Corona-Pandemie:Arzt soll Bescheinigung ohne Impfung ausgestellt haben

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Bei einem Allgemeinmediziner in Wemding besteht der Verdacht, dass dokumentierte Corona-Impfungen gar nicht stattgefunden haben. (Foto: Fleig/Eibner/imago images)

Ein Mediziner hat Patienten möglicherweise wirkungslose Spritzen verabreicht. Oder auch gar keine. Erste Hinweise blieben lange folgenlos. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft. Die Geimpften können sich nun testen lassen.

Von Dietrich Mittler, Wemding/Augsburg

Bereits Mitte Juli waren den Behörden im Landkreis Donau-Ries erste anonyme Hinweise übermittelt worden, dass es in einer Arztpraxis womöglich zu Unregelmäßigkeiten bei der Covid-19-Impfung gekommen sei. Ende September durchsuchten dann Beamte der Kriminalpolizei Dillingen die Privat- und Praxisräume eines niedergelassenen Allgemeinmediziners im schwäbischen Wemding. Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat die Ermittlungen übernommen, hielt sich aber am Montagnachmittag mit weiterführenden Angaben zum Verfahren zurück - so auch zum bereits angelegten Aktenzeichen. Ziel des Ermittlungsverfahrens ist es nach bisheriger Kenntnis, zu überprüfen, "ob dokumentierte Impfungen gegen das Covid-19-Virus tatsächlich stattgefunden haben", heißt es in einer mit der Staatsanwaltschaft abgesprochenen Pressemeldung des Polizeipräsidiums Schwaben Nord. Es besteht der Verdacht, dass dies nicht geschehen ist.

Nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung ging der erste anonyme Hinweis beim Ärztlichen Kreisverband Nordschwaben ein - allerdings ohne den Namen und den Wohnort des Arztes zu nennen, der angeblich Impfbescheinigungen ausstelle, ohne einen der zugelassenen Impfstoffe zu verabreichen. Darin habe sinngemäß gestanden, "ein Arzt im Ries macht das ...".

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"In diesem Moment hat sich das noch keiner vorstellen können, und es war anfangs auch gar nicht klar, gegen wen sich das richtet", sagt der Nördlinger Allgemeinmediziner Sebastian Völkl. Pflichtgemäß habe er als Erster Vorsitzender des Kreisverbandes das Schreiben sogleich an die Bayerische Landesärztekammer und an die Behörden zur Prüfung weitergeleitet. Völkl, der die Covid-19-Impfungen im Kreis Donau-Ries koordiniert, befürchtet, dass der Fall womöglich das Vertrauen in alle in seinem Bereich tätigen Impfärzte untergräbt.

Wie die Landesärztekammer auf Anfrage mitteilte, folgten dieser Mail noch weitere Hinweise - ebenfalls anonym. Und gleichfalls mit der Bitte, dies vertraulich zu behandeln und nicht weiterzugeben. Bei einem der Hinweisgeber habe es sich mit einiger Wahrscheinlichkeit um einen Arzt, beziehungsweise eine Ärztin gehandelt. Wie Völkl sich erinnert, fiel in einem der Hinweise auch der Begriff "Schonimpfung" - im Sinne von "ich impfe, und impfe doch nicht".

Und hier wird sich auch für die Ermittler ein Problem auftun, Zeugen zu finden. "Diejenigen, die eine solche Schonimpfung wissentlich angenommen haben, die haben den Arzt mit Sicherheit nicht verpfiffen", glaubt Völkl. Schließlich aber sei doch eine Strafanzeige erfolgt - von wem auch immer.

Der Fall könnte mit einem Berufsverbot enden

Nach Angaben der Bayerischen Landesärztekammer ist der beschuldigte Mediziner dort mittlerweile als jemand bekannt, der den Corona-Leugnern zuzurechnen ist. "Er gehörte aber nicht zur Speerspitze der Bewegung", sagte eine Sprecherin. Dies würde aber zumindest teilweise eine unter dem Decknamen "TimeOutGamer" veröffentliche Stellungnahme unter Google-Rezensionen erklären, in der es heißt: "Damals vor Corona fand ich es bereits sehr unangebracht", dass ihm der Arzt "seine Verschwörungstheorie über dritten Weltkrieg (sic!) aufgedrängt hat". In einer weiteren Rezension heißt es: "Seine Theorien waren schon immer etwas absurd." Andere wünschen ihm indes "viel Kraft beim Durchstehen der nun vermutlich anstehenden Repressionen". Er sei ein guter Arzt, der sich noch Zeit für seine Patienten nehme.

Sollten sich die Vorwürfe am Ende des Ermittlungsverfahrens bestätigen, so hat dies für den mittlerweile namentlich bekannten Arzt über die strafrechtliche Verurteilung hinaus auch ernste berufsrechtliche Konsequenzen. Die in seinem Fall zuständige Regierung von Oberbayern dürfte dann ein Verfahren zum Entzug der ärztlichen Approbation einleiten, das in ein endgültiges oder zumindest ein vorläufiges Berufsverbot münden kann. Möglich wäre es bereits jetzt, ihm die weitere Impftätigkeit zu untersagen.

Der unter Verdacht stehende Arzt ist aktuell telefonisch nicht erreichbar. Auf dem Anrufbeantworter hieß es, die Praxis sei "aus gesundheitlichen Gründen geschlossen". Patienten des Arztes, die sich bei ihm hatten impfen lassen, konnten sich am Montag im ehemaligen Impfzentrum von Nördlingen einem Antikörper-Labortest unterziehen. Der soll klarstellen, ob sie tatsächlich gegen das Coronavirus geimpft sind. Nach Angaben einer Sprecherin des Landratsamtes Donau-Ries hatte sich vor dem Gebäude am Vormittag bereits eine Schlange gebildet. Weitere Test sind am Mittwoch von 9 bis 17 Uhr und am Freitag von 9 bis 12.30 Uhr möglich. An diesem Dienstag findet im Landratsamt in Donauwörth zu diesem Fall eine Pressekonferenz statt. Dort kommt dann womöglich auch zur Sprache, warum die Hinweise von Mitte Juli erst relativ spät zu Konsequenzen führten.

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