Ungewollte Schwangerschaft:Bayerns Staatsregierung lehnt Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen ab

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Abbrüche sind innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen faktisch straffrei möglich, wenn die Frau sich zuvor hat beraten lassen. Beim Zugang zu Abtreibungsstellen liegt Bayern bundesweit auf dem letzten Platz. (Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Familienministerin Scharf zufolge ist mit der aktuellen Regelung ein "gesellschaftlicher Frieden" geschaffen worden. Gegenwärtig stehen Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich erst einmal unter Strafe.

Trotz des Rats einer Expertenkommission will der Freistaat an der Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen festhalten. Der vor 30 Jahren gefundene Kompromiss stelle einen guten Zustand her, der Schwangeren helfe, eine Abtreibung straffrei vornehmen zu können, sagte Bayerns Familienministerin Ulrike Scharf (CSU) nach einer Kabinettssitzung. Die Staatsregierung lehne eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen - also eine Streichung des Paragrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch - deshalb ab.

Die Bundesregierung habe eine Debatte angestoßen, die die ohnehin aufgewühlte Gesellschaft spalte. "Sie gefährdet damit den Zusammenhalt und ich halte das für unverantwortlich", sagte die Ministerin. Der Konsens sei nach mehr als 20 Jahren streiten und ringen gefunden worden und schaffe einen gesellschaftlichen Frieden. In den letzten 15 Jahren sei in der Bundesrepublik laut Scharf nur eine schwangere Frau wegen des Paragrafen 218 rechtskräftig verurteilt worden.

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Die CSU-Fraktion plant am Mittwoch einen Dringlichkeitsantrag zum Thema im Landtag einzubringen. Darin spricht sich die Fraktion für einen Erhalt des Paragrafen aus: "So eine schwerwiegende Frage wie die Abtreibung muss im Strafgesetzbuch geregelt sein", sagte CSU-Fraktionsvorsitzender Klaus Holetschek der Deutschen Presse-Agentur. Mit der Schwangerschaftskonfliktberatung sei ein gangbarer Weg gefunden worden, einen straffreien Abbruch in den ersten zwölf Wochen zu ermöglichen.

Der Antrag fordert aber dennoch eine gesetzliche Änderung vom Bund: Die Krankenkassen sollen nach den Plänen der CSU-Fraktion die "Pille danach" für Vergewaltigungsopfer auch nach dem vollendeten 22. Lebensjahr bezahlen. Aktuell haben nur Versicherte einen Anspruch auf die Kostenerstattung von verschreibungspflichtigen empfängnisverhütenden Mitteln, wenn sie nicht älter als 22 sind. Eine Ausnahme für Opfer von Vergewaltigungen sieht das Gesetz bisher nicht vor. Die Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs werden in diesem Fall hingegen übernommen.

Gegenwärtig sind Schwangerschaftsabbrüche im Strafgesetzbuch geregelt und stehen grundsätzlich unter Strafe. Das Strafgesetzbuch sieht aber auch Ausnahmen vor: Abbrüche sind innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen faktisch straffrei möglich, wenn die Frau sich zuvor hat beraten lassen. Auch wenn bestimmte medizinische Gründe vorliegen oder nach einer Vergewaltigung können Schwangere abtreiben, ohne sich strafbar zu machen.

Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission empfahl am Montag eine Legalisierung von Abbrüchen in der Frühphase der Schwangerschaft.

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