Menschen. "Dies ist ein Angriff auf den zentralen Grundsatz der Menschenwürde, wie ihn Artikel 1 des Grundgesetzes festschreibt", so die Antragsteller.

Auch Kirchenleitung und der Diakonische Rat distanzierten sich in einer gemeinsamen Erklärung von Menschenfeindlichkeit und völkischem Nationalismus. Dieser gehöre "zu den Grundüberzeugungen der extremen Rechten, der heutigen AfD und ihrer Mitglieder", heißt es in der Erklärung. "Solche Haltungen sind mit der Übernahme von Haupt- und Ehrenämtern in Kirche und Diakonie unvereinbar. Mit Funktionären und Mandatsträgern der AfD lehnen wir eine Zusammenarbeit ab, sofern diese nicht ihr Amt in politischen Gremien betrifft, das durch demokratische Wahlen legitimiert ist."

Man wolle aber mit Menschen, die mit der aktuellen Politik unzufrieden seien, im Dialog bleiben. Auch die Diakonie betonte, sie richte sich an alle Menschen, unabhängig von ihren politischen Einstellungen. "Wir achten jedoch darauf, dass in unseren Einrichtungen die Würde und die Rechte aller Beteiligten respektiert werden - dies gilt sowohl für die Mitarbeitenden als auch für die Klientinnen und Klienten." Die Landessynode nahm beide Texte an.

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