Streng geheim hinter verschlossenen Türen arbeiten Roboter in der Speedfactory in Ansbach an dem perfekten Laufschuh. Wo in anderen Fabriken Nähmaschinen rattern, surren hier Roboter, deren Arme Turnschuhe wie Trophäen halten. Adidas will sich die Vormachtstellung unter den Sportartikelherstellern in der Produktion von Sportschuhen sichern. "Der erste Schuh aus der Adidas Speedfactory wird noch in diesem Jahr vorgestellt", sagt Sprecherin Katja Schreiber.
Mithilfe der Robotertechnik möchte der Sportartikelhersteller die Geschwindigkeit in der Produktion ankurbeln. Ziel ist es, "Lieferzeiten von Monaten auf nur wenige Tage oder gar Stunden zu reduzieren", erklärt Schreiber. Seit mehr als 30 Jahren fertigt die Sportartikelindustrie Schuhe und Sportkleidung in Ländern wie China, Indonesien oder Vietnam in immer gleichen Strukturen.
Zubehör für die Produktion wird aus vielen Ländern zusammengetragen. Das dauert oft mehrere Monate. "Lange Vorlaufzeiten sind nun vorbei", sagt Schreiber. "Produkte und Materialien müssen nicht mehr über Kontinente hinweg verschifft werden." Roboter können Schuhe fünf Stunden nach Bestellung ausliefern.
Sollte alles nach Plan klappen, kann Adidas im nächsten Jahr die Serienproduktion starten. Eine zweite Fabrik wird dann in Amerika gebaut, gibt die Firmenleitung bekannt. Beide Standorte zusammen würden eine Million Paar Schuhe jährlich produzieren. Eine kleine Menge - gemessen am Gesamtvolumen von rund 300 Millionen Paar im Jahr. Es soll aber erst der Anfang sein. "Auf mittlere Sicht wird man in allen großen Absatzmärkten derartige Fabriken von uns vorfinden", kündigt Vorstandschef Herbert Hainer an.
Schuhe in der Roboterfabrik können noch kostengünstiger gefertigt werden als von Menschenhand hergestellte Laufschuhe. Nur das Personal wird sich unterscheiden: Während herkömmlich genähte und geschusterte Schuhe in asiatischen Fabriken menschliches Zutun benötigen, werden in den Pilotfabriken in Ansbach und Amerika je 160 Fertigungs- und Wartungsspezialisten für die Roboter benötigt. Und in der fernen Zukunft auch in anderen Regionen. "Damit schaffen wir neue Jobs, die in diesen Ländern bislang nicht existierten", sagt Schreiber.
Laut dem Weltbranchenverband International Federation of Robotics kommen in China bisher 36 Roboter auf 10 000 Beschäftigte, in Südkorea sind es 478 und in Deutschland 292. "Hochpreisige Lohnländer - wie es auch Bayern ist - können sich durch die Robotisierung einen Teil der Produktion zurückholen", sagt Ute Berger, Referatsleiterin für Industrie und Innovation bei der Industrie- und Handelskammer in München.
Industrie 4.0 dringt in alle Sparten ein, auch andere Branchen profitieren. Im Audi-Stammwerk in Ingolstadt beispielsweise arbeiten Mensch und Roboter bereits Seite an Seite: In der Endmontage holt ein Roboter die benötigten Bauteile und reicht sie dem Mitarbeiter.
"Die zunehmende Vernetzung von Mensch und Maschine wird die Fabrik der Zukunft prägen", ist sich Expertin Berger sicher. Nicht zuletzt deshalb, weil die Produkte geringere Fehlerquoten aufweisen. Auch für kleinere Unternehmen stellt die Industrie- und Handelskammer Förderprogramme auf, die hohe Innovationskosten auffangen sollen.