SUV im Fahrbericht:Audi Q2 - Der Spaß hängt vom Geldbeutel ab

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Schöne Gestalt: Der Audi Q2 ist kürzer als ein A3, wirkt aber sportlicher. Und er kommt frischer daher als die anderen Q-Modelle. (Foto: Audi AG)

Ebenso solide wie erfrischend: Audi hat mit seinem neuen SUV einen Treffer gelandet. Doch vieles von dem, was ihn so gut macht, kostet extra.

Von Jörg Reichle

Nein, Audi hat das SUV nicht neu erfunden. Fast alles ist ja schon von fast allen da: von riesig bis winzig, aggressiv und brav, teuer und billig, hübsch und hässlich. Und doch ist der neue Q2 eine Ausnahme. Weil er, vor allem, markentypisch solide ist und doch frisch daherkommt mit knackigen Proportionen, kurzen Überhängen und hübschen Kanten. Eine Wohltat unter den doch zuletzt in die Jahre gekommenen, etwas altväterlich rundlichen anderen Audi Qs. Von Polygonen, die alles bestimmen, schwärmt Designer Matthias Fink.

An den Flanken fällt das als erstes ins Auge. "Wir haben aus der Tornadolinie einfach ein Stück herausgeschnitten", sagt Fink. Dazu das niedrige Dach, die breite Haube. Optisch macht der Q2 jedenfalls deutlich mehr her, als die reinen Maße vermuten lassen, immerhin ist das kleine SUV 13 Zentimeter kürzer als ein A3 Sportback. Den Chic eines Range Rover Evoque übersetzt der 4,19 Meter lange Q2 jedenfalls lässig ins citygerechte Kompaktformat.

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Fünf Millionen Varianten soll es vom Q2 geben

Dazu darf es dann ruhig auch mal eine Knallfarbe sein wie Knallrot, Knallgelb oder Knallorange. Warum nicht, das ganze Schwarz-grau-silber-Einerlei hat man ohnehin langsam über. Was nicht heißt, dass das S-Line-Paket in Grau mit schwarzen Schmuckelementen wie den Blades an der C-Säule dem Q2 nicht ausgesprochen gut zu Gesicht stehen.

Überhaupt die ganzen Möglichkeiten, sich das Ding auf den Leib zu schneidern. Bis zu fünf Millionen Varianten kann man sich vom Q2 zusammenstellen, betont man bei Audi stolz, da dürfte die Wahl dann tatsächlich zur Qual werden vor lauter Dekorleisten, Carbonteilen, Designfolien, Ausstattungslinien, Blades und sonstigem hübschen Modezeugs. Nicht zu vergessen das optionale LED-Lichtpaket für den Innenraum und so Sachen. Überhaupt ist es auch bei diesem Audi keine wirkliche Kunst, den Grundpreis mittels Ausstattungsliste schlicht zu verdoppeln. So gut wie alles, was die größeren und teureren Modelle begehrenswert macht, gibt es nun auch für den kleinen Q2.

Die Sicht nach draußen könnte besser sein

Was man sonst noch wissen muss: Der SUV-Nachwuchs aus Ingolstadt hat durchaus praktische Talente. Den großen Kofferraum zum Beispiel (405 bis 1050 Liter) mit elektrisch bedienbarer Heckklappe (Aufpreis!), oder die einwandfreie Sitzposition auf soliden Polstern. Dennoch sind die Sportsitze empfehlenswert, die zwar ordentlich Aufpreis kosten, dafür aber exzellenten Seitenhalt bieten. Auch hinten sitzt man zu zweit recht kommod und kaum beengt, die Türen öffnen weit. Nur die Sicht nach draußen könnte besser sein. Aber dafür gibt es ja Rückfahrkameras oder zumindest Parkpiepser, wenn man den Gernegroß nicht gleich ganz vom Assistenten einparken lässt - längs oder quer.

