Laschet beim CSU-Parteitag:Söders neue Herzlichkeit kommt zu spät

Lesezeit: 2 min

Applaus für den gemeinsamen Kandidaten, auch Söder klatscht für Laschet. Allerdings hat er ihn wohl schon zu lange wie einen Konkurrenten behandelt. (Foto: Getty Images)

Bisher konnte sich die CSU nicht aufraffen zu einer echten Unterstützung des CDU-Kandidaten Laschet. Das hat der Union schweren Schaden zugefügt - der Jubel-Parteitag von Nürnberg kann den nicht beheben.

Kommentar von Roman Deininger

Die politische Philosophie war nie das favorisierte Wirkungsfeld des bekennenden Machtpraktikers Markus Söder, was ihn natürlich nicht davon abgehalten hat, auch dort Spuren zu hinterlassen. Von Söder stammt etwa die These, womöglich sogar die Einsicht, dass es in einem Wahlkampf wenig Schlimmeres gebe als ein "kontaminiertes politisches Grundwasser".

Geprägt hat er den Begriff in Bezug auf den bayerischen Landtagswahlkampf 2008, in dem die Verletzungen, welche die unschöne Trennung von der Langzeitführungskraft Edmund Stoiber nach sich zog, sowohl auf die Wähler als auch die Mitglieder der CSU toxisch wirkten. Wenn erst mal Gift drin ist, kriegst du das Wasser nicht mehr sauber, so durfte man Söder wohl verstehen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der damalige Europaminister seine Partei überdies vor einem "Schlafwagenwahlkampf" warnte.

Am Wochenende hat die CSU auf ihrem Nürnberger Parteitag die ganz große Kläranlage angeschmissen, eine ehrenwerte Aktion, deren letztliche Vergeblichkeit allerdings vorher feststand. Das Grundwasser der Union im Bundestagswahlkampf 2021 ist kontaminiert, seit der CSU-Chef Söder und sein CDU-Kollege Armin Laschet sich im April einen erbitterten Kampf um die Kanzlerkandidatur lieferten. Das Verfahren zur Entscheidung der K-Frage war so intransparent und so wenig überzeugend, dass auch das Ergebnis mit einem Makel behaftet ist, bis heute. Die Union besteht derzeit aus zwei Parteien, die beide nicht mit sich im Reinen sind.

Neben der CSU leiden ja auch weite Teile der CDU unter einem bestürzenden Mangel an Begeisterung für den eigenen Kandidaten. Auch viele Christdemokraten fragen sich inzwischen, was genau wohl die Strategie des alten Strategen Wolfgang Schäuble gewesen sein könnte, als er Laschet im April gegen die gefühlte Mehrheit der eigenen Partei durchsetzte. Wahlkämpfer in CDU wie CSU müssen eine Entscheidung vertreten, mit der sie hadern, nach jeder Schockumfrage noch ein bisschen mehr. Dass das schwerfällt, kann man etwa im Fall des CSU-Mitglieds Markus Thomas Theodor Söder durchaus verstehen. Menschliche Verletzung und politische Differenz befreien aber gerade einen Parteichef nicht von der Verantwortung für das große Ganze.

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Söders Unterstützung für Laschet ist bis zu diesem Parteitag formal geblieben. Ja, seine CSU hat genug Plakate aufgehängt, ja, er hat die nötigen Bekenntnissätze gesagt. Aber er hat diese Sätze auch so gut wie immer mit der ihm eigenen Ironie gebrochen oder zumindest relativiert. Er hat nicht ernsthaft versucht, zu einer glaubhaften Erzählung zu finden, warum er Laschet trotz mancher Bedenken unbedingt als Kanzler sehen will. Dabei wäre das wahlstrategisch auch im Interesse der CSU gewesen. Söder gilt mit einigem Recht als Großmeister der Inszenierung - doch zu dieser Pflichtarbeit hat er sich nicht aufraffen können.

Bis jetzt. Natürlich ist es hilfreich, dass Söder und seine Parteifreunde am Samstag im Umgang mit dem Gast aus NRW neue Herzlichkeit und beinahe rauschhafte Disziplin bewiesen. Natürlich ist es auch hilfreich, dass Laschet am Samstag eine Rede hielt, die sich selbst für gehobene CSU-Standards nach Wahlkampf anhörte. Nicht ausgeschlossen, dass manche Delegierte bass erstaunt heim in den Wahlkreis kabelten: Der ist gar nicht so schlimm! Es ist allerdings gar nicht hilfreich, dass all das erst zwei Wochen vor der Wahl gelungen ist. Das Gift ist schon viel zu lang im Wasser, sie kriegen es nicht mehr raus.

© SZ.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSöder und Laschet beim CSU-Parteitag
:Sie ertragen sich

Kann ein Vormittag alles geraderichten, was seit Monaten verrutscht ist? Beim CSU-Parteitag in Nürnberg demonstrieren Laschet und Söder Geschlossenheit. Und die Delegierten wirken, als wollten sie alles, was vorher war, einfach wegklatschen.

Von Roman Deininger und Andreas Glas

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: