Mitten in Bayern:Der Minister lädt zum Trinkgelage

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Trinken für die Wissenschaft: Innenminister Herrmann lädt zum fröhlichen Zechen. (Foto: dpa)

Im bayerischen Innenministerium wird bald gezecht, keiner soll nüchtern heimgehen. Ist Minister Joachim Herrmann verrückt geworden? Ganz und gar nicht!

Kolumne von Johann Osel

Der politische Betrieb kennt ja das landläufig gerne verspottete Phänomen der "Fress- und Sauftermine". Eingeweiht, geehrt und verkündet wird vom Gemeinde- bis zum Landtag allenthalben etwas, zudem wird in Dauerschleife debattiert und verhandelt. Unter Begleitung von schmackhaften Buffets und abendlichen Diners sowie unter Zuhilfenahme des einen - oder auch des anderen - Getränkes gelingt das umso besser. Blickt man auf den straffen 18-Stunden-Tagesplan zum Beispiel eines Ministers, dann sei die Verpflegung vergönnt.

Auf den ersten Blick aber hat es Innenminister Joachim Herrmann jetzt übertrieben: Er hat für Montagabend landespolitische Journalisten ins Ministerium eingeladen, und zwar ausschließlich zum fröhlichen Zechen. Keiner solle bei diesem Trinkgelage nüchtern heimgehen - und darüber, dass Wein und Bier wirklich ordentlich anschlagen, will man von einem Alkoholtestgerät Auskunft erbeten!

Nun ist das eben nur der flüchtige Blick auf die Einladung. Tatsächlich handelt es sich um einen wissenschaftlich begleiteten Trinkversuch, den das Ministerium für die Presse abhält. Ziel ist, die Auswirkungen von Alkohol auf Reaktionsfähigkeit und Fahrtüchtigkeit aufzuzeigen. Mit ernstem Anlass: 2018 wurden bei Unfällen unter Alkoholeinfluss in Bayern 62 Menschen getötet. Betrunken Fahren gilt neben hoher Geschwindigkeit als Hauptursache von Unfällen im Straßenverkehr. Der Versuch soll zeigen, welche Auswirkungen schon geringe Mengen haben, das werde oft unterschätzt.

Die Probanden sollen ein Pensum festlegen, ihren Alkoholwert schätzen - und sie werden womöglich überrascht. Im Medizin- und Jurastudium gibt es derlei Experimente mancherorts im Lehrplan; ebenso ein aufklärerisches Konzept für Schulen und Jugendarbeit, es beinhaltet etwa Konzentrationsübungen vor und nach dem Trinken oder gefilmte Rollenspiele.

Klingt sinnvoll, auch im Fall des Ministeriums - schließlich werden da Multiplikatoren für das Thema sensibilisiert. Definitiv widerlegt werden dürfte natürlich die These von Herrmanns Vorgänger Günther Beckstein. 2010 hatte der damalige Ministerpräsident zum Entsetzen und Gaudium des Landes festgestellt: Ein "gestandenes Mannsbild" könne nach zwei Maß Bier durchaus noch hinters Steuer.

© SZ vom 25.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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