Busunfall bei Münchberg:Reisebusse erfüllen hohe Standards, müssen aber noch sicherer werden

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Für Reisebusse und ihre Fahrer gelten strenge gesetzliche Vorschriften. (Foto: Florian Peljak)
  • Gemessen am Verhältnis von Fahrgastzahlen zu Unfällen sind Reisebusse ein sehr sicheres Verkehrsmittel.
  • Obwohl 2015 mehr als 21 Millionen Menschen mit Fernbussen reisten, verunglückten nur 295 von ihnen - einer davon tödlich.
  • Grund dafür ist auch, dass inzwischen moderne Assistenzsysteme Pflicht sind.

Von Thomas Harloff

Bei dem Unfall auf der A 9 bei Münchberg, bei dem ein Bus auf einen Lastwagen auffuhr und ausbrannte, sind laut Staatsanwaltschaft "mehrere Tote" und 30 Verletzte zu beklagen. Ein schreckliches Unglück, das jedoch nicht exemplarisch steht für das generelle Sicherheitsniveau dieses Verkehrsmittels, das durch den Boom des Fernbusmarktes mehr Menschen denn je nutzen. 2015 waren es gut 21 Millionen Fahrgäste, siebenmal so viele wie vor 2013, als der Fernbusmarkt liberalisiert wurde. Dennoch verunglückten im selben Jahr nur 295 Menschen in einem Reisebus, einer davon tödlich. Das zeigt: Gemessen an der Beförderungsleistung sind Reisebusse sehr sichere Verkehrsmittel.

Das liegt auch an den strengen gesetzlichen Vorschriften für die Fahrer. Innerhalb eines Zwei-Wochen-Zeitraumes dürfen sie insgesamt höchstens 90 Stunden am Steuer sitzen; in einer Woche beträgt die Höchstlenkzeit 56 Stunden. Zwei Mal pro Woche darf er höchstens zehn Stunden pro Tag fahren, ansonsten nur deren neun. Nach spätestens viereinhalb Stunden muss er eine 45-minütige Pause einlegen, wobei diese Zeit aufgesplittet werden kann. Pro Tag hat ein Busfahrer ein Recht auf elf Stunden Ruhe. Diese Zeit darf in der Regel nicht im Fahrzeug verbracht werden, wenn dort keine Schlafkabine vorhanden ist. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass viele Fahrer gegen die Lenk- und Ruhezeiten verstoßen.

Auch die Gurtpflicht, die seit 2005 in ganz Europa gilt, leistet einen Beitrag zur guten Unfallbilanz, wenn auch einen eher kleinen. Zwar müssen die Fahrer die Reisenden vor jeder Tour dazu anmahnen, die Beckengurte anzulegen, aber ob sie dies auch wirklich tun, liegt an jedem Mitfahrer selbst.

Wichtiger sind die elektronischen Fahrassistenzsysteme, die in Bussen zur Pflichtausstattung gehören. Wie bei Pkw sind schon länger das Antiblockiersystem ABS und das elektronische Stabilitätsprogramm ESP vorgeschrieben. Seit November 2015 müssen in der EU neu zugelassene Busse zudem nicht nur über einen Spurhalteassistenten verfügen, der den Fahrer warnt, sobald er ungewollt die Fahrspur zu verlassen droht, sondern auch über einen Abstandsregeltempomaten. Ein solches System misst kontinuierlich die Entfernung zu vorausfahrenden Fahrzeugen. Für den Fall, dass ein Aufprall droht, warnt es den Fahrer. Reagiert dieser nicht, leitet es automatisch eine Notbremsung ein. Die kann einen Unfall zwar nicht immer verhindern, aber zumindest die Aufprallgeschwindigkeit und damit die Unfallfolgen mindern. 2018 will die EU die Anforderungen für diese Systeme nochmals verschärfen.

Viele neue Fahrzeuge mit modernen Sicherheitssystemen

Eine Studie im Auftrag des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) hat bei Lastwagen nachgewiesen, dass mit solchen Systemen ausgestattete Fahrzeuge eine um 34 Prozent niedrigere Unfallwahrscheinlichkeit aufweisen als gleichartige Referenzfahrzeuge. Der Reise- und Fernbusbranche kommt zugute, dass in den Fahrzeugflotten viele neue und mit modernen Sicherheitssystemen ausgestattete Fahrzeuge zum Einsatz kommen.

Allerdings können diese Systeme dauerhaft abgeschaltet werden - ein großes Manko aus Sicht des BGL. Außerdem moniert er, dass die Systeme mit dem jetzigen Stand der Technik die Fahrzeuge nicht stark genug abbremsen. Und schließlich gilt es zu klären, warum der Bus in Oberfranken so schnell in Brand geriet. Die Ursache dafür müssen allerdings die Ermittler erst herausfinden.

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