Unter Bayern:Nun lach doch mal

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"Der Mensch ist ein Viech, was lacht" - so sieht es der Lachforscher Gerhard Polt. (Foto: Sebastian Beck)

Von Franz Kafka bis Susanne Daubner - warum Heiterkeit eine wertvolle Gabe ist.

Glosse von Hans Kratzer

Vor wenigen Wochen hat sich Eva Moser, die langjährige Leiterin des Bayerischen Wirtschaftsarchivs, in den Ruhestand verabschiedet. Dieser Schritt brachte nicht zuletzt einen bitteren Verlust für die Lachkultur mit sich, denn Frau Moser besaß die Gabe, ihr berufliches Wirken stets mit einem herzlichen Lachen zu würzen. Überhaupt ist ihre Fähigkeit, jegliche Trübnis des irdischen Daseins mit Heiterkeit zu erhellen, sehr im Schwinden begriffen. Den öffentlichen Diskurs prägen jetzt grob schauende Moralisten, Grantlhuber und Tüpferlscheißer, die allesamt zum Lachen in den Keller gehen.

Wer einen Menschen zum Lachen bringt, erlöst eine arme Seele aus dem Fegefeuer, solche Weisheiten lernten Kinder früher in der Schule. Das verhinderte aber nicht, dass viele Lehrer und Pfarrer das Kinderlachen mit strenger Zucht unterdrückten. Was für ein Segen, dass es wenigstens in den Rekreationsrefektorien (Bierstüberln) der Benediktinerklöster seit jeher Witzstühle gibt, auf denen die Heiterkeit beständig blitzt und kracht. Kare: "Schlecht schaugst aus!" Lugge: "Trag du jeden Dog acht Stunden Ziaglstoana!" Kare: "Wia lang machstn des scho?" Lugge: "Morgen fang i o!"

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Alte Hochzeitsfotos belegen, dass die Bräute einst so trostlos dreinblickten, als seien sie zu Gast auf einer Beerdigung. Eine Braut durfte damals auf keinen Fall lachen. Lachende Braut - weinende Frau, so lautete ein Dogma der früheren Agrargesellschaft.

Von Düsternis war auch der Dichter Franz Kafka umwölkt, der ja eine Art Bairisch sprach, wie man heute weiß. Doch einmal ereilte den armen Kafka ein ähnlicher Lachanfall, wie ihn kürzlich die Nachrichtensprecherin Susanne Daubner erlitten hat. Es geschah justament, als er sich beim Direktor der Arbeiter-Unfall-Versicherung in Prag für eine Beförderung bedanken wollte. Der Anblick des sanft schaukelnden Bauches des Präsidenten genügte, um in ihm den Lachteufel zu wecken. "Alles verstummte und nun war ich endlich mit meinem Lachen anerkannter Mittelpunkt. Dabei schlotterten mir natürlich vor Angst die Knie", schrieb Kafka in sein Tagebuch.

Lachen und Tragik sind eng liiert. Der Lachforscher Gerhard Polt hält den Humor gar für eine Art Notwehr gegen das Leben. Letztlich lässt sich über das Lachen im Sinne von Polt nur sagen: "Der Mensch ist ein Viech, was lacht."

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