Mitten in Erlangen:Baggert lieber das Schloss ab!

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Der Mittelrisalit des Erlanger Schlosses, Hauptsitz der Friedrich-Alexander-Universität, ist gut eingehegt. Seit 2014 ist das gesamte Gebäude aus Sicherheitsgründen eingezäunt. (Foto: Olaf Przybilla)

In der Universitätsstadt werden gerade bedrückende Teile eines historisch kontaminierten Altbaus weggerissen. Diese traurige Tatsache ruft nun Sarkasten auf den Plan.

Von Olaf Przybilla, Erlangen

Es gibt Themen, da scheint sich Humor zu verbieten - und der Abbruch der historischen Heil- und Pflegeanstalt in Erlangen (HuPfla) ist so eines. Die Geschichte dieses Baus ist einfach zu furchtbar, als dass Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung dort irgendeinen Platz haben könnten. Andererseits: Ist der Leidensdruck groß und das Gefühl von Hilflosigkeit überbordend, so neigt der Mensch zum Sarkasmus. In Erlangen ist das nun offenbar so.

Dieser Tage hat der Abriss des letzten noch bestehenden HuPfla-Gebäudeflügels begonnen, was allerlei Zeitgenossen, die es mit Denkmalpflege und Erinnerungskultur halten, sprachlos zu machen droht. Aber wie's immer so ist: Gerade in einem Moment, in dem Bagger für Bestürzung sorgen, macht ein humoresker Vorschlag die Runde, der auf ein anderes Dauerthema dieser schönen und wohl klassischsten Universitätsstadt Bayerns Bezug nimmt - und, so darf man unterstellen, maximal maliziös gemeint ist.

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Er fragt: Warum eigentlich dieses, nun ja, überzeugende Bau-Prinzip an der HuPfla nicht gleich auch andernorts verwirklichen? An der historischen "Heilanstalt" soll ja der Mittelrisalit samt zweier Stummel eines lang gestreckten historischen Baus für einen Dokumentationsort erhalten bleiben, während der Rest dem Erdboden gleichgemacht wird. Befürworter der Wegbaggerei argumentieren, es handele sich dabei um einen mühsam ausgehandelten Kompromiss: Immerhin bleibe ja etwas vom Bauwerk erhalten; und nicht dessen unscheinbarster Teil.

Dies wiederum greift nun die besagte Anregung auf und überträgt die Bau-Idee aufs zentrale Unigebäude der Stadt, Erlangens leider recht marodes Schloss. Jenes ist seit neun (!) Jahren umzäunt, um vor Steinschlag zu schützen - und auch in dem Fall soll es Zeitgenossen geben, die diesen Dauerzustand für ein Trauerspiel mit fratzenhaften Zügen halten.

Der sardonische Spaßvogel, namentlich leider nicht bekannt, fragt nun per Skizze: Warum nicht auch am Schloss einfach nur den hübschen Mittelrisalit stehen lassen? Das Gemäuer links und rechts davon sauber wegbaggern, das Gelump hat seine Zeit gehabt. Und anschließend könnte man auch dort, wie auf dem HuPfla-Baggergelände, ordentlich Platz für moderne Forschungsbauten schaffen. Wär's nicht so traurig - fast könnte man schmunzeln darüber.

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