Förderprojekt:100 000 neue Fahrradparkplätze an Bahnhöfen

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Schrobenhausen ist bereits gut aufgestellt bei Radständern und will noch mehr errichten - die werden aber gern mal zweckentfremdet. (Foto: Johann Osel)

An vielen bayerischen Bahnhöfen herrscht ein massiver Mangel an Fahrradstellplätzen. Wie sich das vom kommenden Jahr an ändern soll.

Von Johann Osel, München

Suchen und fluchen. Diese Szene lässt sich besonders morgens an vielen Bahnhöfen in Bayern beobachten. Pendler, die mit dem Fahrrad zum Zug kommen, beklagen oft einen Mangel an Abstellmöglichkeiten; nicht selten gibt es lediglich chaotische Haufen, Räder sind nicht anschließbar und damit akut diebstahlsgefährdet. Falls Ständer oder gar richtige Parkanlagen vorhanden sind, reichen diese selten aus - oder sind nicht überdacht, dann kommt bei der Rückkehr noch der Groll über nasse Hinterteile dazu, gerade in der jetzigen Jahreszeit. Motto: Park & Ärger. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) hat mal bundesweit Abstellmöglichkeiten getestet und bilanzierte die Situation auf den Punkt: "Horrorstory".

Nun aber tut sich langsam etwas, und im kommenden Jahr soll das Thema einen großen Schub erhalten. Im September war im oberfränkischen Hof als "Deutschland-Premiere" die erste Parkanlage im Rahmen einer neuen Förderstrategie eingeweiht worden. "Rad- und Bahnfahren ergänzen sich und sind gemeinsam die klimafreundlichste Form der Mobilität", heißt es bei der Deutschen Bahn. Gemeinsam mit dem Bundesumweltministerium bezuschusst und organisiert sie stringent die Errichtung neuer Anlagen, Kommunen können die Teilnahme beantragen.

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Das Ziel bis zum Jahr 2022 deutschlandweit: 100 000 zusätzliche kommunale Abstellplätze an Bahnhalten. In Bayern war bisher der Rücklauf mit Abstand am höchsten. Wie ein Sprecher der Bahn auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung mitteilt, haben bundesweit 358 Kommunen Projekte für ihre Bahnhöfe angemeldet. 133 davon kommen aus Bayern - das ist mehr als ein Drittel; es gibt Interesse quer durchs Bundesland, von Piding im Berchtesgadener Land bis Aschaffenburg in Unterfranken.

Auf die Anträge folgt ein "Prüflauf, ob und wie vor Ort eine Realisierung möglich ist", heißt es bei der Bahn - und welches Modell es denn sein soll, mit Dach oder ohne, welche Größe, auch doppelstöckige Anlagen sind im Portfolio. 40 Prozent zahlt dann der Bund; vom Freistaat Bayern können die Kommunen außerdem noch eine zusätzliche Förderung beantragen. Derzeit seien die meisten Projekte in Genehmigungs- und Planungsphasen, noch hindert laut Bahn der Winter eine rege Bautätigkeit. Hinzu kommt, dass die Bauprojekte nicht nur bewilligt und organisiert werden, sondern in Kommunen durch Gremien gehen müssen, wie Bau- und Finanzausschüsse.

In Stadträten müssen übrigens auch, wie man hört, mitunter Bedenkenträger überzeugt werden - ob die modernen Parkstationen nicht zu überdimensioniert seien, ob es das denn überhaupt brauche, das sind klassische Einwände. Das alles lähmt die Umsetzung. Aber schon im Frühjahr, so der Bahn-Sprecher, werden auch in Bayern viele neue "Bike and ride"-Anlagen eröffnen. Ob die anvisierten 100 000 Plätze den Bedarf decken, ist umstritten.

Die Nachfrage liegt wohl auch daran, dass das Thema Rad-Bahn-Pendeln über die Jahrzehnte weder von den meisten Gemeinden noch der Bahn mit sonderlicher Verve forciert wurde - obwohl es auch schon vor dem Bundesprogramm Fördermittel des Freistaats abzurufen gab. Der Nachholbedarf ist enorm und wird aktuell angesichts teurer E-Bikes noch größer. Diese will man kaum ungesichert in einem anarchistischen Parkhaufen stehen lassen.

An gut der Hälfte der Bahnhöfe besteht Bedarf an weiteren Stellplätzen für Räder, bei 17 Prozent wäre sogar ein Fahrradparkhaus angebracht, hat in einer Befragung Ende 2018 die Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen in Bayern ermittelt. Hemmnisse für die Errichtung von Fahrradabstellplätzen sind demnach neben der Finanzierung und langwierigen Abstimmungsprozessen vor allem das Fehlen geeigneter Flächen. Generell wünschten sich Kommunen mehr Unterstützung und Informationen. Das geschieht jetzt durch das Projekt. Vor allem der Kontakt zur Bahn sei besser deutlich geworden, melden viele Kommunen nun.

Der Freistaat sieht großes Potenzial in der Verbindung der Verkehrsmittel: "Es ist doch praktisch, mit dem Rad zum Bahnhof und dann mit dem Zug weiterzufahren - vorbei an Stau und Parkplatzproblemen", sagt Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU). Daher investiere man gezielt in die Bike and ride-Anlagen. Bayern sei das erste Bundesland, dass die Kombination von Bundesmitteln und Ergänzung über Landestöpfe geregelt habe.

© SZ vom 16.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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