Demonstrationen gegen rechts in Bayern:"Lieber kunterbunt als kackbraun"

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In Würzburg, Aschaffenburg und Nürnberg wurde gegen rechts demonstriert - wie auch in Erfurt (im Bild) und in vielen anderen deutschen Städten. (Foto: Jacob Schröter/dpa)

Tausende Menschen haben am Wochenende in bayerischen Städten gegen rechts demonstriert. Es kamen deutlich mehr Teilnehmer als erwartet.

In großen wie in kleinen Städten, von Aschaffenburg bis Bad Tölz: Bayernweit haben am Wochenende nach Polizeieinschätzung mehr als 130 000 Menschen ein Zeichen für Zusammenhalt und Toleranz in der Gesellschaft gesetzt. Bei Demonstrationen wie in München, Nürnberg, Würzburg und Regensburg wandten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gegen Ausgrenzung und Extremismus.

Der Protest richtete sich auch gegen die AfD, die unter anderem in Bayern durch den Verfassungsschutz beobachtet wird. In der Landeshauptstadt war der Andrang so groß, dass der Veranstalter die Demo nach Absprache mit der Polizei nach rund einer Stunde beendete. Die Sicherheit der Teilnehmer sei nicht mehr zu gewährleisten, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag. Der Veranstalter sprach von rund 250 000 Protestierenden, die Polizei von mehr als 100 000. Mitte der Woche hatte die Stadt noch mit 10 000 bis 20 000 gerechnet.

Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Demonstrationen warben mit selbst gestalteten Plakaten für ein Miteinander in Deutschland. "Björn Höcke ist ein Nazi", "Lieber kunterbunt als kackbraun", "Stoppt die Brandstifter" war etwa zu lesen. Die Demonstrierenden in Nürnberg wandten sich eindeutig gegen rechts. Sprechchöre riefen: "Ganz Nürnberg hasst die AfD!"

Das Bündnis Nazistopp hat zu der Kundgebung in Nürnberg unter dem Motto "Jetzt! Kein Fußbreit den Faschist:innen!" aufgerufen. Nach Polizeiangaben kamen etwa 15 000 Menschen, darunter viele Familien. Erwartet worden waren um die 1000 Teilnehmer. Damit alle Platz hatten, sperrte die Polizei Straßen um den Demonstrationsort. Der Veranstalter sprach von mindestens 20 000 Menschen. "Die ganze östliche Innenstadt von Nürnberg ist voll", sagte ein Sprecher des Bündnisses Nazistopp.

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Deutschlandweit gingen allein am Samstag Hunderttausende auf die Straßen, in Nürnberg kamen nach Polizeiangaben etwa 15 000 Menschen zusammen. In Würzburg zählte die Polizei bis zu 3000 Menschen, in Aschaffenburg etwa 800. In Bamberg nahmen unter dem Motto "Demokratie verteidigen" laut Polizei rund 6000 Menschen teil, in Regensburg am Sonntag mindestens 3000.

Auslöser der Proteste ist ein Bericht des Medienhauses Correctiv aus der vergangenen Woche über ein bis dahin nicht bekanntes Treffen von Rechtsradikalen in einer Potsdamer Villa vom 25. November. An dem Treffen hatten auch mehrere AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion teilgenommen. Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte dort nach eigenen Angaben über "Remigration" gesprochen. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang.

Der Holocaust-Überlebende Ernst Grube sagte in Nürnberg, als er von dem Treffen in Potsdam gehört habe, sei er entsetzt und aufgewühlt gewesen. "Meine Familie wurde verfolgt." Er selbst habe das Konzentrationslager Theresienstadt überlebt. Zu den Plänen der an dem Treffen beteiligten Rechtsradikalen sagte Grube: "Es ist ein Angriff auf Millionen Menschen."

Bereits in den vergangenen Tagen gingen Tausende Menschen in deutschen Städten auf die Straße. Häufig beteiligten sich deutlich mehr Menschen an dem Protest als von den Veranstaltern angemeldet worden waren. Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, begrüßte die Kundgebungen. "Ich bin wirklich erfreut, dass die Mitte der Gesellschaft aufsteht", sagte er der Augsburger Allgemeinen.

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Von Isabel Bernstein, Martin Bernstein, David Costanzo, Barbara Galaktionow, Jana Jöbstl, Karin Kampwerth, Bernd Kastner, Martin Moser, Katja Schnitzler, Lisa Sonnabend und Stefanie Witterauf

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