Unter Bayern:Der Walk of Shame im Skigeschäft

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Lieber neue kaufen? Oder doch die alten Ski nochmal reparieren lassen? (Foto: Florian Peljak)

Unter den skeptischen bis arroganten Blicken des Skiverkäufers zeigt unser Autor seine alten Tourenski und fragt, ob man die nochmal herrichten lassen kann. Die Antworten darauf fallen erniedrigend aus.

Glosse von Sebastian Beck

Jetzt steht die Skisaison vor der Tür und damit die ewig gleiche Frage, ob man die geschenkten Tourenski wieder aus der Ecke holt und damit noch einmal rüberwackelt in dieses Sportgeschäft, dessen Kunden mit ihren SUVs die Penzberger Innenstadt blockieren. Allein der Blick der Verkäufer, die wahrscheinlich alle mal Freeride-Europameister waren. Als wollten sie einem sagen: Das hier ist kein Wertstoffhof, werde dein Glump woanders los. Eine Fritschi-Bindung, die fährt doch kein normaler Mensch mehr, da kriegst du gar keine gescheiten Schuhe mehr dafür. Und der antike Lawinenpiepser, mit dem ziehen sie dich vielleicht im Frühjahr raus, wenn der Schnee schmilzt. Außerdem: Die Ski sind viel zu kurz.

Und dann kommt jedes Mal der schüchterne Einwand, man wolle doch bloß mal aufs Hörnle gehen und wieder runterrutschen. Na gut, sagt dann der mutmaßliche Ex-Europameister, er könne einem schon Schuhe verkaufen, aber ob die Bindung auslöst - keine Garantie. So ein Meniskus ist eine filigrane Konstruktion, aber bitte, irgendwas lasse sich schon machen, wenn der Kunde es wolle.

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Besser sei freilich ein Komplett-Set, mit Fellen und Pin-Bindung samt Schuhen, dazu noch Stecken, Sonde, Piepser. Für 1500 Euro ist das ein Schnäppchen. Sofern man sich mit dem Tchibo-Helm aus dem Jahr 2010 und den Handschuhen aus dem Jahr 2002 noch auf die Piste traut, weil da sieht jeder quasi sofort: Der Typ könnte ein Fall für die Bergwacht werden.

Ja gut, sagt man dann jedes Jahr, da müsse man vielleicht noch eine Nacht drüber schlafen, dann packt man seine orangefarbenen Atomic und schmeißt sie wieder auf den Speicher. Schließlich macht man jedes Mal den Fehler, einem Freund von dem Vorhaben zu erzählen. Er sagt, dass Skifahren in Zeiten des Klimawandels ein No-Go sei, er habe sich davon schon lange verabschiedet. Aber mal aufs Hörnle, kommt dann wieder der schüchterne Einwand. Da liege doch fast nie mehr Schnee. Und dafür so viel Geld rausschmeißen? Spätestens an dem Punkt steigt dann die Ahnung auf, dass die Sache mit den Tourenski ein ganz schlechtes Karma hat. Sehr wahrscheinlich würde man mit der neuen Ausrüstung in der gleichen Klinik wie Manuel Neuer landen. Nur halt im Mehrbettzimmer. Also lieber noch ein Jahr warten. So ein Kauf will reiflich überlegt sein.

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