Denkmalpflege:"Es ist alles da, was klimaresistente Gebäude heute brauchen"

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Matthias Zink hat das ehemalige Zollhaus der Rothenburger Landhege saniert. (Foto: Matthias Zink)

In der Alten Münze wurde die Bayerische Denkmalschutzmedaille an Persönlichkeiten und Gemeinden für ihren Einsatz zum Erhalt historischer Gebäude vergeben - und erstmals auch für Klimaschutz und Nachhaltigkeit.

Von Hans Kratzer

Menschen, die ein Baudenkmal sanieren, sind keinesfalls zu beneiden. Mag das alles auch freiwillig geschehen, so ist es dennoch ein mühsames Geschäft, das einem einen Haufen Energie raubt, von der Finanzierung ganz zu schweigen. Matthias Zink hat sich diese Mühe gemacht und das ehemalige Zollhaus der Rothenburger Landhege in Ohrenbach (Landkreis Ansbach) saniert. 2013 hatte der heute 41-Jährige das marode Gebäude erworben. Acht Jahre lang haben er und seine Familie das Bauwerk dann denkmalverträglich instandgesetzt. 12 700 Stunden Eigenleistung hat der Bauherr aufgebracht, damit das Gebäude nun wieder in seinem historischen Erscheinungsbild glänzen kann. Für diese Leistung wurde Zink in München mit der Bayerischen Denkmalschutzmedaille ausgezeichnet.

Für die bayerische Denkmalpflege war der vergangene Sonntag in jeder Hinsicht ein historischer Tag. Nicht nur, weil beim Festakt in der Alten Münze insgesamt 18 Denkmalschutzmedaillen überreicht wurden. Sondern auch, weil die Feierlichkeit genau am 50. Jahrestag der Verabschiedung des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes über die Bühne ging. Am 25. Juni 1973, also mitten in einer Zeit der Abrisseuphorie, wurde damals dem Denkmalschutz wie auch der Denkmalpflege ein neuer Stellenwert zugewiesen.

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Kein Wunder, dass bei so einem Anlass auch der Himmel lachte. Der Innenhof der Alten Münze gleißte im schönsten Sonnenlicht, auf die Besucherschar perlten die Rhythmen einer beschwingten Musik hernieder, der allgemeinen Glückseligkeit stand für wenige Stunden nichts im Wege. Zumal dieser Ort ja selber ein herausragendes Denkmal ist. Im 16. Jahrhundert als Kunstkammergebäude für Herzog Albrecht V. errichtet, wurde es später zum Hauptmünzamt umgebaut, heute dient es als Hauptsitz des Landesamts für Denkmalpflege. Es gibt also kaum einen würdigeren Rahmen für eine solche Veranstaltung als diesen Innenhof, der in den kommenden Wochen auch als Ausstellungsort ("Moment mal - Denkmal!", 1. Juli bis 10. September) und als Kulturbiergarten genützt werden wird. Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege wird das 50. Jubiläumsjahr des Denkmalschutzgesetzes hier mit vielen Veranstaltungen und Vorträgen feiern.

Die Denkmalschutzmedaille wird alljährlich an Persönlichkeiten und Gemeinden vergeben, die sich in herausragender Weise für die Denkmalpflege engagieren. Mag die Denkmalpflege von vielen als Störfaktor betrachtet werden, so herrscht in Bayern trotzdem viel Betrieb auf dieser Baustelle. 110 000 Baudenkmäler und 45 000 Bodendenkmäler sind im Freistaat registriert - das sind immer noch beeindruckende Zahlen, denn es wird im Land ja ständig kaputtsaniert, weg- und abgerissen, aufgeschürft und weggeschoben.

Kunstminister Markus Blume (CSU) rühmte bei seiner Festrede Bayern als das Land des Denkmals schlechthin. "Unsere reiche Denkmallandschaft ist jedoch keine Selbstverständlichkeit, sondern auch das Ergebnis des herausragenden Engagements von einzelnen Persönlichkeiten", sagte er.

Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde St. Sebald in Nürnberg wurde für die Instandsetzung und Umnutzung des St. Sebalder Pfarrhofs mit der Denkmalschutzmedaille ausgezeichnet. (Foto: Oliver Heinl/DSM 2023)

Es liegt in der Natur der Sache, dass im Ringen um einen Konsens auf dem Denkmalsektor viel gestritten wird. Sogar unter Fachkollegen driften die Meinungen oft weit auseinander, was auch Matthias Pfeil, der Generalkonservator des Landesamts für Denkmalpflege, in seiner Rede nicht in Abrede stellte. Er gab ehrlich zu, "dass es hier und dort hakt". Altes zu bewahren, es mit Normen und baurechtlichen Vorgaben in Einklang zu bringen, das sei nicht leicht "und die vielen Behörden und auch wir machen ihnen das Leben nicht immer einfacher". Dass Denkmalschutz trotzdem gelingen könne, hätten die Geehrten mit Bravour gezeigt.

