Geschichte Bayerns:Ein Netzwerk für die Hüter jüdischen Lebens im Freistaat

Lesezeit: 2 min

Auf die Synagoge in Ermreuth wurde in der Silvesternacht 2022/23 ein mutmaßlich rechtsextremer Anschlag verübt. Seit dem Hamas-Angriff auf Israel gab es in Bayern bereits 63 antisemitische Straftaten. (Foto: Daniel Vogl/dpa)

Das Kultusministerium und der Landesverein für Heimatpflege wollen Vereine, Institutionen und Initiativen zusammenbringen, die sich um das jüdische Leben und Erbe in Bayern kümmern. Ein Kooperationsvertrag für das Projekt ist am Donnerstag unterzeichnet worden.

Von Lina Krauß

Anfang der 1930er-Jahre lebten etwa 35 000 Jüdinnen und Juden in Bayern. Nur einige Hundert überlebten die Shoa. Heute umfasst die jüdische Gemeinschaft in Bayern wieder etwa 19 000 Jüdinnen und Juden in 13 Gemeinden. Eine Vielzahl von Vereinen und Initiativen gestalten das jüdische Leben und das jüdische Erbe im Freistaat. Um diese Akteure zusammenzubringen, ist nun das Projekt "Netzwerk jüdisches Leben" gestartet. Das Vorhaben sei bundesweit einmalig, sagte Ludwig Spaenle (CSU), Bayerns Antisemitismusbeauftragter, bei der Vorstellung des Projektes am Donnerstag. Gemeinsam mit Olaf Heinrich, dem Vorsitzenden des Landesvereins für Heimatpflege, unterzeichnete er die Vereinbarung zur Zusammenarbeit.

Mit rund 400 000 Euro finanziert das bayerische Kultusministerium das Projekt, das der Landesverein trägt. Spaenle hat, seinen eigenen Worten zufolge, den Bedarf an einem Netzwerk der Vereine, Institutionen und Initiativen erkannt. Ehren- und Hauptamtliche hätten den Wunsch nach regelmäßigem Austausch und einer engeren Vernetzung geäußert. Deshalb sei er auf den Landesverein zugegangen, der Erfahrung in diesem Bereich habe. Ein landesweites Netzwerk solle eine "gewisse Lobbyarbeit" für die Belange im Bereich jüdisches Leben und Erbe schaffen, beschreibt Spaenle das Ziel des Projektes. Der Landesverein könne das Vorhaben fachlich begleiten und sei flächendeckend vertreten, sagte Olaf Heinrich. Man habe "engen Kontakt mit den bayerischen Heimatpflegerinnen und Heimatpflegern, von denen sich viele mit der jüdischen Geschichte ihrer Region beschäftigen".

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Das Interesse am jüdischen Erbe sei anhaltend groß. "Man nimmt das jüdische Erbe wieder neu wahr", sagte Spaenle. In den einzelnen Regionen hätten Vereine und Einzelpersonen schon angefangen, sich zu vernetzen. Das Projekt will diesen Prozess nun bayernweit vorantreiben. Rudolf Neumaier, Geschäftsführer des Landesvereins, erklärte: "Wir wollen das Rad nicht neu erfinden." Bestehende Kontakte sollen auf regionaler und auf Landesebene ausgebaut werden. Heinrich erklärte, der Landesverein hätte eine "Scharnierfunktion" zwischen bestehenden Projektpartnern, Gesellschaft und Politik. Als Teil des Projektes sollen Vernetzungstreffen stattfinden und eine Internetplattform eingerichtet werden. Ziel sei es zudem, das bürgerliche Engagement zu stärken und außerschulische Lernorte zu schaffen. Auch die junge Generation solle sensibilisiert werden, so Heinrich. "Das Kennenlernen des jüdischen Erbes und die Begegnung mit Jüdinnen und Juden verfestigen das Bewusstsein für jüdisches Leben als einem integralen Bestandteil bayerischer Geschichte und Gegenwart", sagte auch Spaenle.

Das Projekt "Netzwerk jüdisches Leben" sei ein Baustein im großen Ganzen, erklärte der Antisemitismusbeauftragte. Im Mai 2022 hatte die Staatsregierung unter anderem das Gesamtkonzept "Jüdisches Leben und Bekämpfung des Antisemitismus" auf den Weg gebracht. Dazu gehörte die Einrichtung einer Arbeitsgruppe, in der alle befassten Ministerien vertreten sind sowie die Einrichtung eines Online-Portals, das viele Angebote zur Förderung von jüdischem Leben vernetzt und Möglichkeiten aufzeigt, wie man Antisemitismus begegnen kann.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Antisemitisches Pamphlet
:"Die letzten Jahrzehnte kein Antisemit"

Die Freien Wähler stellen sich hinter Hubert Aiwanger - der gibt vor der Kamera ein Statement ab, das viel Raum für Interpretationen lässt. Unterdessen erheben ehemalige Mitschüler weitere Vorwürfe gegen den stellvertretenden Ministerpräsidenten.

Von Katja Auer, Sebastian Beck, Roman Deininger und Andreas Glas

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: