Landespolitik:Präsenzunterricht unter - fast - allen Umständen

Lesezeit: 2 min

Kultusminister Michael Piazolo bei einer Pressekonferenz. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Wegen der extrem steigenden Omikron-Infektionen gerade unter Kindern passt die Staatsregierung die Regelung an: Bei größeren Ausbrüchen können Schulleiter künftig ganze Klassen in den Distanzunterricht schicken.

Von Johann Osel, München

Der Präsenzunterricht an Bayerns Schulen bleibt bestehen, angesichts der rasant steigenden Omikron-Infektionen gerade unter Kindern nimmt die Staatsregierung aber eine Anpassung vor. Bei größeren Ausbrüchen können Schulleiter künftig ganze Klassen in den Distanzunterricht schicken, zunächst für fünf Tage. Dabei können sie eigenständig handeln und müssen in den Fällen nicht auf Anweisung des Gesundheitsamtes warten.

Das teilte Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) am Dienstag nach dem Kabinett und nach einem Video-Austausch mit Schulpraktikern mit. Beim Nach-Hause-Schicken der Klasse soll es nicht exakt auf die infizierte Schülerzahl ankommen, Piazolo sprach davon, dass bei "circa 50 Prozent" eine "gravierende" Häufung" von Fällen vorliege. Eine formale Quarantäne-Anordnung wären diese Spielräume für Schulleiter allerdings nicht.

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Schülerinnen und Schüler, die positiv getestet werden, müssen weiter wie bisher in Isolation; auch bleiben die üblichen Regeln für Kontaktpersonen. 94 Prozent der Schüler sind derzeit laut Piazolo momentan im regulären Unterrichtsbetrieb. "Oberste Maxime" bleibe Präsenzunterricht, das "engmaschige Sicherheitsnetz" mit Testen und Lüften funktioniere.

Mit der Anpassung reagiert das Ministerium auf jüngste Kritik aus der Bildungsszene, wonach das Festhalten am Präsenzunterricht, zumindest pauschal, nicht mehr passend sei. Auch führten viele Infektionen und das Warten auf Anordnungen der Gesundheitsämter vielfach zu Chaos. Etwa Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands, verlangte zudem "Ehrlichkeit - ist eine Durchseuchung gewollt?"

Laut Klaus Holetschek empfiehlt es sich, "jederzeit bremsbereit zu sein"

"Die Omikron-Welle rollt weiter", sagte Staatskanzleichef Florian Herrmann nach dem Kabinett, in Vertretung von Ministerpräsident Markus Söder (beide CSU). Trotz steigender Sieben-Tage-Inzidenz - am Dienstag auf 1421 - erkennt er Ansätze einer langsameren Dynamik in den vergangenen Tagen und eine "Entkoppelung" von Infektionen und Klinikbelastung.

Die Zahl der Corona-Patienten steigt demnach durchaus, aber nur auf Normalstationen. Hier sei aber zu beachten, dass zunehmend Patienten wegen anderer Gründe eingeliefert und dann erst positiv getestet werden; eine Systematik zur Erfassung dieser Unterscheidung gibt es nicht.

Die Hospitalisierung liegt nach wie vor unterhalb der gelben Warnstufe der Klinik-Ampel, die im vergangenen Sommer ursprünglich als neues Instrument eingeführt wurde; auch die rote Warnstufe der Intensivbelegung (600 Fälle in absoluten Zahlen) wird nicht erreicht, da sind es aktuell 333 im Freistaat, Tendenz sogar sinkend.

Das bestärke die Einschätzung, "dass die Logik im Umgang mit Omikron eine andere ist und sein muss als im Umgang mit Delta", sagte Herrmann. Am Dienstag hat das Kabinett weder Verschärfungen der Maßnahmen noch Lockerungen beschlossen, man fahre "weiter auf Sicht". Es zähle das Diktum des Ministerpräsidenten: "Vorsicht und Umsicht, gepaart mit Augenmaß."

Söder hatte am Wochenende in einem Interview gefordert, schon für die Zeit nach dem Höhepunkt der Welle zu planen und perspektivisch Freiheiten zurückzugeben, etwa in der Gastronomie und möglicherweise von Mitte Februar an.

Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte am Dienstag dazu, es empfehle sich, "jederzeit bremsbereit zu sein", aber natürlich müsse man "in so einer Situation auch über eine Perspektive reden". Maßgeblich sei eben der Blick auf die Kliniken, ergänzte Herrmann, die Gefahr der Überlastung sei "der rote Faden" in zwei Jahren Pandemiepolitik. Lockerungen seien aber im Kabinett nicht Thema gewesen.

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