Politik in Bayern:Diese Bundestagsabgeordneten hören auf

Lesezeit: 2 min

Wer kommt, wer bleibt, wer geht? Im Bundestag wird sich in diesem Jahr vieles ändern. (Foto: imago images/SNA)

Die Sitze im Bundestag werden neu verteilt. Auch viele Bayern verlassen Berlin - manche freiwillig, andere nicht. Nur bei den Grünen bleibt alles beim Alten.

Von Gregor Grosse, Sarah Höger und Johann Osel, München

Nächstes Jahr hätte er ein Jubiläum feiern können, doch die politische Karriere von Georg Nüßlein, 52, endet davor eher unrühmlich. Fast 20 Jahre saß der Schwabe für die CSU im Bundestag, nun ist er in die Maskenaffäre verstrickt. Viel Geld soll er verdient haben, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Aus der CSU ist Nüßlein inzwischen ausgetreten, sein Bundestagsmandat behielt er bis zuletzt.

Auch andere Bundestagsabgeordnete aus Bayern hören auf, wenn auch aus weniger spektakulären Gründen. Fünf CSU-Abgeordnete sind darunter, wie der Oberpfälzer Karl Holmeier, 65. Er saß seit 2009 im Bundestag und gehörte unter anderem dem Verkehrsausschuss an. Auch der Oberpfälzer Alois Karl, 70, seit 2005 Mitglied im Bundestag, hört auf; genau wie der Franke Hans Michelbach, 72, der dem Bundestag seit 1994 angehörte und 18 Jahre lang Vorsitzender der CSU-Mittelstandsunion war.

Entwicklungsminister Gerd Müller, 66, trat ebenfalls nicht mehr an. Zum Bedauern vieler, die mit seinem Themengebiet befasst sind. Müller hat sich parteiübergreifend Anerkennung erworben. Der Entwicklungspolitik bleibt er treu: Der Schwabe wird Generaldirektor der UNO-Organisation für industrielle Entwicklung. Und noch ein früherer Minister orientiert sich neu: Nach 30 Jahren im Bundestag zog überraschend Christian Schmidt, 64, seine Bewerbung im Wahlkreis Fürth zurück, da er nun Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina ist. Schmidt machte 2017 als Landwirtschaftsminister Schlagzeilen, weil er im Alleingang für eine Verlängerung der EU-Zulassung von Glyphosat gestimmt hatte, obwohl das in der Berliner Koalition anders abgesprochen war. Dafür kassierte er eine Rüge der Bundeskanzlerin. Er selbst nahm die Sache gelassen: "So isser, der Schmidt", wird Schmidt über Schmidt zitiert.

Auch die jüngste Frau des 19. Deutschen Bundestags wirft hin. Die 30-jährige Sozialdemokratin Bela Bach zieht sich aus der Politik zurück. Im Frühjahr 2020 war sie als Nachrückerin in den Bundestag eingezogen und engagierte sich unter anderem im Verkehrs- und im Petitionsausschuss. Nach eineinhalb Jahren beendet sie nun ihre Polit-Karriere wegen parteiinterner Verwerfungen. Bach schaffte es nach einer Kampfabstimmung nicht auf einen aussichtsreichen Platz auf der SPD-Landesliste. Daraufhin verzichtete sie auch auf die Direktkandidatur im Wahlkreis München-Land, für die sie bereits nominiert war. Sie warf ihrer Partei "interne Absprachen" vor. Popularität und Zuspruch erreichte Bach, nachdem sie von sexuellen Übergriffen im Bundestag berichtete. Demnach wurde sie von Politkollegen mit sexistischen Sprüchen belästigt und sogar angefasst. Die Fraktionsspitze der SPD reagierte auf die Vorwürfe und richtete eine Anlaufstelle für von sexueller Belästigung betroffene Abgeordnete ein.

Bei den Grünen sind alle bisherigen Abgeordneten wieder angetreten, die Linke dagegen verliert mit Harald Weinberg, 64, einen etablierten Parlamentarier, der bereits seit 2009 im Bundestag sitzt. Die Gesundheitspolitik war in all den Jahren seine große Leidenschaft, die Bekämpfung des Pflegenotstands sein erklärtes Ziel. Seine politische Karriere bei der Linken begann 2007 als Landessprecher in Bayern.

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Etwas überraschend kommt das Aus für die FDP-Politikerin Britta Dassler. Wohl auch für sie selbst. Die Frau mit dem berühmten Namen ist mit dem Enkel des Puma-Gründers Rudolf Dassler verheiratet. Die 57-Jährige ist 2017 in den Bundestag eingezogen - setzte sich im Wahlkreis Erlangen aber in einer Kampfabstimmung nicht durch, steht auch nicht auf der Liste.

Auf der AfD-Liste setzten sich bis Rang elf nur Abgeordnete durch. Nicht jedoch Hansjörg Müller, stellvertretender Landeschef und von 2017 bis 2019 parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion. Er fiel bei der Listenwahl gleich mehrmals durch, angefangen von Platz zwei bis zum Wettstreit um deutlich zweistellige Platzierungen. Seine Verschwörungsthesen über globale Eliten haben wohl viele Delegierte verprellt, auch seine Konkurrenz auf Platz zwei zur krebserkrankten Landesvorsitzenden Corinna Miazga. Er selbst sagte, als unabhängiger Geist komme er "parteiinternen Machtstrukturen in die Quere". Müller trat am Wahlsonntag im Groll aus dem Landesvorstand ("intransparenter Haufen") zurück, will die Politik aufgeben und als Unternehmer arbeiten.

© SZ vom 27.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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