Haushalt:Zehn Milliarden für Bayerns Kommunen

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  • Exakt 10,29 Milliarden Euro werden die Kommunen 2020 vom Freistaat über den Finanzausgleich erhalten. Das sind 316,4 Millionen mehr als in diesem Jahr.
  • Damit ist der Finanzausgleich auf einem Rekordhoch. Finanzminister Albert Füracker macht deutlich, dass die Spielräume damit weitgehend ausgeschöpft seien.
  • Zufrieden sind die Vertreter von Städten und Gemeinden jedoch nicht. Sie bemängeln unter anderem Zusatzausgaben, die durch Gesetze des Bundes entstehen.

Von Wolfgang Wittl, München

Es ist viel von Schulterschluss die Rede am Donnerstag im Finanzministerium, und das liegt nicht nur daran, dass die acht Herren wie die Hühner auf der Stange nebeneinander sitzen. Jeder will mit dabei sein, wenn die Ergebnisse der stundenlangen Verhandlungen verkündet werden. Zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte des Freistaats reißt der kommunale Finanzausgleich die Rekordmarke von zehn Milliarden Euro.

Doch obwohl mit Ausnahme von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) alle Anwesenden der CSU angehören, geht es von der Schulter abwärts ziemlich zur Sache. Nahezu jeder fährt die Ellbogen aus - ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Zeiten trotz Rekordeinnahmen härter werden. Auf einen gemeinsamen Nenner können sich die Herren immerhin verständigen: Der Bund müsse finanziell stärker in die Verantwortung genommen werden.

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Exakt 10,29 Milliarden Euro werden die Kommunen 2020 vom Freistaat über den Finanzausgleich erhalten, berichtet Finanzminister Albert Füracker, 316,4 Millionen mehr als in diesem Jahr. Zähle man alle Leistungen zusammen, kämen die Kommunen sogar auf 16,9 Milliarden Euro. Das ist etwa jeder vierte Euro aus dem Staatshaushalt. Füracker listet auf, wie gut es den bayerischen Städten und Gemeinden, Bezirken und Landkreisen gehe: Bei 22,9 Prozent liege die Investitionsquote und damit neun Prozent über dem Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer.

Die Schuldenquote der Kommunen sei deutlich niedriger als die des Freistaats, ihre Investitionsquote erheblich höher. Nicht vergessen dürfe man die 800 Millionen Euro aus dem Bund, die durch den Wegfall der erhöhten Gewerbesteuerumlage allesamt an die Kommunen fließen. "Die Spielräume sind damit weitgehend ausgeschöpft", sagt Füracker. Die Botschaft des Finanzministers ist klar: Das muss reichen!

Die Trennlinie verläuft zwischen den Vertretern der Staatsregierung auf der einen und den Chefs der kommunalen Spitzenverbände auf der anderen Seite. Innenminister Joachim Herrmann schwärmt vom "kommunalfreundlichsten Haushalt aller Länder", der geradezu "phänomenal" sei. Josef Zellmeier, oberster Haushälter des Landtags, lobt einen "sehr guten Finanzausgleich". Hubert Aiwanger freut sich vor allem über ein Prestigeprojekt seiner Freien Wähler. 150 Millionen Euro stellt der Freistaat den Kommunen für die Kosten durch die Straßenausbaubeitragssatzung zur Verfügung, 85 Millionen davon als Pauschale, die somit um 50 Millionen Euro ansteigt. Er sei begeistert, in welch kollegialer Atmosphäre man zu einem Konsens gekommen sei, flötet Aiwanger. "Alle sitzen zufrieden da, jeder hat Verständnis für den anderen."

Nun, sagt Gemeindetagspräsident Uwe Brandl, das sei schon richtig: Spitzenwerte überall. Aber Zufriedenheit? "Wenn man als Politiker zufrieden ist, wird's gefährlich." Die 800 Millionen Euro aus der Gewerbesteuerumlage etwa hätten nichts mit dem Freistaat zu tun, das sei das "ureigene Geld" der Kommunen, da reagiere er "allergisch". Es lohne der Blick aufs Detail, sagt Brandl. Man verzeichne ja nicht nur Rekordeinnahmen, sondern auch Rekordausgaben, ergänzt Landkreistagspräsident Christian Bernreiter: Die Zeit, in der man Wohltaten mit dem Füllhorn ausschütte, gehe allmählich zu Ende.

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Auch wegen der "großen Investitionen des Freistaats in den zurückliegenden Monaten" seien "wenig Spielräume für brennende Themen der Kommunen vorhanden", sagt Bernreiter. Das ist durchaus als Kritik an der expansiven Ausgabenpolitik von Ministerpräsident Markus Söder und seinem Stellvertreter Aiwanger zu verstehen. Bernreiter lobt, dass das dringend benötigte Geld für den Hochbau - Schulen und Kindergärten - von 550 auf 600 Millionen erhöht wird. Allerdings geschehe dies nicht durch staatliche, sondern durch die Umschichtung kommunaler Mittel.

Auch die Ausweitung der Schlüsselzuweisungen um gut 150 Millionen auf erstmals mehr als vier Milliarden Euro ist den Kommunen wichtig. Es ist Geld, das sie eigenverantwortlich einsetzen können - ein wichtiger Faktor, sollten die Steuereinnahmen zurückgehen. Städtetagspräsident Kurt Gribl, der Verhandlungsführer, bezeichnet das Ergebnis zwar als akzeptabel, bilanziert aber nüchtern: "Der kommunale Finanzausgleich 2020 bleibt hinter den Erwartungen zurück." Hatten sich die Spitzenverbände mehr erhofft vor den Kommunalwahlen im März? Es ist der niedrigste Anstieg seit fünf Jahren. Aber: 2010 betrug der Finanzausgleich noch 6,8 Milliarden Euro. Dass der Staat sich "als allumfassender Versorger" verstehe, werde auf Dauer nicht funktionieren, warnt Bernreiter.

Einig sind sich die acht Herren, dass der Bund nicht Gesetze verabschieden dürfe und Länder und Kommunen mit den Folgekosten sich selbst überlasse. Allein durch Inklusion und Pflege kämen auf Bayern Zusatzausgaben von 150 Millionen Euro zu, rechnet Franz Löffler vor, der Sprecher der Bezirke. Er sagt: "Wer anschafft, muss auch zahlen." In diesem Punkt hat Füracker den Rückhalt der gesamten Runde: Man werde im Bund gemeinsam um mehr Geld kämpfen.

© SZ vom 22.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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