Energiewende:Windräder in Bayern: Staatsforsten bessern nach

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In den bayerischen Staatswäldern ist noch Platz für bis zu 350 Windräder. (Foto: Niels P. Joergensen)

Nach Kritik an der Ausschreibungspraxis für Windräder im Staatswald hat das Unternehmen die Kriterien modifiziert, damit Kommunen und Anlieger noch mehr profitieren können.

Es ist kein Vierteljahr her, da hat sich der Grünen-Landtagsabgeordnete und Windkraft-Experte Martin Stümpfig die Bayerischen Staatsforsten (BaySF) in selten heftigen Worten vorgeknöpft. "Das ist Abzocke im Staatswald", polterte Stümpfig. "Zu Lasten der Kommunen und der Bürger, für die Staatsforsten steht einzig der maximale Gewinn im Vordergrund." Der Grund der Attacken: Das französich-deutsche Windkraft-Unternehmen Qair hatte gerade von den BaySF den Zuschlag für Planung, Bau und Betrieb des riesigen Windparks im Altöttinger Forst bekommen. Die 40 Windräder dort sollen einmal die Unternehmen im südostbayerischen Chemiedreieck mit sauberen Ökostrom versorgen. Der Windpark ist das bis dato größte Windkraft-Projekt in Süddeutschland.

Klar, dass die Staatsregierung den Altöttinger Windpark feiert. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Forstministerin Michaela Kaniber kamen persönlich in die Region, um die Pläne zu präsentieren. Aus ihrer Sicht sind die 40 Anlagen das Symbol schlechthin, dass es jetzt mit der Windkraft schnell vorangeht in Bayern. Söder sprach von einem "gewaltigen Projekt" und dankte den BaySF dafür, dass sie es so zügig vorangetrieben hatten. Kaniber nannte den Windpark einen "Meilenstein für den Ausbau der Windkraft in Bayern".

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Natürlich ist auch Stümpfig nicht gegen den Altöttinger Windpark an sich. Aber er verlangt, dass Kommunen und Bevölkerung mehr profitieren von den noch etwa 350 Anlagen, die in den nächsten Jahren quer durch Bayern in den Staatswäldern entstehen werden, als das bei der Vergabe des Altöttinger Windparks der Fall war. Außerdem sollen aus Stümpfigs Sicht Projektierer belohnt werden, die sowohl beim Bau als auch beim Betrieb der Anlagen besonders viel Rücksicht auf den Wald nehmen. Und er fordert, neue Auschreibungen so zu gestalten, dass nicht nur große und internationale Windkraft-Unternehmen zum Zug kommen. Sondern vor allem kleine und mittlere aus Bayern.

Es geht um zehn Windräder

Nun steht die zweite Windkraft-Ausschreibung der BaySF bevor. Es geht um zehn Windräder, verteilt auf drei Standorte. In Wiggensbach (Landkreis Oberallgäu) und in Lalling (Landkreis Deggendorf) können sich Planer für jeweils vier Anlagen bewerben. Im oberbayerischen Kottgeisering (Landkreis Fürstenfeldbruck) sollen zwei Windräder entstehen. Experten wie Bernd Wust, Chef des bayerischen Windenergie-Verbands BWE, werden sich diese Runde besonders genau sehen. Denn anders als der Altöttinger Windpark, der einzigartig bleiben dürfte im Freistaat, sind die drei neuen Standorte "typisch für das, was bayernweit in den Staatswäldern möglich ist, und für das, was unsere heimische Branche gut stemmen kann", sagt er.

Der Grünen-Abgeordnete Martin Stümpfig bei einer Rede im Landtag. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Die BaySF wollen sich noch nicht im Detail äußern. "Wir müssen aus Wettbewerbsgründen darauf achten, dass alle potenziellen Interessenten am bevorstehenden Stichtag die gleichen Informationen bekommen", sagt Rainer Droste, der bei den Staatsforsten für Windkraft zuständig ist. "Deshalb dürfen wir vorab nicht zu viel rausgeben." Klar ist aber, dass die Staatsforsten auf Stümpfigs Kritik reagiert haben, sowohl was die Beteiligung der Kommunen und der Bürger an neuen Windparks anbelangt als auch beim Schutz der Wälder.

So werden in Zukunft Bewerber belohnt, die eine Bürgerbeteiligung von mehr als 24,9 Prozent an dem jeweiligen Windpark anbieten. Die 24,9 Prozent waren bisher die Hürde, die sie sowieso nehmen mussten, wenn sie in die Auswahl kommen wollten. Nun sollen Extrapunkte für Bewerber vergeben werden, die eine höhere Beteiligung der Kommunen und der Bevölkerung vorsehen. Beim Schutz der Wälder wurde insofern nachgeschärft, als dass nun nicht nur der endgültige Flächenverbrauch der Windräder bewertet wird. "Sondern auch der vorübergehende, etwa für die Baustraßen und Lagerplätze für die gigantischen Rotorblätter", sagt Droste. "Sie werden zwar später wieder bepflanzt. Aber es ist sehr viel besser für den Wald, wenn sie von vorneherein möglichst klein gehalten werden."

Bürgermeister begrüßen die Neuerung

Die Bürgermeister von Lalling und Wiggensbach begrüßen die Neuerungen. "Die Energiekrise hat die Akzeptanz der Windkraft stark verbessert", sagt Michael Reitberger (Lallling, CSU). "Die Staatsforsten engagieren sich sehr für die Interessen von uns Gemeinden und der Bevölkerung." Thomas Eigstler (Wiggensbach, ebenfalls CSU) äußert sich ähnlich. "Wiggensbach hat ja schon lange Erfahrung mit Windkraft", sagt er. "Natürlich hätten wir es gerne gehabt, wenn die neuen Windräder komplett in unserer Regie errichtet würden, so wie das die Staatsregierung den Kommunen einmal zugesagt hat." Man dürfe deshalb auf keinen Fall den BaySF anlasten, dass das wettbewerbsrechtlich nicht möglich ist. Der Grünen-Politiker Stümpfig war nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

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