Augsburg:Denkmalpfleger entdecken 1000 Jahre alte Wandmalereien

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De Augsburger Dom wurde mehrfach restauriert. In der Vergangenheit aber wurde die Bedeutung der Wandbilder und ihr Alter noch nicht erkannt. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

Im Augsburger Dom ist ein kunsthistorischer Schatz gefunden worden: Der frühmittelalterliche Bilderzyklus war lange Zeit übermalt. Er ist eine Besonderheit nördlich der Alpen.

Denkmalpflege ist ein Metier, das sich viel zu oft mit kulturhistorischen Verlusten abfinden muss. Manchmal erleben die Denkmalpfleger aber auch positive Überraschungen, etwa wenn plötzlich Dinge ans Tageslicht kommen, von deren Bedeutung man bis dato nichts wusste. Nämliches geschah jetzt im Augsburger Dom, wo bei Untersuchungen im südlichen Querhaus plötzlich ein kunsthistorischer Schatz ins Auge stach. Es handelt sich dabei um Wandmalereien zum Leben und Sterben Johannes des Täufers aus der Erbauungszeit des ottonischen Doms. Sie reichen bis in das erste Jahrzehnt des 11. Jahrhunderts zurück. Dieser Bilderzyklus bildet somit das älteste Zeugnis für die Ausmalung einer frühmittelalterlichen Bischofskirche nördlich der Alpen.

Da die Wandbilder übertüncht waren, blieben sie lange Zeit unsichtbar. Sie wurden zwar bereits in den 1930er-Jahren und dann in den 1980er-Jahren freigelegt, doch wurde damals deren Alter und Bedeutung nicht erkannt. Als man dann bei Restaurierungsmaßnahmen am Dachstuhl im Jahr 2009 auf Wandmalereien aus der Erbauungszeit stieß, warf dieser Fund auch ein neues Licht auf die Bilder im Querhaus. Ein Restaurierungs- und Bauforschungsteam unter der Leitung des Landesamtes für Denkmalpflege konnte sie jetzt erstmalig untersuchen, wobei sie dokumentiert, gereinigt und gesichert wurden.

Weitere Wandgemälde wurden vermutlich bei Feuer zerstört

Trotz der stark in Mitleidenschaft gezogenen Farbflächen wurden zwei Szenen sowie Reste einer dritten gut identifiziert. Erhalten hat sich an der Ostwand die Hinrichtungsszene mit einem thronenden Herodes und der von seinen Jüngern beweinten Enthauptung des Täufers sowie an der Westwand die Grablegung. Die vermutlich an der Südwand angebrachten Szenen der Geburt und Namensgebung Johannes des Täufers wurden wohl im 14. Jahrhundert beim Bau des gotischen Südfensters zerstört.

Kunsthistorisch weist das Dekorationssystem Ähnlichkeiten zu der auf der Unesco-Welterbeliste stehenden Georgskirche in Oberzell auf der Insel Reichenau auf. Generalkonservator Mathias Pfeil, Leiter des Landesamtes für Denkmalpflege, sagte, es handle sich bei den Augsburger Wandmalereien um den neben Oberzell flächenmäßig größten bekannten Zyklus aus der Zeit um 1000 im deutschen Sprachraum. Domkapitular Armin Zürn merkte an, die neuen Erkenntnisse seien Nachweis "für die großartige Gestaltung dieses geistlichen Ortes durch die Jahrhunderte". Im Dachraum sollen weitere Untersuchungen erfolgen. Die Finanzierung übernahmen die Stiftung Beate und Hans Peter Autenrieth, die Siegfried und Elfriede Denzel Stiftung und die Diözese Augsburg.

© SZ vom 10.12.2020 / hak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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