Vielleicht lag es ja an seinem jugendlichen Aussehen, mutmaßt Alexander Spöri, dass sie ihm bei der CSU nicht so recht glauben wollten, dass er Journalist ist - trotz seines Presseausweises und einer offizieller Anmeldung. Der 22-Jährige arbeitet in München für das Onlinemedium t-online und wollte am Montag über den Auftritt von CSU-Chef Markus Söder auf dem Gillamoos-Volksfest in Niederbayern berichten, so wie Dutzende Journalistinnen und Journalisten aus ganz Deutschland. Doch für Spöri und seinen Kollegen Jannik Läkamp gestaltete sich die Arbeit an diesem Tag ungewohnt schwierig.
Wie die beiden Journalisten am Montagabend berichteten, sollen sie von Sicherheitskräften sowie einem Pressesprecher der CSU bei der Berichterstattung behindert worden sein. Zunächst sollen sie mehrmals nach ihren Presseausweisen gefragt worden sein, da es Zweifel gegeben habe, ob die beiden tatsächlich Journalisten sind.
Als ein Klimaaktivist der "Letzten Generation" Söders Rede aus dem Publikum heraus mit einem ausgerollten Banner stören wollte, sei Läkamp von einem Personenschützer Söders festgehalten worden. Er hatte die Protestaktion mit seinem Handy gefilmt. Das bayerische Landeskriminalamt, das für Söders Personenschutz zuständig ist, bestätigt, dass ein Beamter in einer "unklaren Lage" eingebunden gewesen ist. Details zu dem Vorgang nennt ein Sprecher nicht.
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Nach der Protestaktion soll sich der CSU-Sprecher neben die beiden Journalisten gesetzt und sie aufgefordert haben, das Video nicht zu veröffentlichen. "Weil wir damit angeblich die Persönlichkeitsrechte der Zeltbesucher verletzen würden", sagt Alexander Spöri im Telefonat mit der SZ. "Dabei war das CSU-Zelt am Montagvormittag der öffentlichste Platz in ganz Bayern." Wegen der Flugblatt-Affäre um Söders Stellvertreter Hubert Aiwanger und der anstehenden Landtagswahl war das öffentliche Interesse am Gillamoos in diesem Jahr besonders groß.
Darüber hinaus habe der Söder-Sprecher laut Spöri "minutenlang in unseren Laptop gestarrt" und trotz mehrmaliger Aufforderung, dies zu unterlassen, nicht aufgehört. Ein unangemessenes Verhalten, findet Spöri. Das Video ist dennoch veröffentlicht worden.
Der Bayerische Journalistenverband (BJV) rügte das Verhalten der CSU am Dienstag in einer schriftlichen Erklärung. "Die Presseabteilung der CSU hat Journalisten nicht vorzuschreiben, was sie zu veröffentlichen haben", teilte der BJV-Vorsitzende Harald Stocker mit. Er kritisierte die Aktion als Versuch, in die Freiheit der Berichterstattung einzugreifen, um unerfreuliche Bilder einer Protestaktion zu verhindern. Die CSU müsse den Vorfall aufklären, forderte der BJV.
Die Partei spricht auf SZ-Anfrage von einer unübersichtlichen Situation im Zusammenhang mit der Störung der "Letzten Generation". "Laut Augenzeugen gab es enge Absprachen zwischen den Berichterstattern und den Aktivisten. Deshalb war - anders als bei sämtlichen anderen Journalisten bei dieser Veranstaltung - unklar, ob diese Berichterstatter Teil der Gruppierung waren." Eine Behinderung der Berichterstattung habe es einem Parteisprecher zufolge aber nicht gegeben. "Generell sollte klar sein: Die Grenzen und unterschiedlichen Rollen von Journalismus und Aktivismus sollten nicht verwischt werden."
Journalist Spöri hatte in seinem Bericht vom Montag bereits angedeutet, dass der Vorfall auf einem Irrtum basieren könnte und die beiden Journalisten wohl fälschlicherweise für Aktivisten der Protestgruppe gehalten wurden. Er weist den Vorwurf, sich wie ein Aktivist verhalten zu haben, zurück.
Um dieses Missverständnis aufzuklären, hätte schon ein Blick in den Presseausweis ausreichen müssen, findet er. Oder eine schnelle Google-Recherche. Dort erfährt man übrigens auch, dass Journalist Spöri als 18-Jähriger für den Taufkirchener Gemeinderat kandidierte. Auf der Liste der CSU.