Champions-League-Hinspiel gegen Juventus:"Der FC Bayern ist eine Supermacht"

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Da sind sogar die sonst so eiskalten Italiener eingeschüchtert: Die Bayern zeigen im Viertelfinal-Hinspiel gegen Juventus Turin den vielleicht besten Fußball ihrer Saison und drängen den Gegner zu vielen Fehlern. Sogar die Verletzung von Toni Kroos nutzt den Münchnern letztlich - die Turiner sind für das Rückspiel deutlich geschwächt.

Aus dem Stadion von Thomas Hummel

Karl-Heinz Rummenigge spricht immer noch sehr passabel Italienisch, dank seiner Spielerzeit bei Inter Mailand in den achtziger Jahren. Also schickte ihn der Klub hinaus, um auch die Reporter aus Italien erst einmal zufrieden zu stellen. Denn es sollte noch dauern, bis der erste Turiner aus dem Kabinentrakt Richtung Mannschaftsbus gehen würde. Und die meisten von ihnen durften ohnehin nichts sagen.

Bayerns Vorstandsboss stellte sich also brav vor eine Kamera und dozierte mehr oder weniger das, was er gerade schon auf Deutsch in ein Dutzend andere Kameras gesprochen hatte. Zum Beispiel: "Das war vielleicht die beste Saisonleistung heute. Das war taktisch auf einem Superniveau, da kann man der Mannschaft nur ein Kompliment machen." Oder: "Die ganze Mannschaft hat gegen den Ball gearbeitet wie selten zuvor. Das war schon großer Fußball."

Stimmen zur Champions League
:"Wir sind noch nicht tot"

Bastian Schweinsteiger hadert mit den ungenutzten Torchancen gegen Juventus Turin, Thomas Müller sieht darin aber auch einen Vorteil. Juve-Verteidiger Giorgio Chiellini hat den Einzug ins Halbfinale noch nicht abgeschrieben. Die Stimmen zur Champions League.

Es gibt Zeiten, da kann dieser Karl-Heinz Rummenigge richtig giftig sein. Da blickt der 57-Jährige während eines Interviews irgendwohin, in die Weite des Raumes und der Gedanken, und kann mit ein paar Sätzen ein verbales Fallbeil heruntersausen lassen. "Killer-Kalle" nennen ihn deshalb einige.

Doch in diesen Tagen, in diesen Wochen steht da ein anderer Kalle. Einer, der freundlich das ausspricht, was Zehntausende zuvor im Stadion gesehen haben: Seine Bayern sind einfach stark, bombenstark. Im Hinspiel des Champions-League-Viertelfinals gegen Juventus Turin offenbarten sie nicht die kleinste Schwäche. Mit dem 0:2 durfte der klare Tabellenführer der Serie A noch zufrieden sein.

In Europa kommt zunehmend an, dass sich da was zusammenbraut im Kampf um die europäische Krone. Juve-Trainer Antonio Conte drückte es so aus: "Der FC Bayern ist wirklich eine ganz starke Mannschaft, der FC Bayern ist eine Supermacht, deswegen sind sie auch Favorit auf den Titel, neben Barcelona und Real Madrid."

Sicher, das frühe 1:0 durch David Alabas komisch abgefälschten Schuss nach 26 Sekunden war eine glückliche Fügung. Wobei Sportvorstand Matthias Sammer sogleich den Verdacht des Zufallsprodukts entkräften wollte: "Das war eine Strategie: über außen zu spielen und auch aus zweiter Reihe zu schießen. Weil wir den Gegner gut analysiert und gesehen haben, dass er da recht anfällig ist."

Die im Spielverlauf entscheidende Szene spielte sich aber erst nach einer Viertelstunde ab: Bei Toni Kroos riss gleich ein ganzes Bündel an Muskelfasern im Oberschenkel, für den Mittelfeldspieler dürfte die Saison damit beendet sein. Der Nationalspieler werde "sechs bis acht Wochen" ausfallen, sagte Vereinsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt am späten Mittwochabend. Kroos humpelte vom Platz - für ihn kam Arjen Robben.

Bis dahin hatte Juve nach dem frühen Rückstand cool reagiert, zog mit Andrea Pirlo und Arturo Vidal ein ansehnliches Kombinationsspiel auf und drängte die Münchner nach hinten. Doch mit Robbens Einwechslung hatte es damit ein Ende. Der Niederländer sprintete und wuselte gleich los, provozierte mehrere Ecken, vergab zwei große Chancen. Er verursachte mit seiner Hyperaktivität bei den eisigen italienischen Abwehrspielern Hitzewallungen. Plötzlich hatten die Bayern den Mut und das Vertrauen, ein Pressing zu spielen, mit dem die Turiner überhaupt nicht zurechtkamen.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Abstaubernäschen gegen Hotzenplotz

David Alaba fühlt sich als Traumtorschütze vom Dienst, Thomas Müller profitiert vom richtigen Riecher und Arjen Robben gibt den Spielbeschleuniger. Nur Toni Kroos kann eine offene Rechnung nicht begleichen. Der FC Bayern beim 2:0 gegen Juventus Turin in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Claudio Catuogno

Angeführt vom enorm laufstarken und zweikampfbesessenen Mario Mandžukić schüchterte die Bayern-Offensive ihre Gegner ein. Sogar den niemals schüchternen Andrea Pirlo. Dem bärtigen Spielgestalter der Juve unterliefen in den 90 Minuten mehr Fehler als sonst während einer ganzen Saison. Rollte der Ball nur in seine Nähe, sprinteten Thomas Müller, Mandžukić, Robben oder Ribéry herbei, um ihn hart zu bedrängen. Manchmal auch alle zusammen.

