Regierungserklärung im Landtag:Söder will verpflichtenden "Hochwasser-TÜV"

Lesezeit: 3 min

Markus Söder bei seiner Regierungserklärung im Landtag. (Foto: dpa)

Eine unabhängige Stelle soll künftig die Risiken für Gemeinden bewerten, kündigt der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung an. Die umstrittene Mindestabstandsregel für Windkraftanlagen soll gelockert werden.

Die jüngsten Hochwasserkatastrophen in Deutschland belegen nach Ansicht von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder den fortschreitenden Klimawandel. "Wir stehen an der Schwelle epochaler Veränderungen", sagte der CSU-Chef am Mittwoch im Bayerischen Landtag bei seiner Regierungserklärung. Seit Jahren sei es in Bayern zu warm und zu trocken. "Bayern ist im Klimastress."

Die Unwetter seien deutliche Warn- und Weckrufe, betonte Söder. Das Klima ändere sich rasant - nicht irgendwo auf der Welt, sondern mitten in Bayern und Deutschland. "Entweder wir verstehen und handeln" oder die Folgen seien unabsehbar. "Wer Klimaveränderungen leugnet, versündigt sich an der nächsten Generation."

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Ministerpräsident Markus Söder hatte hohe Erwartungen geweckt, als er seine Regierungserklärung zum Klima ankündigte. Die hat er nicht erfüllt. Was soll nun eigentlich drinstehen im neuen Klimaschutzgesetz?

Kommentar von Christian Sebald

Söder verteidigte die bisherigen Anstrengungen im Klimaschutz - gerade Bayern stehe hier im Vergleich der Bundesländer gut da, er betonte aber auch: "Wir können und müssen mehr machen." Dabei nannte Söder auch ausdrücklich die Windkraft, die im Freistaat wegen der von der CSU beschlossenen Gesetzgebung seit Jahren ausgebremst wird.

Die Hochwasserrisiken in Bayerns Gemeinden sollen nach Söders Willen künftig von einer unabhängigen Stelle bewertet werden. "Wir brauchen einen verpflichtenden Hochwasser-TÜV", sagte er. Gerade nach den jüngsten Erfahrungen zeige sich, dass die Schutzkonzepte vertieft und langfristiger gedacht werden müssten.

Dieser Hochwasser-TÜV müsse bewerten, wie eine Gemeinde gegen Hochwasser geschützt sei und bei Bedarf eine Empfehlung für weitere Maßnahmen abgeben, sagte Söder. Derzeit werde der Hochwasserschutz zwar zu 75 Prozent vom Freistaat gefördert, die Mittel würden aber noch nicht ausreichend abgerufen. Insbesondere kleinere Gewässer und Ortschaften müssten beim Hochwasserschutz in den Fokus gerückt werden.

Zugleich mache das Wasser in Bayern aber auch deshalb Sorgen, weil die Niederschläge vielerorts nicht mehr ausreichend seien. Daher müsse auch ein sparsamerer Umgang mit Wasser Ziel der künftigen Klimapolitik sein.

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Auch zur umstrittenen Mindestabstandsregel für Windkraftanlagen hat sich Söder geäußert - die möchte er etwas lockern. Es soll zwar grundsätzlich bei der sogenannten 10H-Regel bleiben - danach müssen Windräder grundsätzlich das Zehnfache ihrer Höhe von der nächstgelegenen Wohnbebauung entfernt sein. Im Staatswald, in vorbelasteten Gebieten, auf Truppenübungsplätzen, aber auch beim sogenannten Repowering bestehender Anlagen soll künftig aber nur noch ein Mindestabstand von 1000 Metern eingehalten werden müssen. Man wolle entsprechende Ausnahmetatbestände schaffen, sagte Söder.

Den beschlossenen Ausstieg aus der Kohlekraft in Deutschland will Söder nach der Bundestagswahl neu verhandeln. Es müsse geprüft werden, "ob ein Ausstieg aus der Kohle nicht schneller möglich ist", sagte der CSU-Vorsitzende. "Ich halte 2038 auch an dieser Stelle für unambitioniert." Er kündigte an, sich dafür einzusetzen, schon 2030 den Kohleausstieg zu ermöglichen.

Söder hatte bereits vor zwei Jahren einen Kohleausstieg bis 2030 gefordert, am Ende beschloss der Bund aber den Ausstieg erst bis zum Jahr 2038. Aus seiner Sicht ist ein schnellerer Ausstieg wichtig, damit Deutschland seine Klimaziele erreichen kann.

Auf Bundesebene will Söder außerdem für eine deutschlandweite Solar-Pflicht für Neubauten kämpfen. Eine Photovoltaik-Pflicht nur für Bayern soll es demnach zunächst nicht geben - dagegen hatte sich Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) gewehrt. Söder sagte aber, sollte es bundesweit keine Pflicht geben, werde man das Thema in Bayern nochmals neu aufrufen.

Grüne werfen Söders Regierung verfehlte Klimapolitik ohne Ziel vor

Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann hat Söder eine vollkommen verfehlte Klimaschutzpolitik vorgeworfen. "Führungsstärke statt Inszenierung - darauf wartet der Klimaschutz", sagte er am Mittwoch im Landtag in München. Zuvor hatte Söder eine Regierungserklärung zur Klimapolitik der Staatsregierung gehalten.

Hartmann betonte, dass der Klimaschutz in Bayern seit Söders Wahl zum Ministerpräsidenten nicht vorangehe: "Eine Ankündigung hat die nächste gejagt." Die Regierung habe im eigenen Klimaschutzgesetz nicht mal das umgesetzt, was sie selber angekündigt habe. Zudem kritisierte er, dass es bei der Novelle des Gesetzes seit Wochen nicht vorangehe, weil sich die Regierung nicht einig sei. "Sie wissen doch, dass wir so nicht weitermachen können."

Die aktuelle Generation seit die letzte, die noch was gegen den Klimawandel machen könne, sagte Hartmann. Ziel der Politik müsse es sein, dafür zu sorgen, dass die Folgen des Klimawandels "für unsere Kinder und Enkelkinder" auch künftig noch händelbar seien.

"Klimaschutz heißt verändern, um zu bewahren", sagte Hartmann. Dies gelte auch für den Aufbau einer nachhaltigen Wirtschaft im laufenden Betrieb, dies sei eine Generationenaufgabe. Es fehle aber eine klare Linie, "wo wollen Sie eigentlich hin?". Trotz offenkundig fehlenden Rückhalts in den Regierungsfraktionen müsse Söder grundlegend eine Politik finden, "die unsere Lebensgrundlagen schützt und danach auch handelt". Das von den Grünen regierte Nachbarland Baden-Württemberg sei Bayern hier um Lichtjahre voraus.

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