USA: Das Pick-up-Land:Hucke-Pack

Die USA sind ein unvergleichliches Land - das gilt auch für den amerikanischen Automarkt: Nirgendwo auf der Welt sind Pick-ups beliebter. Wir erklären, warum.

Der Pick-up an sich ist gemeinhin ein Lastwagen. Rustikaler Aufbau, vorne der Motor mit angeschlossener Kabine für Fahrer und Passagiere, dahinter die Ladefläche, die bisweilen bis zu einer Tonne Zuladung schleppen kann. Quadratisch - praktisch - gut.

Ein Pick-up ist auch bis heute kaum etwas für Schöngeister oder Designfetischisten. Bereits in den 20er- und 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts erfreuten sich Pick-ups in den Vereinigten Staaten großer Beliebtheit. Das Land befand sich im Aufbau und wurde seinerzeit zu großen Teilen von der Landwirtschaft beherrscht.

Für Landwirte gibt es bis heute kaum etwas Praktischeres als einen Pick-up für das harte Alltagsleben. In Europa dagegen kamen die Autos mit der Ladefläche über die Rolle eines unwichtigen Nebendarstellers nicht heraus. Bis heute.

In den USA sieht die Situation seit fast einhundert Jahren anders aus. Der einstige Lastwagen für Landwirte und Gewerbetreibende schaffte in den 40er- und 50er-Jahren den Sprung in die Städte. Schnell wurden Modelle wie der Ford F-150 zum beliebtesten Auto der USA. Bis heute nutzen viele in den USA einen Pick-up unverändert als Nutzfahrzeug.

Doch mindestens genauso praktisch sind Allradantrieb, mächtige Achtzylindermotoren und die große Ladefläche für Freizeitfans. Mountainbike, Motorrad, Ski und Zelte finden im US-Alltag Platz auf den Ladeflächen von Bestsellern wie Toyota Tundra, Chevrolet Silverado oder GMC Sierra. Als die US-Autoindustrie 2008 und 2009 düstere Jahre erlebte, fielen auch die mächtigen Pick-ups in ein Verkaufstief. 2010 kam die schnelle Trendwende.

Zwei Millionen Pick-ups neu zugelassen

Zwei Millionen Pick-up-Zulassungen sind bei knapp zwölf Millionen Gesamtzulassungen in Amerika eine beeindruckende Zahl. Keine andere Autoklasse wird derart klassenübergreifend geliebt. Von billig bis edel, von mittelgroß bis gigantisch repräsentieren die Pick-ups die amerikanische Gesellschaft besser als Basketball, Hot Dogs, Football, New York oder Baseball-Kappen.

Ein Pick-up ist ein Geländewagen für alle Tage. In der Vorweihnachtszeit wurden deswegen von allen Herstellern eigens neue Pick-up-Werbekampagnen aufgelegt. So zog der Fahrer eines Dodge mit seinem RAM einen gigantischen Weihnachtsbaum aus dem Erdreich und nahm diesen auf die Ladefläche mit nach Hause.

In einem Chevrolet Silverado brachte der Weihnachtsmann üppig dimensionierte Geschenke und Toyota bewirbt seinen Groß-SUV Tundra auch weiterhin mit einem üppigen US-Frühstück - mit Steak & Eggs.

Dabei ist es längst nicht so, dass sich die Pick-ups nur in ländlichen Regionen größter Beliebtheit erfreuen - im Gegenteil. Bestes Beispiel ist der Toyota Tundra, seit Jahren einer der imageträchtigsten Pick-ups auf dem US-Markt. Neben dem 5,81 Meter langen und 2,6 Tonnen schweren Toyota Tundra sieht ein Range Rover an der Ampel nebenan aus wie ein aufgeblasener VW Golf.

