Von Budapest ins Kloster Banz geht's über den Starnberger See. Das sieht auf den ersten Blick wie der Rat eines geografisch Minderbemittelten aus - betrachtet man die Angelegenheit jedoch nicht unter Navigations-, sondern unter Netzwerk-Gesichtspunkten, dann liegt die Verbindung auf der Hand.
Dazu muss man wissen, dass in Tutzing am Starnberger See regelmäßig Gartenfeste stattfinden, für die die Bezeichnung "legendär" sicher nicht übertrieben ist. Zu den Stammgästen gehören unter anderen: Edmund und Karin Stoiber. Helmut Markwort, der Focus-Erfinder, nebst Patricia Riekel, Bunte-Chefredakteurin. Peter Maffay, weil der nebenan wohnt. Und Ilse Aigner, auch schon bevor sie bayerische Wirtschaftsministerin wurde.
Netzwerken im Tutzinger Keller
Als solche aber hielt sie vor zwei Jahren eine bemerkenswerte Rede, nicht im Garten, sondern im Keller, weil es im Oktober schon recht kühl werden kann in Tutzing. Sie habe, sagte Aigner, den größten Respekt, wenn jemand die Entscheidung treffe, seine Heimat für immer zu verlassen. Sie frage sich, so die Ministerin weiter, was denn geschehen müsse, damit ein Mensch die Gefahren einer Flucht aus unerträglichen Lebensbedingungen auf sich nehme.
Das war lange vor dem großen Treck aus Syrien und anderswo nach Europa, und gemeint hat Aigner auch nicht die Menschen, die vor Krieg und Hunger flüchten. Gemeint hat sie den Gastgeber im Tutzinger Keller: Leslie Mandoki flüchtete vor genau 40 Jahren aus dem damals noch kommunistischen Ungarn nach Deutschland. Er war seitdem ausgesprochen erfolgreich als Musiker, als Komponist, als Produzent, aber auch als das, was man wohl einen Netzwerker nennt. Wie es denn kam, dass Viktor Orbán nun an diesem Mittwoch die CSU-Klausur auf Kloster Banz besucht, dazu sagt er nichts. Aber zusammenreimen lässt sich das leicht.
Ihr Forum:Viktor Orbán zu Gast bei der CSU-Klausur - ein Skandal?
"Orbán tritt die europäischen Werte mit Füßen. Man muss mit ihm reden, aber man lädt ihn nicht zu einer Klausur ein", schimpfen die Grünen. Der frühere CSU-Chef Stoiber verteidigt den ungarischen Rechtspopulisten: "Ich glaube, dass er nicht objektiv bewertet wird in Deutschland."
Mandoki pflegt gute Beziehungen zu Orbán
Mandoki ist nicht nur gut Freund mit zahlreichen CSU-Granden, sondern auch mit Viktor Orbán, was sich unter anderem vor zwei Jahren zeigte, als der ungarische Ministerpräsident zum 60. Geburtstag seines geflohenen Landsmannes Mandoki in Budapest eine große Sause ausrichten ließ, inklusive Empfang im Jagdsaal des Parlaments und großem Konzert von Mandokis All-Star-Band "Soul Mates". Vor ziemlich genau vier Wochen nun spielten die "Soul Mates" erneut in der ungarischen Hauptstadt, vor 30 000 Leuten auf dem Várkert Bazar. Zum einen, weil das der ungarische Nationalfeiertag war, zum anderen aber auch, weil Mandoki vor 40 Jahren an genau dieser Stelle verhaftet worden war, was letztlich der letzte Anlass für seine Flucht war.
Vor dem Konzert gab es auf der Burg einen Empfang. Unter den Gästen: Viktor Orbán. Ilse Aigner. Alexander Dobrindt, der Bundesverkehrsminister. Mal so gesagt: Wenn eine Partei vorhat, den viel beschäftigten Regierungschef eines befreundeten Staates zu ihrer Klausur einzuladen, dann schadet es bestimmt nicht, wenn zwei prominente Mitglieder dieser Partei den Ministerpräsidenten quasi in einem privaten Rahmen treffen. Von Tutzing nach Budapest, von da nach Banz - so funktioniert's.