Naturschutz:Freistaat hält an Abschuss des Traunsteiner Wolfs fest

Lesezeit: 2 min

Daran hatten sich viele Gemüter erregt: Der Wolf marschiert nachts durch den Ort Bergen und wurde dabei aus einem Auto heraus gefilmt. Nun ist er tot. (Foto: Quelle: Facebook)

Die Regierung von Oberbayern beharrt darauf, dass das Raubtier eine potenzielle Gefahr für Menschen ist. Deshalb legt sie Beschwerde gegen den Richterspruch ein, der seinen schnellen Abschuss verbietet.

Von Christian Sebald, München

Alle hatten damit gerechnet, nun ist es so gekommen. Die Regierung von Oberbayern hält an ihrer Überzeugung fest, dass der Traunsteiner Wolf eine Gefahr für Menschen und die öffentliche Sicherheit darstellt und das Raubtier deshalb möglichst schnell abgeschossen werden muss. Deshalb geht die Behörde gegen die Eilentscheidung vor, mit der das Verwaltungsgericht München die Abschussverfügung der Behörde vorläufig kassiert hat, und legt beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Beschwerde dagegen ein. "Wir sind weiter der Auffassung, dass die Entnahme des Wolfes zum Schutz vor Gefahren für Menschen erforderlich ist", sagt ein Sprecher. "Die vom Verwaltungsgericht geforderten vorausgehenden Maßnahmen wie Monitoring, Besenderung und Vergrämung halten wir nicht für praktikabel, um dem Problem zeitgerecht Rechnung zu tragen."

Der Traunsteiner Wolf, der nach seinem genetischen Code offiziell GW2425m heißt, erhitzt seit etwa einem Vierteljahr die Gemüter in der Region zwischen den Landkreisen Rosenheim und Berchtesgadener Land. Der Grund: Das Raubtier hat immer wieder Schafe und andere Nutztiere auf Weiden in der Nähe von Bauernhöfen gerissen und ist einmal nächtens mitten durch eine Ortschaft gelaufen. Vor allem Bauern verlangen den Abschuss des Wolfes, weil sie um ihre Weidetiere fürchten und ihn auch für Menschen für gefährlich halten. Der Traunsteiner Landrat Siegfried Walch (CSU) machte sich Mitte November die Forderung zu eigen und beantragte förmlich die Entnahme des Tieres, wie der Abschuss auf Amtsdeutsch heißt. Die Regierung von Oberbayern gab vor zehn Tagen die entsprechende Verfügung heraus. Dagegen reichten der Bund Naturschutz (BN) und die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe (GzSdW) Eilanträge beim Verwaltungsgericht München ein. Das Gericht gab ihnen statt.

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Friedel erhofft sich ein Urteil im Sinne des Wolfsschutzes

Beim BN sehen sie der nächsten Instanz sehr entspannt entgegen. Der Grund: "Das Verwaltungsgericht hat unserem Antrag ja nicht aus formalen Gründen zugestimmt", sagt der BN-Wolfsexperte Uwe Friedel. "Sondern es hat unsere Argumente inhaltlich geprüft." Das Ergebnis der Richter: Die Abschussverfügung ist voraussichtlich rechtswidrig. Eine akute Gefahr für Menschen und die öffentliche Sicherheit, wie sie nach dem Bundesnaturschutzgesetz und dem bayerischen Aktionsplan Wolf zur Rechtfertigung eines raschen Abschusses vorliegen muss, ist nicht gegeben. "Das sind sehr grundsätzliche Aussagen. Das Verwaltungsgericht hat klar gemacht, dass die Abschussverfügung materiell Rechtsbruch ist", sagt Friedel. "Ich bin gespannt, was die Regierung von Oberbayern in der nächsten Instanz an neuen Erkenntnissen aufbieten will, um das umzudrehen."

Zumal die Richter den Behörden ja auch noch den Weg für den angemessenen Umgang mit dem Traunsteiner Wolf gewiesen haben. Geboten sind demnach "weitere Aufklärungsmaßnahmen und gegebenenfalls Besenderungs- und Vergrämungsmaßnahmen". Das meint zum Beispiel einen Beschuss des Wolfes mit Gummigeschossen. So skurril das für Laien anmuten mag, im Wildtiermanagement ist das gang und gäbe. Auch im bayerischen Aktionsplan Wolf sind solche Maßnahmen vorgesehen. Gummigeschosse sind schmerzhaft, verletzen die Tiere aber nicht dauerhaft. Sie sollen die Wölfe lehren, sich von Orten fernzuhalten, an denen sie nichts zu suchen haben.

Wie auch immer: Aus Friedels Sicht geht die Causa inzwischen nicht mehr nur um den Traunsteiner Wolf. Sondern um die Grundsatzfrage, ob die vielen Bauern in Bayern, aber auch Politiker wie Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU), die gebetsmühlenartig Erleichterungen für den Abschuss der streng geschützten Wölfe fordern, doch einmal Erfolg haben könnten. Oder ob sie demnächst höchstrichterlich in die Schranken gewiesen werden. "So wie die Dinge aktuell liegen", sagt Friedel, "bin ich ganz zuversichtlich, dass letzteres eintrifft."

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