Tierschutz:Neuer Skandal im Kuhstall

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Bis zu den Knöcheln stehen die Rinder in der Gülle, wie Aufnahmen aus einem Bauernhof in Dietmannsried zeigen. (Foto: Metzger gegen Tiermord)
  • Zum sechsten Mal hat der Tierrechtler Philipp Hörmann einen mutmaßlichen Tierwolhlskandal aufgedeckt.
  • Erneut geht es um einen Hof in Dietmannsried. Dort war war bereits im Januar ein Fall publik geworden.
  • Der nun betroffene Landwirt verteidigt sich mit einem angeblichen Wasserschaden, der die Zustände im Stall herbeigeführt hätte.

Von Christian Sebald, Dietmannsried

Im Allgäu gibt es offenkundig einen neuen Tierwohlskandal. Die Bilder, die der Tierrechtler Philipp Hörmann in den vergangenen Tagen auf einem Bauernhof in Dietmannsried (Landkreis Oberallgäu) gedreht hat, zeigen einen Stall mit Rindern, die knöcheltief in flüssigen Fäkalien stehen und viel zu wenig sauberen Platz zum Hinlegen haben. Außerdem hat der Tierrechtler auf dem Hof, abgedeckt unter Plastikfolien, den Kadaver eines Kalbs entdeckt, der nach seinen Worten schon seit Längerem dort lag. Auch in den anderen Ställen des Betriebs seien die hygienischen Verhältnisse schlecht. In einem seien etliche Tiere angekettet, was verboten ist. Der Landwirt weist die Vorwürfe zurück, sie seien "manipuliert".

Nach Angaben des Landratsamts Oberallgäu ist der Hof indes seit geraumer Zeit im Fokus der Amtsveterinäre. Bei der letzten Kontrolle im Februar habe man Missstände angetroffen, die Hörmanns Vorwürfen entsprächen. Man habe den Landwirt aufgefordert, sie schnellstens zu beseitigen und ihm ein Bußgeld angedroht.

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Der neue Tierwohlskandal ist der sechste auf Milchviehhöfen an der Grenze zwischen den Landkreisen Ober- und Unterallgäu, den der Tierrechtler Hörmann binnen eines Dreivierteljahres öffentlich gemacht hat. Der aktuelle Fall betrifft einen Bauernhof, auf dem schätzungsweise zwischen 200 und 300 Rinder gehalten werden. Der Landwirt hat die Tiere nicht nur in dem Stall auf dem Haupthof in einem kleinen Dietmannsrieder Ortsteil untergebracht, sondern auch in einem zweiten Stall an der Autobahn A 7. Aus ihm stammen die Aufnahmen der Rinder, die knöcheltief in den flüssigen Fäkalien herumwaten.

Bei dem Stall selbst handelt es sich offenkundig um ein älteres Gemäuer, die Wände sind stark verschmutzt. Laut Hörmann gibt es nur wenige kleine, schießschartenartige Fenster; die Tiere bekämen kaum Tageslicht. Das Haupttor sei offenkundig schon seit längerer Zeit nicht mehr geöffnet worden. "Der Mist davor türmt sich fast einen Meter hoch", sagt Hörmann. "Man kann das Tor gar nicht ohne weiteres aufkriegen." Das Personal, das die Rinder versorge, gelange durch eine Stahltür ins Gebäude. Sie sei zu klein, als dass Rinder sie passieren könnten.

Frigga Wirths von der Akademie für Tierschutz in München-Neubiberg hat sich die Aufnahmen angesehen. "Die Zustände sind überhaupt nicht akzeptabel", sagt die Tierärztin. "Jedes Rind muss sich auf einer trockenen Fläche niederlegen können. Das können die Tiere in den Filmsequenzen offenkundig nicht, zumindest nicht alle." Es gehe aber auch nicht an, dass die Tiere vor dem Fresstisch tief in der Gülle stehen. Der Landwirt verstoße damit nicht nur gegen die gute fachliche Praxis. Sondern auch gegen die Vorgaben der Tierhaltung. "Da sind die Behörden gefordert", sagt Wirths. "Die Rinder müssen da raus. Man darf nicht abwarten, bis in dem Stall womöglich tote Tiere liegen."

Der Landwirt hingegen nennt die Vorwürfe "total übertrieben". Der Tierrechtler wolle ihm "bloß eine reinwürgen", sagt er, als ihn die SZ damit konfrontiert. Auf jedem Hof "findest du was, wenn du was finden willst". Die flüssigen Fäkalien in dem Stall rühren nach seinen Angaben von einem Wasserschaden her. In einem Tränkbecken habe ein Ventil geklemmt, in der Folge sei der Stall überschwemmt worden. "Das ist größtenteils Wasser, keine Fäkalien", sagt er. Außerdem verweist er darauf, dass der Stall etliche hundert Meter vom Haupthof entfernt an der A 7 liegt. "Da bekommst du nicht immer gleich mit, wenn was los ist." Zumal Rinder "nicht reden können". Er überlege jetzt, ob er Hörmann wegen Hausfriedensbruch anzeigen könne, sagt der Landwirt. Er hat offenbar am Mittwochabend von den Aktivitäten des Tierrechtlers Wind bekommen und mit Helfern den Stall nächtens ausgemistet.

Nach Angaben des Oberallgäuer Landratsamtes ist der Bauernhof "als problembehaftet" bekannt. "Unsere Veterinäre haben dem Landwirt bereits 2019 eine Reihe von Auflagen gemacht, was er dringend verbessern muss", sagt ein Sprecher. "Bei einer Kontrolle im Oktober hatte er alles abgearbeitet." Anders bei einer abermaligen Überprüfung am 12. Februar. "Da haben unsere Veterinäre Zustände vorgefunden, wie sie der Tierrechtler Hörmann jetzt aktuell dokumentiert hat", sagt der Sprecher. Natürlich habe man sofort einen neuen Bescheid erlassen und dem Landwirt ein Zwangsgeld angedroht. Demnächst werde man den Betrieb wieder kontrollieren. "Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, ziehen wir die Daumenschrauben an", sagt der Sprecher. Hörmann nennt den aktuellen Fall "den traurigen Höhepunkt meiner bisherigen Erfahrungen in den Allgäuer Tierskandalen".

© SZ vom 13.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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