Minister Blume äußerte sich augenzwinkernd besorgt über die Folgen solchen Tuns. Er sah im Publikum manche sitzen, die fast noch gezeichnet von der Mühe seien, was ihn - auch angesichts des Besorgnis erregenden Haarausfalls mehrerer Preisträger - veranlasste, die Denkmalschutzmedaille eine "Tapferkeitsmedaille" zu nennen.

Die Medaille wurde in diesem Jahr erstmals auch für Klimaschutz und Nachhaltigkeit bei Denkmalsanierungen vergeben. Generalkonservator Pfeil zeigte sich überzeugt davon, dass die Denkmalpflege als Institution, zu deren Gründungsgedanken die Nachhaltigkeit zähle, in Zukunft eine wichtige Rolle spielen werde.

Historische Gebäude, so sagte Pfeil, seien meistens klug gebaut. Er hob die Klimaeffizienz von Baudenkmälern hervor, die oft über Jahrhunderte hinweg genützt würden, richtig zum Wetter hin ausgerichtet seien, massive Mauern besäßen und Mehrschicht-Kastenfenster, vor die noch ein Winterfenster gesetzt werden könne. "Es ist alles da, was klimaresistente Gebäude heute brauchen", sagte Pfeil. "Errichtet aus heimischen, reparaturfähigen Materialien, sind diese Häuser die allerbesten Klimaschützer - und zwar ohne Gesetz."

Hans Well und Sabeeka Gangjee-Well erhielten die Medaille für die Grundsanierung und Instandsetzung des Einfirsthofs in Polling sowie sieben weitere Baudenkmäler. (Foto: Hans Well und Sabeeka Gangjee-Well/DSM 2023)

Nach Meinung der Laudatoren haben die Preisträger gezeigt, dass solche Gebäude durch sachgerechte Modernisierung zu Vorbildern in puncto Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Wohnkomfort werden. "Sie sind Vorbilder für eine moderne, ökologische und kulturell wertvolle Baukonzeption."

So betrachtet, ist Denkmalschutz immer auch politisch. Der Kabarettist Hans Well, der mit seiner Frau Sabeeka Gangjee-Well die Medaille für die Instandsetzung eines Einfirsthofs in Polling sowie weiterer sieben Baudenkmäler erhielt, ergriff als einziger Preisträger das Wort. Er sagte, die Sanierung sei dann ein Leichtes, wenn man von einer Gemeinde gut unterstützt werde. Überdies appellierte er an die Verantwortlichen, den geplanten Abriss des berühmten Studios 2 des Bayerischen Rundfunks an der Münchner Marsstraße zu verhindern und es unter Denkmalschutz zu stellen: "Da wäre dem Gebäude echt geholfen", sagte Well.

Alle Preisträger

Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde St. Sebald: St. Sebalder Pfarrhof Nürnberg; Constanze und Matthias Ermer: Wohn- und Geschäftshäuser, Landkreis Kelheim; Jura Markt Stadel EG: Jurastadel Pittmannsdorf, Landkreis Regensburg; Markt Falkenberg: Burganlage Falkenberg, Landkreis Tirschenreuth; Sandra Schütz und Johannes Maria Haslinger: Rotes Schulhaus, Landkreis Regen; Stadt Karlstadt: Museum der Stadt Karlstadt, Landkreis Main-Spessart; Stadt Stadtprozelten: Altes Rathaus und Errichtung eines barrierefreien Anbaus, Landkreis Miltenberg; Stadt Wunsiedel: Felsenkeller, Kellergasse am Katharinenberg, Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge; Claudia und Stephan Merkl: Pschorrstadl, Landkreis Fürstenfeldbruck; Martina und Bernhard Nöbauer: Bauernhaus Jostnhof, Landkreis Passau; Friedrich Graf von Rechteren Limpurg und Cosima Gräfin von Rechteren Limpurg: Schloss Sommerhausen, Landkreis Würzburg; Verein Zeitreise Gilching: Engagement in der Erforschung und Vermittlung von Archäologie, Landkreis Starnberg; Oberfrankenstiftung: Förderungen im Bereich der Denkmalpflege in Oberfranken; Judith Spindler und Horst Traudisch-Spindler: Bauernhaus, Landkreis Ostallgäu; Hans Well und Sabeeka Gangjee-Well: Einfirsthof (ehemaliges Wohnhaus des Pollinger Klosterbraumeisters) sowie sieben weitere Baudenkmäler, Landkreis Weilheim-Schongau; Matthias Zink: Zollhaus der Rothenburger Landhege, Landkreis Ansbach; Gerhard Hilpert: Engagement in der Bodendenkmalpflege, Landkreis Main-Spessart; Birgitta Ringbeck: Engagement für die bayerischen Kulturerbestätten der Unesco-Welterbeliste.

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