Ohne den Faktor Pirlo stockte die Turiner Maschine. Denn so musste zum Beispiel der Abwehrspieler Leonardo Bonucci Spielzüge eröffnen, was mehr einem Aufbau mit der Flinte glich als einem geordneten Wirken. Die Bälle flogen wie verirrte Schrotkugeln durch die Münchner Nacht.

Dazu kam der Umstand, dass Juventus zwar zwei Angreifer aufgestellt hatte, diese jedoch am Geschehen kaum teilnahmen. Denn ein Pressing, gerade ein derart mächtiges wie das des FC Bayern am Dienstagabend, müssen Gegner auch mit weiten Pässen auflösen können. Dumm nur, dass diese weiten Bälle nach etwa zwei Sekunden wieder zurückgeflogen kamen, weil weder Fabio Quagliarella noch Alessandro Matri auch nur einen Zweikampf gewann.

Juventus Turin in der Einzelkritik
:Des Bärtigen Zähmung

Spielmacher Andrea Pirlo hat beim garstigen Bayern-Pressing überhaupt nichts zu lachen, Arturo Vidal macht sich mit einigen rüden Fouls keine Freunde und ist trotzdem der stärkste Turiner. Fabio Quagliarella verliert vorne fast jeden Ball. Juventus Turin beim 0:2 gegen Bayern München in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Thomas Hummel

Weil hinten null Gefahr drohte, rückten die Münchner immer weiter nach vorne und brachten die italienische Abwehr so immer mehr in Bedrängnis. Das 2:0 durch Müller (63.) nach einem Torwartfehler von Gianluigi Buffon war überfällig und hoch verdient. Sammer lobte vor allem seine verteidigenden Angreifer: "Die Stärke der Mannschaft, gegen den Ball geschlossen zu agieren, war heute entscheidend. Das beginnt vorne in der ersten Reihe, das war der Schlüssel." Doch Sammer wäre nicht Sammer, würde er nicht warnend in die Zukunft blicken.

"Wenn wir nach Turin fahren und irgendwas anderes machen wollen, können wir ein Problem bekommen. Wir sollten versuchen, auch dort zu gewinnen und nicht irgendwas zu verteidigen." Sammer weiß: Nur der eigene Schlendrian kann diese Mannschaft stoppen und es ist seine Rolle, das zu verhindern. Wobei er sich da wenig Sorgen machen muss.

FC Bayern gegen Juventus im SZ-Liveticker
:Kaputtes Ende für Juventus

Eine Wackelphase ist halb so schlimm, wenn es schon 1:0 steht. Und eine Verletzung ist zu verschmerzen, wenn der Ersatzmann richtig Schwung bringt. Die Bayern haben beim 2:0 gegen Juve nur ein richtiges Problem. Sein Name ist Clattenburg.

Das Spiel in der Ticker-Nachlese. Von Michael König und Jonas Beckenkamp

Ob Thomas Müller, ob Bastian Schweinsteiger, ob Arjen Robben, ob Franck Ribéry: Alle betonten, dass dieses 2:0 zwar ein schönes Ergebnis, aber das Halbfinale noch nicht erreicht sei. Der Schreckmoment vom Arsenal-Spiel, als das 3:1 im Hinspiel fast noch verspielt worden wäre, zeigt Wirkung. Turin darf im Rückspiel nicht auf einen nachlässigen Gegner aus München hoffen. Auf was darf Turin dann überhaupt hoffen? Ihr bester der Partie in München, Arturo Vidal, ist gelbgesperrt und fehlt genauso wie der Schweizer Stephan Lichtsteiner.

Bei den Bayern kehrt mit Javi Martínez sogar ein weiterer Stabilisator für das Gesamtgebilde zurück. Und so fragte am Ende ein italienischer Fernsehsender Karl-Heinz Rummenigge: Wie würden sie in Zahlen die Chancen auf ein Weiterkommen beziffern? "Bayern 51 Prozent, Juventus 49 Prozent", antwortete Rummenigge. Und lächelte dabei spitzbübisch. Er hatte einfach einen freundlichen, höflichen Tag.

Stimmen zur Champions League
:"Wir sind noch nicht tot"

Bastian Schweinsteiger hadert mit den ungenutzten Torchancen gegen Juventus Turin, Thomas Müller sieht darin aber auch einen Vorteil. Juve-Verteidiger Giorgio Chiellini hat den Einzug ins Halbfinale noch nicht abgeschrieben. Die Stimmen zur Champions League.

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