Bayern-Aufsichtsräte zweifeln an Hoeneß:Suche nach der "sauberen" Lösung

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Uli Hoeneß und Herbert Hainer, Vorstandsvorsitzender von Adidas: Wie geht es zwischen ihnen weiter? (Foto: dpa)

Durch die Ermittlungen gegen Uli Hoeneß geraten die Aufsichtsräte des FC Bayern in eine Zwangslage: Sie müssen im Sinne ihrer Konzerne auf sauberes Wirtschaften achten, gleichzeitig können sie die Vorwürfe gegen den Präsidenten nicht ignorieren. Muss Hoeneß jetzt seine Ämter im Verein ruhen lassen?

Von Caspar Busse, Thomas Fromm, Karl-Heinz Büschemann und Uwe Ritzer

Als das Stadionfernsehen in der Halbzeitpause des Champions-League-Halbfinales zwischen Bayern München und dem FC Barcelona kurz die Höhepunkte der ersten Hälfte zeigte, gab es nicht nur bei den Bildern vom ersten Tor der Gastgeber Jubel auf den Tribünen. Viele Zuschauer applaudierten auch, als wenige Sekunden lang Uli Hoeneß eingeblendet wurde, wie er auf der Ehrentribüne mitfieberte. Die Beifallsbekundung sollte ganz offenkundig eine moralische Unterstützung von Fans für den durch seine Steueraffäre angeschlagenen Vereinspräsidenten sein.

Uli Hoeneß ist aber nicht nur Präsident des Klubs, sondern auch Aufsichtsratsvorsitzender der FC Bayern München AG. Und Kapitalgesellschaften unterliegen strengeren Regeln als Vereine. Weshalb Hoeneß seinen Posten ruhen lassen soll, solange die Staatsanwaltschaft München gegen ihn ermittelt und sogar ein gegen Kaution ausgesetzter Haftbefehl gegen ihn besteht. Darauf drängen Aufsichtsratsmitglieder, die der Steuerfall Hoeneß ihrerseits in ein Dilemma gestürzt hat.

Nämlich die Topmanager in dem neunköpfigen Gremium. Ihm gehören unter anderem die Vorstandsvorsitzenden Herbert Hainer (Adidas) und Martin Winterkorn (Volkswagen) an, Audi-Chef Rupert Stadler, der künftige Telekom-Frontmann Timotheus Höttges und der ehemalige Unicredit-Verwaltungsratsvorsitzende Dieter Rampl. Sie müssen in den Konzernen auf sauberes Wirtschaften achten, auf Compliance also. Gleichzeitig als Aufsichtsräte beim FC Bayern die Vorwürfe gegen Hoeneß ignorieren geht nicht. Noch dazu, weil der in seiner Selbstanzeige Steuerhinterziehung in Millionenhöhe zugegeben hat

Das Dilemma ist seit Tagen Thema in zig Gesprächen zwischen Aufsichtsräten. "Es wird eine Lösung gesucht, bei der eine Linie gezogen, Uli Hoeneß aber auch nicht beschädigt wird", sagt einer, der nah dran ist. Am liebsten wäre es den meisten offenbar, Hoeneß müsse nicht überredet werden, sondern ließe von sich aus den Posten ruhen. Am Montag wollen Aufsichtsräte ihr weiteres Vorgehen beraten. Vor allem die Deutsche Telekom, Volkswagen und Audi, sowie Adidas drängen auf eine "saubere Lösung", wie einer sagt.

Die vier Konzerne pumpen besonders viel Geld in den FC Bayern. Allein die Telekom zahlt als Trikotsponsor schätzungsweise 30 Millionen Euro jährlich. Audi und Adidas sind nicht nur große Geldgeber, sondern sogar mit jeweils knapp zehn Prozent an der FC Bayern AG beteiligt.

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Öffentlich halten sich alle zurück. Manche Sponsoren lehnen jede Stellungnahme ab, andere äußern sich wie eine Sprecherin der Hypo-Vereinsbank: "Bei den Anschuldigungen gegen Uli Hoeneß handelt es sich um eine Privatangelegenheit." Ein Aufstand der Sponsoren droht dem FC Bayern derzeit jedoch nicht. Die Mannschaft spielt schönen und erfolgreichen Fußball, in dessen Glanz sich die Sponsoren gerne sonnen. Vorsorglich wollen die Bayern sie in einem Brief jedoch beruhigen.

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Nervosität könnte sich vielleicht bei der Allianz breit machen, lebt der Versicherer doch besonders vom Vertrauen seiner Kunden. Eine Verbindung zu Steuerhinterziehung könnte sich für den Namensgeber der 2005 eröffneten Fußball-Arena negativ auswirken. Aber auch die Allianz schweigt. Von ihr sitzt kein Vertreter im Aufsichtsrat von Bayern; Uli Hoeneß ist jedoch Mitglied des Aufsichtsrats der Allianz Beratungs- und Vertriebs-AG, der deutschen Allianz-Vertriebsorganisation.

Dass im Aufsichtsrat der FC Bayern München AG vor allem Vertreter der Hauptsponsoren sitzen, möge unter sportlichen Gesichtspunkten richtig sein, nicht aber im Sinne sauberer Unternehmensführung, findet Manuel Theisen. Der Professor für Betriebswirtschaft aus München und Experte für Corporate Governance sieht die Manager in einem Interessenskonflikt: "Die Vertragspartner sitzen gleichzeitig in Organen auf beiden Seiten." Damit erfüllten sie eine wichtiges Kriterium für Aufsichtsräte nicht: Sie seien nicht unabhängig genug.

Denn sie müssen als Bayern-Aufsichtsräte im Interesse des Vereins entscheiden. Was aber, wenn aus der Sicht ihrer Unternehmen ein Ausstieg bei Bayern geboten wäre? Eine klassische Interessenskollision, meint Theisen. Für den Professor ist jener des FC Bayern daher der "klassische Fall eines Aufsichtsrates, der falsch besetzt ist." Zumal die Kontrolleure den Vorsitzenden Hoeneß, der kraft Amtes als Präsident des Vereins und damit des 80-Prozent-Eigners an der AG deren Aufsichtsratsvorsitzender ist, "nur moralisch unter Druck setzen" könnten. "Feuern können sie ihn nicht."

© SZ vom 27.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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