Regensburger Parteispendenaffäre:CSU-Politiker Rieger wegen Erpressung verurteilt

Lesezeit: 4 Min.

Franz Rieger (li.), CSU-Abgeordneter im Landtag, spricht im Verhandlungssaal im Landgericht mit seinem Verteidiger Dirk Lammer. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Das Landgericht sieht es als erwiesen an, dass Franz Rieger im Wahlkampf 2013 einen Bauunternehmer drängte, viel Geld zu spenden. Nun muss er eine Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu je 400 Euro zahlen.

Von Deniz Aykanat, Regensburg

Ob er sein Mandat behalten wolle, wird Franz Rieger beim Verlassen des Gerichtssaals von Journalisten gefragt. "Na klar", ruft er im Vorbeigehen und entschwindet ins Treppenhaus. Da ist der CSU-Landtagsabgeordnete gerade vom Regensburger Landgericht wegen Erpressung schuldig gesprochen worden. Das Gericht verurteilte Rieger zu einer Strafe von 300 Tagessätzen zu je 400 Euro, neben Erpressung auch wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Tritt das ein, ist Rieger vorbestraft.

Der Prozess sollte eigentlich bis mindestens Ende November gehen, die Prozessbeteiligten konnten sich aber bereits am zweiten Verhandlungstag auf einen Deal einigen, um die Beweisaufnahme zu straffen. Voraussetzung für die Abkürzung des Verfahrens und eine mildere Strafe war, dass Rieger einen Sachverhalt aus dem Jahr 2013 einräumt. Dies ist dann auch geschehen. Doch kamen die Staatsanwaltschaft und letztendlich auch das Gericht auf der einen sowie die Verteidiger auf der anderen Seite zu unterschiedlichen Bewertungen des Vorfalls.

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Ankläger und letztlich das Gericht werteten das, was vor vielen Jahren zwischen Rieger und einem Bauunternehmer vorgefallen war, als Erpressung. Rieger und seine Anwälte hingegen stellten nach dem Urteil erneut in einer Mitteilung klar, dass Rieger "hinsichtlich des Vorwurfs der Erpressung zu keiner Zeit ein Geständnis abgelegt" habe. Riegers letzte Worte vor der Urteilsverkündung waren: "Ich habe noch nie in meinem Leben jemanden erpresst."

"Sie wissen schon, wer in Zukunft über die Bauprojekte und die Baugenehmigungen entscheidet."

Es geht um einen Vorfall im Jahr 2013, Rieger kandidierte damals wieder für den Landtag, ein Jahr später standen zudem Kommunalwahlen an. Rieger hatte bereits am Mittwoch in einer von seinen Anwälten verlesenen Erklärung bestätigt, einen Regensburger Bauunternehmer damals um eine Spende gebeten zu haben. Der Bauunternehmer habe der Erklärung zufolge Zweifel an der Bedeutsamkeit der CSU in Regensburg geäußert, woraufhin Rieger gesagt habe, der Bauunternehmer möge bedenken, dass auch künftig die CSU bei der Vergabe von Bauaufträgen mitreden werde. Laut Anklage fiel damals der Satz: "Sie wissen schon, wer in Zukunft über die Bauprojekte und die Baugenehmigungen entscheidet." Riegers Verteidiger bezeichneten diesen Satz als "unglückliche Formulierung".

Besagter Bauunternehmer sagte in seiner Zeugenvernehmung allerdings aus, er habe sich erpresst gefühlt. Er habe ursprünglich 1000 bis 2000 Euro spenden wollen, sich dann aber dazu genötigt gefühlt, viel mehr zu geben - aus Angst sich einen einflussreichen Mann in Regensburg zum Feind zu machen. Letztlich überwies der Bauunternehmer eine Spende von knapp unter 10 000 Euro, der Veröffentlichungsgrenze für Parteispenden, an die Regensburger CSU und beglich darüber hinaus Scheinrechnungen einer Regensburger PR-Firma in Höhe von 30 000 Euro.