Bis Ende Oktober wurden in 2010 knapp 80.000 Tundras verkauft. Die meisten im Raum Los Angeles, der größten Agglomeration in den USA. Auf den Plätzen folgen Houston, Dallas, Boston und der Produktionsstandort im texanischen San Antonio.

Platz, Kraft, Allrad, Luxus

Die Beliebtheit eines Groß-Pick-ups wie des Toyota Tundra kommt nicht von ungefähr. Wer sich für die Version Crewcab Limited entscheidet, bekommt üppige Platzverhältnisse für bis zu fünf Personen, eine Luxusausstattung, Allradantrieb, 375 PS und einen schier unbegrenzten Alltagsnutzen.

Bestseller ist seit Jahren der Ford F-150, der jüngst seinen 60. Geburtstag feierte. Der Ford Pick-up ist das erfolgreichste Auto der USA. F-150 heißt in Nordamerika aber auch die Qual der Wahl: Den Liebling der Massen gibt es ebenso wie seine Konkurrenten Chevrolet Silverado, Toyota Tundra, Dodge RAM und GMC Sierra als Edelversion des Silverado in unzähligen Varianten.

Alle Modelle locken die Kunden mit unzähligen Varianten: mit großer, kleiner oder Doppelkabine, offener Ladefläche, lang oder kurz, mit Doppelbereifung oder ohne. Zwischen 200 und 400 PS grollen unter der Motorhaube und im Innenraum der Kabine bekommt man alles andere als Platzangst.

Nicht anders sieht es beim dritten Erfolgsmodell aus. Der Chevrolet Silverado gilt seit Jahren als gefährlichster Konkurrent des Platzhirschen Ford F-150. Auch seine Einsatzmöglichkeiten kennen kaum Grenzen. Und genau das mögen die Amerikaner.

Kein Wunder, dass 2010 wieder zu einem Erfolgsjahr für die Pick-up-Industrie wurde. Nach den ersten zehn Monaten war laut Zulassungsstatistik der Jahreserfolg des Ford F-150 bereits gewiss. Bis Ende Oktober dieses Jahres konnten vom dem ewigen Bestseller der Full-Size-Klasse mehr als 430.000 Pick-ups abgesetzt werden.

Die zwei Gesichter von Toyota

Mit deutlichem Abstand liegt der Chevrolet Silverado mit 310.000 Fahrzeugen auf Platz zwei. Mit großem Abstand hat sich der Dodge RAM platziert, der knapp 160.000 Zulassungen bis Ende Oktober schaffte. Das reichte für Platz drei, um den GMC Sierra als Zwillingsbruder des Silverado mit knapp über 100.000 verkauften Modellen auf Platz vier zu schicken. Der Toyota Tundra liegt mit knapp 80.000 verkauften Fahrzeugen auf Platz fünf.

Die meisten Groß-Pick-ups werden von mächtigen V8-Benzinern angetrieben. Nur vergleichsweise wenige laufen als Diesel. Ein Grund ist das nach wie vor schlechte Image der Dieselmotoren in den USA und die Tatsache, dass eine Gallone Kraftstoff (3,8 Liter) kaum mehr als drei Dollar kostet.

Bei dem hohen Alltagsnutzen fällt ein Verbrauch von knapp 20 Litern für Amerikaner also kaum ins Gewicht. Zudem gewähren die Händler bei Pick-ups traditionell besonders hohe Rabatte.

Das Pick-up-Segment gilt in den USA als der imageträchtigste Markt überhaupt. Keine andere Fahrzeuggattung wird im TV, bei Sportveranstaltungen, in Zeitschriften und im Internet derart massiv beworben.

Toyota beispielsweise hat sich mit dem Prius in Europa weitgehend als Ökomarke in Szene setzen wollen.

In den USA sind die Pick-up-Versionen von Tundra und Tacoma sowie besonders die Mittelklasselimousine Camry mindestens genauso wichtig. Ein Grund dafür, weshalb all diese Modelle natürlich auch in den USA produziert werden.

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