CSU:Seehofer warnt vor österreichischen Verhältnissen

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Österreichs Außenminister Sebastian Kurz war Mitte April zu Besuch bei Horst Seehofer in München. (Foto: Sven Hoppe/dpa)
  • Die rechtspopulistischeFPÖ hat beim Vorentscheid um das Amt des Bundespräsidenten in ganz Österreich abgeräumt.
  • Bayerns Ministerpräsident Seehofer will das alarmierende Ergebnis nützen, um seine CSU vor ähnlichen Entwicklungen zu schützen.

Von Wolfgang Wittl, Neuburg an der Donau

Wenn Horst Seehofer langsam seinen Zeigefinger erhebt, wird es ernst. Und wenn er dazu noch sagt, dass er ja nur ungern recht behalte, ist ein besonders kritisches Ausmaß erreicht. Ein Politiker, der nur ungern recht behält und sich trotzdem bestätigt fühlt, hat meistens wenig Erfreuliches zu verkünden. Es geht um die Präsidentschaftswahlen in Österreich - aus bayerischer Sicht ein Thema, das eigentlich weit weg sein sollte. Für Seehofer liegt es trotzdem ganz nahe.

Zusammen mit Umweltministerin Ulrike Scharf eröffnet der Ministerpräsident am Montag auf Schloss Grünau die sogenannte Bayern-Tour-Natur, bis Oktober sollen Naturliebhaber Streifzüge durch die bayerische Tier- und Pflanzenwelt unternehmen können. "Schützen durch Nützen", darauf lege er großen Wert, betont Seehofer. Ein Motto, das genauso auf die Wahlen am Sonntag in Österreich gemünzt sein könnte. Auf 36 Prozent kam der Kandidat der rechtspopulistischen FPÖ, die Bewerber der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP landeten weit abgeschlagen 25 Punkte dahinter. Seehofer will das alarmierende Ergebnis nützen, um seine CSU vor ähnlichen Entwicklungen zu schützen.

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Selten war der Schulterschluss zwischen CSU und Österreichischer Volkspartei so eng wie im Moment. Seehofer leistete aktive Wahlkampfhilfe im Nachbarland, mit den Landeshauptmännern aus den österreichischen Bundesländern trifft er sich regelmäßig zu Gesprächen. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) war bereits bei der Klausur der CSU-Landtagsfraktion in Wildbad Kreuth zu Gast, vor ein paar Tagen kreuzte er zum Austausch in der neuen CSU-Landesleitung auf.

Keinen anderen Staat lobte Seehofer zuletzt mehr für seine Flüchtlingspolitik. Dass nun weniger Asylbewerber in Deutschland ankämen, sei einzig das Verdienst Österreichs, sagt Seehofer - nicht das der Regierung in Berlin. Nur geholfen hat den politischen Freunden von der ÖVP im Präsidentschaftswahlkampf all das nichts. Für die CSU gilt es jetzt, ein Herüberschwappen dieser politischen Entwicklung zu verhindern.

Österreich, das macht Seehofer ungeachtet der zuletzt begonnenen Annäherung zwischen CDU und CSU deutlich, sei "nur ein Vorbote für das, was uns auch in Deutschland blüht". Die CDU fordert er daher erneut auf, ehrlicher mit den verlorenen Landtagswahlen umzugehen. Wenn man weiterhin nur abwarte und sage, manches Resultat sei nicht so schlimm - "auch wenn es desaströse Wahlergebnisse sind" - dann werde man in Deutschland bald österreichische Verhältnisse haben, orakelt der CSU-Chef. Auf nicht einmal mehr 50 Prozent kämen die Volksparteien SPÖ und ÖVP bei Parlamentswahlen. "Wo sind wir?", fragt Seehofer mit Blick auf Union und SPD: "33 und 21! Ganz nah dran!"

Was hat der Schwenk in der Flüchtlingspolitik gebracht?

In der CSU hält man sich zugute, dass erst ihr Widerstand gegen die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel die ÖVP ermutigt habe, einen härteren Kurs einzuschlagen - und sich so gegen die größere SPÖ durchzusetzen. In Berlin aber fragt man sich, was dieser Schwenk gebracht haben soll.

Im September waren der österreichische Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Merkel noch Verbündete, inzwischen ist Österreich davon abgerückt, erwägt sogar einen Militäreinsatz für Kontrollen am Brenner und pocht auf eine Obergrenze für Flüchtlinge. Geholfen habe dieser Richtungswechsel mit Blick auf die Präsidentenwahlen ja wohl nichts, sagen CDU-Politiker. Übersetzt heißt das: Würden auch wir in Deutschland der CSU-Linie folgen, stünde es um unsere Umfragewerte vermutlich noch schlechter.

Die Differenzen in der Analyse werden die Union länger beschäftigen. Nur wenn die Bevölkerung den Eindruck habe, die Regierung handele aus eigenem Antrieb und nicht als Getriebene, werde ihr eine Kursänderung zugestanden, sagt Seehofer. Zu spät sei die ÖVP umgeschwenkt, als dass sie das Debakel hätte verhindern können. Seehofers Rat an die Nachbarn: "Kurs halten." Die CSU hat das jedenfalls vor, auch wenn sie den Streit mit der CDU dadurch wieder verschärft. Noch habe seine Partei das Vertrauen der Menschen in Bayern, sagt Seehofer mit erhobenem Zeigefinger: "Aber wenn es so weitergeht, wird es auch hier bröckeln."

© SZ vom 26.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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