Brände - München:Polizei prüft nach Stromausfall linkes Bekennerschreiben

Bayern
Kabel liegen an einer Stelle auf einer Baustelle, an der am 21.05.2021 ein Kabelbrand ausgebrochen war. Foto: Sven Hoppe/dpa (Foto: dpa)

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München (dpa/lby) - Haben Linksextreme den großflächigen Stromausfall in München verursacht? Die Polizei prüft ein mögliches Bekennerschreiben, das auf der Online-Plattform "Indymedia" veröffentlicht wurde. Darin erklären die anonymen Verfasser, das Strom- und Glasfasernetz im Osten der Stadt angegriffen zu haben, um in erster Linie einem Rüstungskonzern am Münchner Ostbahnhof zu schaden.

Das Schreiben sei Gegenstand der Ermittlungen und werde intensiv geprüft, sagte ein Polizeisprecher am Dienstagnachmittag. "Aber da kann man noch gar nicht sagen, ob das totaler Humbug ist oder die heiße Spur, da ist alles noch offen." Mehr Details wollte der Sprecher aus ermittlungstaktischen Gründen nicht nennen, es gebe aber "noch nichts großartig Neues". Auf jeden Fall ermittelt inzwischen der Staatsschutz wegen des Verdachts einer politischen Straftat.

Die Ermittler gehen davon aus, dass das Feuer in einer Baugrube in der Landeshauptstadt am frühen Freitagmorgen absichtlich gelegt worden ist. Dabei wurden 50 Stromkabel der Mittelspannung vollkommen zerstört. In der Folge fielen etwa 150 Trafostationen aus. Rund 20 000 Haushalte in den Stadtteilen Haidhausen, Ramersdorf und Berg am Laim waren zeitweise ohne Strom, teilweise gar bis zum frühen Samstagnachmittag.

Dem mutmaßlichen Bekennerschreiben zufolge soll der Anschlag auch eine Reaktion auf die geplante Rodung eines Waldstücks am Münchner Stadtrand gewesen sein. Dies sei die Antwort auf den Stadtratsbeschluss, dieses für den Kiesabbau abzuholzen, hieß es. Aktivisten hatten den Forst vergangene Woche besetzt.

In der jüngeren Vergangenheit gab es in München wiederholt Brandanschläge auf die Infrastruktur. Seit November 2019 hatten Unbekannte in München mehrfach Funkmasten und andere Einrichtungen angezündet. Die Ermittler ordnen die Serie linksextremen Straftätern zu, konnten aber keine konkreten Personen als Täter ermitteln.

Auch das Bekennerschreiben, so es denn echt und nicht von Trittbrettfahrern verfasst sein sollte, weist in die linksextreme Szene. Sie umfasst aktuell laut bayerischem Verfassungsschutzbericht 2020 rund 3600 Menschen. Unter diesen stellten die rund 720 Autonomen den weitaus größten Teil der Gewaltbereiten. Deren Aggressionspotenzial sei seit Jahren hoch, und die Hemmschwelle, auch schwere Straftaten zu begehen, sei deutlich gesunken, heißt es. "Autonome haben zwar keine gemeinsame Ideologie, Ziel aller Autonomen ist es aber, den Staat und seine Einrichtungen zu zerschlagen."

Die Stadtwerke haben unterdessen Konsequenzen aus der Lagebeurteilung der Polizei gezogen. "Wir haben ein Sicherheitskonzept, und die Maßnahmen, die darin für eine derartige Sachlage hinterlegt sind, werden jetzt umgesetzt", sagte eine Sprecherin. Sie könne sich nicht entsinnen, dass der Stufenplan im technischen Sicherheitsmanagement jemals auf diesem hohen Schutz-Level zum Einsatz gekommen sei.

Sollte das Bekennerschreiben echt sein, hätten die Täter übrigens eines nicht erreicht: Das als Ziel des Angriffs genannte Rüstungsunternehmen teilte mit, seine kritischen Infrastrukturen gegen Störeinflüsse von außen durch ein umfassendes Sicherheitskonzept abzusichern. "Daher waren die Auswirkungen für das Unternehmen sehr überschaubar." Der Geschäftsbetrieb sei in keiner Weise beeinträchtigt.

© dpa-infocom, dpa:210525-99-736990/3

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