Es hat 30 Grad und der Bass wummert, als Markus Söder auf die Bühne klettert. Kein Digitaltreffen, endlich echtes Publikum: rund 270 Delegierte der Jungen Union (JU) unterm Tribünendach des Unterhachinger Fußballstadions. "Es macht einfach mal wieder Freude in so einer Umgebung", sagt der Ministerpräsident und CSU-Chef. Warmer Applaus, Söder genießt das. Aber natürlich kennt er die Tücken des Beifalls, der nun wieder da ist, nach 15 Monaten Pandemiepause. Weil Applaus verräterisch ist. Vor allem dann, wenn er ausbleibt.
Im April, als er seine Kanzlerambitionen offenlegte, stellte sich die JU nicht nur in Bayern hinter Söder, sondern fast überall in der Republik. Aber jetzt ist Juni, der Kanzlerkandidat der Union heißt Armin Laschet (CDU), und im Hachinger Stadion stimmt JU-Chef Christian Doleschal Söder auf einen nicht nur harmonischen Nachmittag ein. Er betont den Anspruch der JU, auch "Stachel im Fleisch der CSU" zu sein.
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Den ersten Piks hatte der JU-Chef ja schon vorab gesetzt, als er davor warnte, sich den Grünen "anzubiedern". Damit reihte sich Doleschal bei denen ein, die in der CSU nun wieder öfter und offener kundtun, dass sie Söders Kurs zu grün finden.
"Während die Grünen Einfamilienhäuser verbieten wollen", wie Doleschal in seiner Rede sehr zugespitzt formuliert, fordert die JU den Wegfall der Grunderwerbssteuer beim Kauf der ersten Immobilie. Und während Doleschal findet, dass die Grünen "hadern mit dem Begriff Deutschland", sei die Union "stolz auf unser Land". Er wolle "eine Bundesregierung ohne die Grünen", sagt Doleschal
Damit ist die Erwartungshaltung der Parteijugend an Söder gesetzt, der im luftigen Polohemd auftritt. Auch Söders Rede ist wohltemperiert. Er wirbt natürlich für den Klimaschutz, aber diesmal spart er sich jede Freundlichkeit für die Grünen. Die seien "nicht geeignet, Deutschland zu führen, das ist der entscheidende Unterschied" zu CDU und CSU. "Trotzdem müssen wir noch hart arbeiten", diesen Unterschied "zu dokumentieren und zu kommunizieren", sagt Söder. Blitzt hier Selbstkritik durch?
Für seine Spitzen gegen die Grünen bekommt Söder ebenso Beifall wie für sein Bekenntnis zur schwarzen Null bei den Staatsfinanzen. Nicht immer ganz so heftig klatscht das Publikum, wenn Söder seine Corona-Politik verteidigt. Einzelne Wortmeldungen fallen kritisch aus. Man müsse endlich mutig lockern, fordert ein Delegierter. Söder warnt vor der ansteckenderen Deltavirusvariante und kontert: Leben zu schützen sei wichtiger als Lobbyinteressen zu bedienen.
"Armin Laschet ist kein schlechter Kandidat", sagt Doleschal. Ist das Lob?
Keinen Beifall bekommt Söder, als er die Forderung einer JU-Delegierten nach einer Absage ans Gendersternchen nur knapp kommentiert ("sehe ich ziemlich ähnlich"), statt sich klarer zu positionieren. Ein Unzufriedener klagt noch, dass Söder CDU-Kanzlerkandidat Laschet nicht genug unterstütze. Wobei man hierzu erwähnen sollte, dass auch JU-Chef Doleschal seine "volle Unterstützung" für Laschet mit einem Satz untermalt hat, der nur bedingt als Slogan auf Wahlplakaten taugt. Er sagte: "Armin Laschet ist kein schlechter Kandidat."
Für die Bundestagswahl verspricht Söder der JU-Spitzenkandidatin Stefanie Hümpfner den ersten Platz hinter den Kandidaten, die durch ein Direktmandat abgesichert sind. Als CSU-Spitzenkandidat soll Landesgruppenchef Alexander Dobrindt ins Rennen gehen.
Nach SZ-Informationen soll Digital-Staatsministerin Dorothee Bär Platz zwei besetzen. Dahinter, in dieser Reihenfolge: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, Daniela Ludwig, Hans-Peter Friedrich, Andrea Lindholz, Florian Hahn, Anja Weisgerber, Stefan Müller und Emmi Zeulner. Die Listenaufstellung findet kommenden Samstag statt, im Fußballstadion, diesmal in Nürnberg.