Kommunalwahl in Bayern:Bei der CSU zeigt sich leichte Nervosität

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CSU-Chef Markus Söder neben Angelika Niebler und Dorothee Bär (von rechts). (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Das liegt, acht Wochen vor der Kommunalwahl, auch an der hohen Akzeptanz der Grünen. Selbst Parteichef Markus Söder gibt sich ungewohnt demütig.

Von Matthias Köpf und Lisa Schnell, München

Es gibt ein paar Fragen, die man als CSU-Generalsekretär eher ungern hört. Einer davon musste sich Markus Blume am Montag nach der Vorstandssitzung stellen. "Machen Sie sich etwa Sorgen?," wollte ein Journalist da von ihm wissen, als Blume berichtete, wie die CSU in den Kommunalwahlkampf starten will. Dabei hatte er sich so bemüht. "Zuversichtlich" sei er, hatte er gesagt, gleich zweimal, und dass die CSU doch "die Mehreren" seien. Dann aber traten die Kommunalexperten ans Mikro, die sich der Vorstand eingeladen hatte. Uwe Brandl etwa, Präsident des Gemeindetages: Visionen für die Zukunft brauche es, kein ständiges Betonen wie gut alles sei, sagte er. Kandidaten brauche es übrigens auch, die Rekrutierung ginge nur "sehr, sehr schleppend" voran. Und dann sei da noch "die hohe Akzeptanz der Grünen".

Die größte Herausforderung, die es je gegeben hat - so sprechen manche in der CSU von der Kommunalwahl. Parteichef Markus Söder drückt es am Montag anders aus: "Heute wird keiner mehr automatisch gewählt."

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Nach ihrem Erfolg bei der Landtagswahl wollen die Grünen auch im Kreistag der SPD die Rolle als zweitstärkste Kraft abnehmen. Aber auch die Freien Wähler sehen sich im Aufwind. Aus ihren Reihen meldet sich bisher der einzige Herausforderer von CSU-Landrat Göbel.

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Selbst für die CSU gilt das mittlerweile, auch bei Kommunalwahlen. "Die Mutter aller Wahlen" nennen sie manche. Ihre ganz besondere Bedeutung leitet sich nicht nur aus dem enormen Umfang ab. Rund 40 000 Mandate werden am 15. März in den 2056 Gemeinden und 71 Landkreisen in Bayern vergeben. Aber da ist noch mehr: Die Kommunalwahl, das sei das "Herzstück der Politik", sagt Blume, Söder nennt sie "die wichtigste Wahl überhaupt", die "Keimzelle der Demokratie", sagt Katharina Schulze von den Grünen. Bei keiner anderen Wahl ist die Nähe zwischen Politikern und ihren Wählern so groß.

Den Gemeinderat oder den Bürgermeister kennt man oft noch persönlich. Kommunalpolitiker genießen zwar nur selten bundesweite Bekanntheit, wie die Bundespolitik aber ankommt, das merken sie als erste. Niemand ist so nah an den Menschen dran wie sie, so ihr Ruf. Für die Parteien heißt das: Wer auf kommunaler Ebene gewinnt, legt nicht nur ein Fundament für kommende Wahlen, sondern beweist vor allem seine Bürgernähe. Genau die hat sich die CSU mit ihrem neuen alten Motto "Nah am Menschen" wieder zum großen Ziel gemacht. Ob sie es erreicht hat, dafür ist auch das Ergebnis der Kommunalwahl am 15. März ein Gradmesser.

Die CSU tritt flächendeckend an mit 40 300 Kandidaten. Am Montag ist aber vor allem ein Wunsch zu spüren: die Erwartungen niedrig halten. Stärkste Kraft bleiben, das sei das Ziel, sagt Generalsekretär Blume. Und dann vorsichtiger: "Ich werde die Latte nicht höher legen als 2014." 2014, bei der letzten Kommunalwahl, rutschte die CSU landesweit, also bei ihren Stimmanteilen in den kreisfreien Städten und Kreistagen, unter die 40-Prozent-Marke - das schlechteste Ergebnis seit 1960. In den Großstädten verlor sie vier von fünf Oberbürgermeister-Stichwahlen. Schon damals zeichnete sich ein Trend ab, der sich nun verschärft hat. "Die Großstädte sind heute die schwierigste Herausforderung", sagt Söder.

Ihr größter Konkurrent dort seien die Grünen, sagt Blume. Für Nürnberg und München gibt Söder das Ziel aus, es in die Stichwahl zu schaffen. Nicht Dritter werden, darum gehe es für die CSU mittlerweile in den Städten, sagt ein CSU-Vorstandsmitglied. Und darum, einen Spagat zu schaffen und zwar zwischen Stadt und Land. Wie groß der gerade ist, kann fast täglich bei den Demonstrationen der Bauern erlebt werden. Die CSU muss also nicht nur den umweltbewussten Städtern etwas bieten, sondern auch den wütenden Bauern. Erst am Montag fordert Söder vom Bund wieder Nachbesserungen in der Landwirtschaft. Und er sagt einen Satz, an den viele ihre Hoffnung hängen: "Bei Kommunalwahlen wird sehr nach Örtlichkeit entschieden."

Bis jetzt galt bei Kommunalwahlen immer: Es interessiert weniger die politische Großwetterlage als die Situation vor Ort, weniger die Inhalte als die Personen. Jetzt aber stellt Gemeindetagspräsident Brandl fest: "Es geht weniger um Personen, als um inhaltliche Aussagen." Ein Umstand, der den Grünen in die Karten spielen dürfte, die in vielen Gemeinden zum ersten Mal eine Liste aufstellen. Nicht nur die Grünen treten dieses Jahr in vielen Kommunen zum ersten Mal an, sondern ungezählte weitere Gruppierungen. So viele, dass Blume von einer "Explosion der Listen" spricht. Die Wahrnehmung werde dadurch schwieriger, beklagt Städtetagspräsident Kurt Gribl. Dazu kommt, dass dem Gemeindetag zufolge etwa die Hälfte aller Amtsinhaber nicht mehr antritt. Deggendorfs Landrat Christian Bernreiter, Präsident des Landkreistags, ist überzeugt, dass "Amtsinhaber wiedergewählt werden". Nur: Was ist mit dem Rest?

Deswegen also die Frage an Blume: "Machen Sie sich etwa Sorgen?" Der Eindruck trüge. "Sie hören da keine Sorge heraus, Sie hören Ernsthaftigkeit", sagt Blume.

© SZ vom 21.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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