Mitten in Bayern:Schnappschildkröte Lotti, unvergessen

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Auf der Suche nach der Schnappschildkröte "Lotti" wurde 2013 sogar der Weiher abgelassen, in dem das Tier vermutet wurde. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Vor zehn Jahren und im schönsten Sommerloch machte eine "Monsterschildkröte" einen Weiher im Allgäu unsicher. Angeblich jedenfalls: Denn gefunden wurde "Lotti" nie. Vermisst wird sie aber bis heute.

Glosse von Maximilian Gerl

Leicht hat es ja irgendwie niemand heutzutage, aber Freunde exotischer Tiernachrichten müssen ganz besonders stark sein. Vor allem, wenn sie aufs Kalenderblatt schauen. Zehn Jahre ist die Sache schon wieder her! Ach, was waren das noch für Zeiten, als Lotti im Oggenrieder Weiher tauchte und die Menschen den Atem anhielten. Nein, so eine kommt so schnell nicht wieder. Lotti, unvergessen.

Auch im Allgäu haben sie Lotti nicht vergessen. Sogar eine Statue stellten sie in Irsee (Landkreis Ostallgäu) auf für jene Schnappschildkröte, die im August 2013 einem badenden Buben die Achillessehne durchgebissen hatte. Also, soweit man weiß: Fachleute identifizierten die Wunde damals zwar als Schildkrötenbiss, doch die dazugehörige "Monsterschildkröte" wurde nie gefunden, trotz großer Suchaktion. Der Weiher wurde ausgepumpt und eingezäunt. Am Ufer standen Tierfallen und schnüffelten Hunde. Auch eine Hellseherin wurde befragt, so kann man es jedenfalls im Pressearchiv nachlesen.

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Denn rund um den Tümpel hielt ein Medienkorso die Augen auf. Sogar aus dem Ausland reisten die Reporter nach Irsee an, obwohl es bis auf einen trockenen Tümpel nichts zu sehen gab. Dem Mythos tat das keinen Abbruch, im Gegenteil. Phantome, die, statt sich fangen zu lassen, lieber die Obrigkeit an der Nase herumführen, faszinieren spätestens seit Robin Hood. So gesehen war Lotti weniger Füllmaterial fürs Sommerloch, mehr ein herrlich unschuldiges Spektakel. Und eine Möglichkeit, den täglichen Zwängen für einen Moment ins allerschönste Absurdistan zu entfliehen.

Und heute? Ist und bleibt Lotti vermisst. Geneigte Tier-Trash-Connaisseure müssen daher mit ausgebüxten Kängurus und Kühen Vorlieb nehmen. Die sind als Nachricht schon ganz nett, aber ziemlich gewöhnlich und auf der bei zehn endenden Sommerloch-Skala bei eins bis zwei angesiedelt. Große Hoffnung konnte man noch in die Löwin setzen, die kurzzeitig durch Berlin schlich, nur stellte sie sich am Ende als getarntes Wildschwein heraus. Immerhin: In Füssen, also gar nicht weit weg von Irsee, schaffte es jüngst eine Lotte in die Schlagzeilen. War aber nur ein Eselin. Und fangen hat sie sich bei ihrem Stadtspaziergang auch noch lassen. Der echten Lotti blieb so ein schnödes Ende Gott sei Dank erspart.

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