Wenig Überraschendes, das war vorhersehbar, gibt es in Sachen Motoren. Drei Diesel sind zum Verkaufsstart in diesem Herbst im Angebot. Der kleine, ein 1,6-Liter, leistet 85 kW (116 PS), bietet 250 Newtonmeter Drehmoment und kostet mindestens 25 850 Euro. Darüber rangieren zwei 2,0-Liter-TDI mit 110 kW (150 PS; 340 Nm; 28 150 Euro) und 140 kW (190 PS; 400 Nm; 34 000 Euro).

Es mögen erste Anzeichen der aufkeimenden Diesel-Skepsis sein, aber im Fokus stehen für den Q2 eher die Benziner. Schon der Kleinste agiert selbstbewusst: Der 1,0-Liter-Dreizylinder (85 kW/116 PS; 200 Nm, ab 22 900 Euro) fährt und klingt munter und unternehmungslustig, findet aber naturgemäß seine Grenzen beim Überholen und am Berg. Ungleich kräftiger geht der 1,4 TFSI mit Zylinderabschaltung (110 kW/150 PS; 250 Nm; ab 24 900 Euro) zu Werke. Sechs Liter Verbrauch sind damit leicht zu schaffen, und mehr Leistung braucht kein Mensch, auch nicht, wenn man gerne sportlich fährt. Wir empfehlen dazu die optionale Siebengang-S-Tronic statt des serienmäßigen Sechsgang-Schalters. Wer unbedingt mehr will, kann sich für mindestens 31 800 Euro den Top-Benziner gönnen. Der 2.0 TFSI mit 140 kW (190 PS; 400 Nm) ist aber eher überqualifiziert.

Wie sich der Q2 fährt? Wie ein kompakter Audi halt: sehr leise, fest und präzise im Zusammenspiel von Gas, Bremse und der serienmäßigen Progressivlenkung. Letztere schätzt man schnell, weil sie den Q2 vor allem in der Stadt denkbar wendig macht. Hinzu kommt, dass das kleine SUV recht leicht ist, immerhin liegt der Q2 mit dem Einliter-Motor bei günstigen 1205 Kilogramm, ohne Fahrer wohlgemerkt.

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Allradantrieb ist nicht unbedingt nötig

Fahrwerksseitig ist der Kompromiss zwischen Dynamik und Komfort grundsätzlich fein austariert, ob man sich die verstellbaren Dämpfer leisten will, sollte man sich also überlegen. Unbedingt nötig ist das nicht. Dasselbe gilt nebenbei auch für den Allradantrieb, serienmäßig bei den Top-Motoren, optional für die 150-PS-Modelle.

Der Spagat zwischen Wollen, Brauchen und Sich-leisten-können gilt natürlich auch für die vielen angebotenen Assistenten, die man schon aus größeren Audi kennt. Besonders der Stauassistent, der auch in der Stadt dem Vordermann folgt, sollte auf keiner Ausstattungsliste fehlen. Das so genannte Pre Sense Front, das querende Fußgänger und Fahrzeuge erkennt und notfalls eine Vollbremsung einleitet, ist ohnehin serienmäßig an Bord.

Das Thema Konnektivität arbeitet sich in den Vordergrund

Interessant zu verfolgen, wie sich das Thema Konnektivität allmählich in den Vordergrund arbeitet. Auch hier profitiert der Q2 von den höherklassigen Schwestermodellen. Es gibt ihn also unter anderem mit dem virtuellen Cockpit und Head-up-Display, und wer sich das Maximum gönnen will, sollte knapp 3000 Euro für MMI Navigation Plus mit MMI Touch bereithalten. Eine fest im Auto verbaute SIM-Karte erwirbt man mit der Ausstattung Audi Connect und sichert sich damit unter anderem Navigation mit Google Earth und Google Street View, Reise-, Verkehrs- und Parkplatzinfos. Außerdem kann man Datenpakete für den Wlan-Hotspot zubuchen.

Aber auch hier gilt natürlich, dass der Geldbeutel über das Wünschen bestimmt. Oder die Bank. Eine Verführung, die Grenzen auszuloten, ist der neue Q2 allemal.

© SZ vom 02.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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