Trend Chaletdorf:Luxus nur für sich

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Echte Hütte mitten unter Einheimischen oder nachgebautes Luxus-Chalet, um unter sich zu bleiben? (Foto: Symbolfoto: dpa)

Chaletdörfer schotten reiche Urlauber von den Einheimischen ab. Man sollte nach klügeren, innovativeren und nachhaltigeren Projekten suchen.

Kommentar von Dominik Prantl

Man kann und darf in den Chaletdörfern eine Entwicklung in die falsche Richtung sehen - und zwar nicht nur als Befürworter eines nachhaltigen Tourismus. Denn die Hüttenkonglomerate, die sich seit einem Jahrzehnt in vielen Ländern des Alpenraums schwammerlartig ausbreiten, sprechen gegen vieles, was den Urlaub eigentlich ausmachen sollten: Sie sind austauschbar, ausufernd und ausgrenzend.

Statt sich während des Urlaubs möglicherweise auf blickwinkelerweiterende Begegnungen mit anderen Menschen einzulassen, bieten Chaletdörfer sogar die Möglichkeit einer doppelten Abschottung: erstens die Trennung von - in diesem Fall meist besser verdienenden - Urlaubern und Einheimischen, zweitens jene zwischen den einzelnen Urlaubern. Warum man die Ferien nicht gleich in ein abgelegenes Haus im Bergwald verlegt, hat damit zu tun, dass die Freude an der doppelten Pufferzone erst durch ein bisschen Luxus so richtig versüßt wird. Irgend jemand soll ja schon da sein, um abends den persönlichen Kachelofen einzuheizen. Dass viele Alpenchalets zwar auf Almhütte machen, ihr Vorbild aber in einem beliebigen Artverwandten zwischen den Malediven und Mallorca haben, passt da ins Bild.

Andererseits sind Chaletdörfer letztlich nichts anderes als ein weiterer Ausdruck des Wunsches zu mehr Individualisierung - und weit weniger hässlich als die Silos aus der Sardinenbüchsenära des Fremdenverkehrs. Gerade in einigen offenbar sehr satten Alpenregionen Bayerns herrscht ja auch durchaus Mangel an modernen Unterkünften. Wer beispielsweise im Weltort Garmisch eine individuelle Bleibe sucht, landet schnell im Nachbarort oder -land. Die Frage ist, ob es nicht einen nachhaltigeren Weg als weitflächige, frisch aus dem Boden zu stampfende Chaletkasernen und 300-Betten-Hotels gibt. So zeigt beispielsweise das Projekt Kuckucksnester im Schwarzwald, bei dem in die Jahre gekommene Ferienwohnungen zu komfortablen Apartments umgestaltet werden, dass Innovation auch über Renovation gelingen kann. Vielleicht könnte man sich als Ferienanbieter auch dort einmal genauer umsehen statt auf den Malediven.

© SZ vom 19.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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