Elektromobilität:Es fehlt der Stromnachschub für Elektroautos

BMW i3 mit Ladestecker

Lange Leitung: Mit herkömmlichen Verlängerungskabeln lassen sich Elektroautos nicht laden.

(Foto: Jan Woitas/dpa-tmn)

Wie löchrig das Ladenetz ist, zeigen nicht nur fehlende öffentliche Stromsäulen. Selbst Immobilienbesitzer haben Schwierigkeiten, die nötige Energie heranzuschaffen - von Mietern ganz zu schweigen.

Von Joachim Becker

Strom im Haus ist nichts Neues. Man kann damit heizen, Kuchen backen und fahren. Zumindest, wenn alles gutgeht. Ziemlich genau 150 Jahre nach der Patentierung der Siemens-Dynamomaschine steht der Energiewende im Verkehr eigentlich nichts im Wege. Fast nichts. Außer, dass die Elektroautos kaum erschwinglich sind und die Ladestruktur völlig unzureichend ist. Die Bundesregierung wollte bis zum Jahr 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf deutsche Straßen bringen. Relativ spät hat sie gemerkt, dass man solche Öko-Autos auch irgendwo betanken muss. Die dafür nötigen Parkplätze in den Innenstädten sind ebenso rar wie öffentlich zugängliche Ladesäulen.

Bisher ist der Stromnachschub ein Luxusproblem. 85 Prozent der E-Mobile werden in der Regel auf einem Privatgelände geladen. Die Elektromobilität ist also meist ein Privileg von Hausbesitzern und Zweitwagenfahrern. Bei den Laternenparkern ohne Privatparkplatz, die nur ein Auto besitzen, ist die Verkehrswende noch gar nicht richtig angekommen. Sie sind besonders anfällig für die berühmte Reichweitenangst: Wie weit kommt man mit 30 Prozent Batterie-Ladezustand in einer kalten Winternacht? Und keine Schnellladesäule weit und breit ...

Laden an der Post

Sie stammen aus einer Zeit, als Telefonieren noch ausschließlich kabelgebunden war: Überall in den Städten stehen sogenannte Kabelverzweiger der früheren Post. Mit vielen dieser grauen Kästen will die Deutsche Telekom demnächst ein neues Geschäftsmodell aufziehen: Strom tanken mitten in der Stadt. Rund 15 000 geeignete Standorte mit mindestens zwei Parkmöglichkeiten hat die Telekom identifiziert. Jeder dieser Kästen hat eine starke Stromversorgung, die für zwei Mal 22 Kilowatt (kW) Ladeleistung ausreicht. 1300 Standorte eignen sich sogar für das Schnellladen mit 150 kW. Eine digitale Messstelle samt Datenanschluss ist ebenfalls vorhanden, um den Ladevorgang zentral zu steuern und abrechnen zu können.

Wohl dem, der ein regelmäßiges Pendlerleben mit einer heimischen Garage verbinden kann. Während Hausbesitzer eine Ladebox nach Maß installieren können, muss man in einer Wohnanlage die Gemeinschaft (WEG) um Erlaubnis bitten. Darüber kam es Anfang des Jahres zum Rechtsstreit. Ein Miteigentümer wollte auf eigene Kosten eine Zuleitung von seinem Zähler im Hausverteiler zum privaten Stellplatz legen lassen. Doch das Landgericht München I bremste die Elektroauto-Pläne.

Das Gericht sah in den geplanten Maßnahmen eine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum, welche die Rechte der anderen Eigentümer über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtige. Die Regelung über Energieanschlüsse im WEG beziehe sich nur auf die Herstellung eines Mindeststandards nach dem Stand der Technik - und dazu gehörten Ladestationen für Elektro-Autos zumindest bei bereits bestehenden Tiefgaragen nicht. Die geplante Stromleitung sei später als Teil des Gemeinschaftseigentums auch von der Gemeinschaft instand zu halten. "Erteile diese ihre Zustimmung, könnten auch andere Eigentümer Ähnliches verlangen. Mit der Folge, dass eine Vielzahl von neuen Leitungen zu ziehen sei", so die Argumentation der Richter laut DAS-Rechtsschutzversicherung.

Haushaltssteckdosen sind nicht fürs Laden von E-Autos ausgelegt

Der Richterspruch hat einiges für sich, auch wenn er erst auf den zweiten Blick einleuchtet. Denn mit dem Ziehen von ein paar Standard-Strippen ist es bei dem Energiehunger moderner Elektroautos tatsächlich nicht getan. Die normale Steckdose kann im Regelfall nur relativ wenig Leistung übertragen. Bei einer gängigen Stromstärke von 10 Ampere kommen bei 230 Volt Wechselstrom 2,3 Kilowatt Ladeleistung heraus. Doch Haushaltssteckdosen sind meist nicht darauf ausgelegt, dauerhaft sehr hohe Ströme zu übertragen. Irgendwann quittiert die Sicherung den Dienst. Und am nächsten Morgen ist die Überraschung groß, weil die Batterie nicht einmal halb voll ist. Wenn überhaupt.

Die deutschen Autohersteller starten 2018 eine groß angelegte Elektro-Offensive. Sie wollen im Jahr 2025 mindestens 15 Prozent ihrer Flotte als Stromer verkaufen. Das wären allein in Deutschland mehr als eine Million Plug-in-Hybride und reine Batteriefahrzeuge pro Jahr. Das Problem ist nur: Nach dem bescheidenen Erfolg des kleinen City-Flitzers BMW i3 werden die meisten der neuen Stromer groß, leistungsstark und entsprechend energiehungrig sein. Tesla zeigt, wohin diese Reise geht. Mit einer Batteriekapazität von 75 bis 100 Kilowattstunden (kWh) und einer Ladeleistung von bis zu 120 Kilowatt überfordern sie gängige Stromnetze im Wohnbereich.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: