Landtagswahl 2023:"Wir sind der linke Motor"

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Die Grüne Jugend geht mit eigenen Aktionen in den Endspurt im bayerischen Landtagswahlkampf - wie am Wochenende in Erlangen. (Foto: Sophie Burkhart)

Die Grüne Jugend Bayerns fährt im Wahlkampf ihre eigene Kampagne und setzt den Fokus auf soziale Gerechtigkeit - und distanziert sich in Teilen klar von der Mutterpartei.

Von Sophie Burkhart

Der Beşiktaş-Platz in Erlangen am Nachmittag: Eine Gruppe junger Menschen malt mit Pinsel und Farbe ein großes Bild auf die Pflastersteine. Zwei Wochen vor der Landtagswahl macht die Grüne Jugend (GJ) auf diesem Weg in der Erlanger Innenstadt noch einmal auf ihre Kampagne "Bayern, kannst du gerecht?" aufmerksam. Passanten bleiben stehen und betrachten das Geschehen genauer. "Ich war neugierig wegen der Musik und der jungen Leute hier", sagt einer von ihnen. "Sie sind involviert in einen politischen Prozess, das finde ich gut."

Die Jugendorganisation der Grünen fährt in diesem Wahlkampf ihre eigene Kampagne - aber warum eigentlich? Sind sich Jugendorganisation und Mutterpartei etwa nicht mehr ganz grün? Drei GJ-Mitglieder malen gerade am Kreidebild. "Wir sind bei unseren Positionen konsequenter als die Grünen. Mir persönlich sind die Grünen manchmal zu kompromissbereit", sagt eine von ihnen und gestikuliert dabei mit dem Pinsel in der rechten Hand. Sie wünscht sich von den Grünen stärkere rote Linien und kein Aufweichen der eigenen Ziele. Das Problem sei, dass die Grünen immer zu schnell aufgäben. "Dass die Grünen noch immer so naiv sind und glauben, Politik im grünen Sinne sei mit der CDU/CSU oder FPD im Bund möglich", sagt sie weiter und schüttelt den Kopf. "Wir kämpfen schon zusammen", sagt eine andere Teilnehmerin. "Aber wir sind der linke Motor der Grünen."

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Das Verhältnis sei "freundschaftlich und fair", sagt GJ-Sprecherin Katharina Sparrer. Aber es gebe inhaltlich einige Konfliktpunkte, die immer mal wieder "hochkämen". Der Fokus der Kampagne der GJ liege auf sozialer Gerechtigkeit. "Wir fordern gezielt soziale Gerechtigkeit und verfangen uns weniger in kleineren, herausgelösten Themen wie die Grünen, die im Wahlkampf einen starken familienpolitischen Schwerpunkt setzen", erklärt sie weiter. In den vergangenen Debatten sei vor allem die Zustimmung zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ein Konfliktpunkt gewesen. "Wenn wir zum Beispiel im Bereich Migration merken, dass sich Positionen verschieben, dann ist das schon besorgniserregend", fügt GJ-Sprecherin Eva Konen hinzu. Ihr Eindruck: Das beeinflusse auch die Stimmung in der Partei. "Ich weiß, dass Menschen austreten", sagt Konen. Es gebe einzelne, für die das sehr, sehr schwer sei, aber auch viele andere, die dadurch sehen würden, dass es sich zu kämpfen lohne. "Ich habe nicht das Gefühl, dass die Frustration lähmt, sondern dass sie bestärkt und aktiviert", schildert sie.

Auch der Abriss des Weilers Lützerath für den Braunkohleabbau in Nordrhein-Westfalen sitze noch tief. Die Grünen hätten dazu beigetragen, dass "Konzerninteressen statt Gemeinwohlinteressen" gewonnen hätten, sagt Sparrer. Ein Teilnehmer der Malaktion war beim Protest in Lützerath dabei; es sei dort Frust aufgekommen. "Man war so kurzsichtig und wollte unbedingt Regierungsbeteiligung haben, obwohl man wusste, dass die CDU nicht am gleichen Strang zieht", urteilt er.

Die GJ hatte außerdem einen kostenlosen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Bayern gefordert. "Die Forderung der Grünen Jugend, den Nahverkehr für alle kostenlos zu machen, haben wir bei aller Sympathie aus Kostengründen abgelehnt. Schließlich wollen wir auch die Qualität und Taktfrequenz von Bus und Bahn massiv ausbauen", sagte Thomas von Sarnowski, Parteivorsitzender der Grünen Bayerns, vor Kurzem. Über die großen Ziele sei man sich jedoch einig: ein nachhaltiges, soziales, gerechtes und weltoffenes Bayern in einem friedlichen und demokratischen Europa. Und für das große Engagement der jungen Mitglieder jetzt im Wahlkampf sei man sehr dankbar, sagte von Sarnowski.

"Wir haben einen Antrag für kostenlosen ÖPNV gestellt, ja. Der hat nicht gewonnen. Es ist ganz normal, dass es innerhalb der Partei unterschiedliche Meinungen gibt. Es ist ein normaler politischer Konflikt", sagt ein GJ-Mitglied dazu. GJ-Sprecherin Eva Konen fasst zusammen: "Wir haben ein eigenständiges Interesse daran, in der Politik mitzuwirken."

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