Bayern:Wohnungsbau: Ziel verfehlt

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  • Im vergangenen Jahr wurden bayernweit 59 779 Wohneinheiten fertiggestellt.
  • Verglichen mit 2018 waren das 1059 Wohnungen oder 1,7 Prozent weniger, es ist der zweite Rückgang in Folge.
  • Umgerechnet 70 000 Wohnungen pro Jahr will die Staatsregierung eigentlich bauen.

Von Maximilian Gerl, München

Schon vor Corona gab es viele Bemühungen, die vielerorts herrschende Wohnungsnot zu lindern. Allein der gewünschte Effekt blieb bislang aus. Wie das Statistische Landesamt am Mittwoch mitteilte, wurden im vergangenen Jahr bayernweit 59 779 Wohneinheiten fertiggestellt. Verglichen mit 2018 waren das 1059 Wohnungen oder 1,7 Prozent weniger, es ist der zweite Rückgang in Folge.

Dabei sollten es doch mal mehr Wohnungen werden, viel mehr: Umgerechnet 70 000 Wohnungen pro Jahr will die Staatsregierung eigentlich bauen. Stattdessen droht, neben all den anderen Problemen beim Wohnungsbau, nun auch noch die Corona-Krise all die Bemühungen zu torpedieren.

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Im Bauministerium weiß man den Zahlen trotzdem etwas Gutes abzugewinnen. "Genug bezahlbarer Wohnraum ist essenziell!", heißt es in einer Mitteilung von Ministerin Kerstin Schreyer (CSU). "Wir legen deswegen weiter großen Wert darauf, dass der Wohnungsbau in Bayern auf Hochtouren läuft."

Was praktisch stimmen mag, schlägt sich allerdings nur bedingt in den Statistiken nieder. Zwar gab es zum Jahresende 2019 mehr Wohnungen als zum Jahresanfang - rein rechnerisch entstand in diesem Zeitraum eine Stadt fast doppelt so groß wie Passau, das 31 519 Wohnungen zählt. Und verglichen mit den Jahren nach der Finanzmarktkrise 2009 wird heutzutage ohnehin deutlich mehr bewilligt und gebaut.

Doch angesichts steigender Mieten und Platzproblemen in Ballungsräumen reicht das weder aus, noch geht das vielen in Bayern schnell genug. Auch der Staatsregierung übrigens nicht: So hatte Schreyers Vorgänger Hans Reichhart (CSU) noch im Herbst zusammen mit seiner Amtskollegin aus Nordrhein-Westfalen eine Reform der bautechnischen Normen ins Spiel gebracht, um Bauen schneller und effizienter zu machen. Verglichen mit anderen Ideen wäre die Umsetzung allerdings relativ komplex und der Freistaat gar nicht zuständig.

Dabei sind viele Hürden, mit denen der Wohnungsbau zu kämpfen hat, längst bekannt. Aus Sicht des Verbands bayerischer Wohnungsunternehmen (VDW) - einem Zusammenschluss kommunaler Träger und Genossenschaften - bräuchte es zum Beispiel günstigere Grundstücke, eine Baukostenbremse und mehr Planungssicherheit, um das Ziel von 70 000 neuen Wohnungen jährlich zu erreichen.

Stattdessen mache oft unter anderem eine Flut von Auflagen den Bauherren das Leben schwer, sagt Verbandsdirektor Hans Maier. Vor dem Hintergrund der angespannten Lage auf vielen Wohnungsmärkten seien die neuesten Zahlen da "keine guten Nachrichten".

Zwischen 60 und 70 Prozent der verbauten Kacheln stammten aus Italien

Immerhin: Während derzeit fast das gesamte Wirtschaftsleben stillsteht, hört und sieht man auf manchen Baustellen durchaus noch Bewegung. Viele Baufirmen sind mit vollen Auftragsbüchern in die Saison gestartet. So arbeiten laut Bauministerium derzeit 200 Menschen am neuen Münchner Strafjustizzentrum weiter, wobei, so weit möglich, "der Mindestabstand zueinander eingehalten" werde. Andere Baustellen ruhen dagegen.

Ein Problem: Es fehlt zunehmend an Personal. Der Landesverband der Bayerischen Bauinnungen schätzt, dass bis zu 25 000 Menschen aus Osteuropa normalerweise auf bayerischen Baustellen beschäftigt sind. Wegen Reisebeschränkungen haben viele nun Probleme, die Grenze zu passieren - sofern sie das überhaupt wollen. Unterbrochene Lieferketten gibt es nach Verbandsangaben dagegen bislang nur vereinzelt. Schwierig sei insbesondere die Beschaffung von Fliesen geworden. Zwischen 60 und 70 Prozent der in Bayern verbauten Kacheln stammten aus Italien.

Wie sich die Corona-Krise letztlich auf den Wohnungsbau auswirken wird, lässt sich wie so vieles noch kaum prognostizieren. Unabhängig davon dürfte es aber schwierig werden, die Bauziele für 2020 zu erreichen, solange in besonders von der Wohnungsnot betroffenen Gebieten zu wenig gebaut wird.

So nahm laut Landesamt in den kreisfreien Städten Bayerns "das Fertigstellungsvolumen insgesamt um 19,9 Prozent ab". Auf Bezirksebene waren die Rückgänge gerade in Oberbayern und Schwaben groß, die zuletzt in besonderem Maße Zuzug ausgesetzt waren. Absehbar ist zudem, dass sich Corona-bedingt einige Projekte verzögern dürften. Laut einer aktuellen Umfrage des VDW rechnen 64 Prozent der Mitgliedsunternehmen bereits damit. Hart trifft es zudem all jene, die eigentlich jetzt dringend umziehen müssten, sei es aus privaten oder beruflichen Gründen. Doch es finden kaum noch Wohnungsbesichtigungen statt.

© SZ vom 16.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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