Medizintechnik:Operation mit Roboter

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Die Greifarme des Da-Vinci-Roboters im Einsatz bei einer urologischen OP. Der Operateur ist nicht im Bild: Er sitzt abseits des Tisches an einer Konsole und steuert das Gerät. (Foto: Ulrich Wirth/Universitätsklinikum Augsburg)

Chirurgen am Universitätsklinikum Augsburg nutzen Robotersysteme für Eingriffe an Patienten, die so präziser behandelt werden können und schneller wieder fit sind.

Von Florian Fuchs, Augsburg

Am Ende ist Svetoslav Dyakov ein höflicher Gastgeber, der Leiter der robotischen Urologie am Universitätsklinikum Augsburg lässt Fußballprofi Raphael Framberger vom FC Augsburg nach klarer Führung noch einmal herankommen. Viele Menschen haben sich in der Eingangshalle der Uniklinik versammelt, sie alle wollen wissen, was so ein Robotik-Operationssystem kann, aber natürlich wollen auch alle das Elfmeterschießen sehen. Dyakovs Sohn hat ein Tor, ein Feld, sogar eine Zuschauertribüne aus Legosteinen gebaut, darauf liegt nun ein kleiner Ball. Der Oberarzt, in diesem Fall der Profi, und der medizinische Laie Framberger, versuchen den Chirurgie-Roboter so zu steuern, dass die am Greifarm angebrachte Fasszange - ein typisches OP-Instrument - den Ball ins Miniatur-Tor schubst. Das Endresultat lautet 3:3, dank Dyakovs Nachsicht.

Da Vinci heißt das Roboter-Assistenzsystem, von dem inzwischen weltweit mehr als 8600 Exemplare in Operationssälen tätig sind. Alle 13 Sekunden findet ein Eingriff mit solch einem Roboter mit vier Greifarmen statt, die Uniklinik in Augsburg stellt das System am Donnerstag und Freitag in der Eingangshalle der Öffentlichkeit und seinen Patienten vor. In der Urologie, in der Gynäkologie, in der Allgemein-, Viszeral und Transplantationschirurgie nutzen die Augsburger Ärzte das System, das ein exaktes Arbeiten für den Mediziner und einen schonenden Eingriff für den Patienten verspricht. Viele Menschen suchen inzwischen explizit solche Kliniken auf, die eines der 1,6 Millionen Euro teuren Geräte in Betrieb haben. Andere haben Sorge vor der inzwischen gar nicht mehr so neuen Technik. Ihnen will das Uniklinikum die Ängste nehmen. Und es will mit den beiden Aktionstagen schon auch Werbung dafür machen, dass Patienten für roboterunterstützte Eingriffe nicht extra nach München oder Ulm fahren müssen.

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Die Chirurgen operieren mithilfe des Roboters zum Beispiel Menschen, die an Krebs erkrankt sind, ob an der Prostata oder in der Gebärmutter. Wobei Dyakov betont, dass Patienten sich künftig nicht entscheiden müssten, ob sie von einem Chirurgen oder einem Roboter operiert werden wollen. Sie würden von einem Chirurgen operiert, der mit einem Roboter arbeitet. Der von einem US-Unternehmen entwickelte Da Vinci besteht unter anderem aus einer Kontrollkonsole, die nicht unmittelbar am OP-Tisch steht. Dort sitzt der Operateur, der die Operationseinheit bedient, also den Roboter mit den Greifarmen, über je eine Steuereinheit für die rechte und linke Hand sowie über Pedale und einen 3D-Monitor.

Das hat, betonen auch Dyakovs Kollegen Florian Sommer von der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie sowie Thomas Jung von der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtsmedizin, gleich mehrere Vorteile. So können die Ärzte wesentlich präziser arbeiten als direkt am Patienten, mit einem bis zu zehnfach vergrößerten Bild des Operationsgebiets. "Man erkennt Strukturen, die man mit bloßem Auge gar nicht erkennen würde", erläutert Dyakov. Die Greifarme des Roboters haben eine deutlich bessere Beweglichkeit als das Handgelenk eines Menschen, zumal das System Zittern oder ruckartige Bewegungen ausgleichen kann - was vor allem bei Eingriffen wichtig ist, die viele Stunden dauern und so höchst anstrengend für die Chirurgen sind.

Patienten dürfen mit geringen Schmerzen rechnen, mit einem geringen Blutverlust, mit einer exakten Schnittführung und einer schnellen Erholung nach einer Operation. Im Durchschnitt bleiben Patienten in der Urologie fünf Tage weniger auf Station als bei einer konventionellen Operation. Und sie verlassen das Krankenhaus mit einer Narbe, die sich nicht längs über den Bauch zieht, sondern für den Laien auf den ersten Blick kaum zu erkennen ist. Auch Komplikationen sind statistisch deutlich seltener als bei offenen Operationen.

Entwickelt für Soldaten in Krisengebieten

Dyakov erläutert, dass Medizintechniker der US-Armee bereits in den Achtzigerjahren mit der Entwicklung von Robotern starteten, um Soldaten in Krisengebieten ferngesteuert operieren zu können. Die erste roboter-assistierte Prostata-Entfernung der Welt zum Beispiel fand im Jahr 2000 in der Urologie der Universitätsklinik in Frankfurt am Main statt. Inzwischen werden deutschlandweit etwa 65 Prozent aller Prostata-Entfernungen robotisch assistiert operiert, am Universitätsklinikum in Augsburg sind es sogar 75 Prozent.

Dabei entwickeln Ärzte und Techniker das System stetig weiter. Die neueste Generation des Da-Vinci-Roboters habe ein taktiles Feedback, sagt Dyakov. Der Operateur spürt also durch den Controller den Widerstand des Gewebes, durch das er schneidet. "Das ist ein ähnliches Gefühl, als würde man tatsächlich mit der Hand operieren." Geforscht wird auch mit Künstlicher Intelligenz, erste Erfolge in der sogenannten "Telesurgery" gibt es laut Dyakov bereits: Dabei wurden Operationen in China von Operateuren von Europa aus gesteuert.

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