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Rieger ist sich offenbar keiner Schuld bewusst. Seiner Aussage nach sei das Gespräch mit dem Bauunternehmer durchweg freundlich verlaufen. Anderes haben Mitarbeiter des Bauunternehmers zu berichten, die vor Gericht aussagten. Deren Schilderungen bestätigen die Aussagen des Bauunternehmers. Ein Zeuge sagte aus, er sei mit dem Bauunternehmer nach dem Vorfall beim Mittagessen gewesen. Er habe sich von Rieger unter Druck gesetzt gefühlt, soll der zu ihm gesagt haben. Ein weiterer Mitarbeiter sagte, der Bauunternehmer habe ihm direkt nach dem Treffen mit Rieger aufgebracht davon erzählt. Rieger habe gesagt: "Du weißt schon, wer in dieser Stadt die Baugenehmigungen unterschreibt." Eine Zeugin, die ebenfalls für den Bauunternehmer arbeitete, will sich erinnert haben, dass der Bauunternehmer nach dem Treffen mit Rieger erbost und verärgert wirkte.

Der Bauunternehmer habe sich in einer "Opferrolle eingerichtet"

Riegers Verteidiger zog in seinem Plädoyer die Glaubwürdigkeit des Hauptbelastungszeugen in Zweifel. Es war nicht dessen erster Auftritt im Sitzungssaal 104 des Landgerichts. Bei dem Mann handelt es sich um denselben Bauunternehmer, der auch an den verurteilten Ex-Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (damals SPD) spendete. In dieser Sache hatte er bereits einen Strafbefehl wegen Bestechung akzeptiert. Beim Wolbergs-Prozess waren seine Aussagen bei der Kriminalpolizei verlesen worden, er sprach damals von einer "Abstufung des Bettelns" seitens der Regensburger Politiker. Diese Aussage würde er heute so noch unterschreiben, sagte der Bauunternehmer vor Gericht. Rieger sei am schärfsten aufgetreten, er habe sich bedroht gefühlt.

Riegers Anwalt sagte, der Bauunternehmer habe sich in einer "Opferrolle eingerichtet", dabei sei er ein maßgeblicher Akteur "in diesem System". Mit "diesem System" meint er wohl die unrühmliche Verflechtung von Politikern und Unternehmern in Regensburg, die der Stadt nun schon den vierten Prozess dieser Art bescherte und ihr den Spitznamen "Korruptionshauptstadt" einbrockte.

Der Bauunternehmer äußerte sich vor Gericht reuevoll. Sich auf die Spende und die Übernahme der Scheinrechnungen eingelassen zu haben, bezeichnete er als "doof", er habe gewusst, dass "diese Rechnungsschreiberei falsch ist". Er ergänzte: "Das tut mir auch wirklich leid." Beim Abgeordneten Rieger könnten sie nur wenig Reue und Schuldeinsicht erkennen, sagten Ankläger und Richter in Plädoyer und Urteil.

Für ihn geht es nun auch um seine politische Zukunft. Es stellt sich die Frage, ob Rieger tatsächlich an seinem Mandat festhalten will und weiterhin Mitglied in der CSU bleiben wird. Gericht und Ankläger hatten betont, dass Rieger als Amtsträger eine Vorbildfunktion habe. Durch sein Verhalten sei nicht nur das Vertrauen in Rieger selbst, sondern auch in den bayerischen Landtag erschüttert worden.

Rieger und seine Verteidiger wollen das Urteil nicht akzeptieren und kündigten Revision vor dem Bundesgerichtshof an. Dort kennt man sich mit den Regensburger Zuständen inzwischen aus. Vor genau einer Woche hatte der BGH das erste Urteil gegen Ex-OB Wolbergs gekippt, weil es den Richtern zu milde erschien. Die Regensburger Parteispendenaffäre ist noch nicht durchgestanden. Einen bezeichnenden Satz hatte der Hauptbelastungszeuge kurz nach dem Treffen mit Rieger einem Mitarbeiter zufolge gesagt: "Das ist eine Bananenrepublik, in der wir leben."

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