Wikileaks-Pressekonferenz in London:Der Krieg, die Wahrheit und Julian Assange

Lesezeit: 2 min

Der König der Whistleblower erklärt sich: Auf einer Pressekonferenz verteidigt Wikileaks-Chef Julian Assange die Veröffentlichung der geheimen Irak-Papiere. Zuvor dementiert er Gerüchte über Streit in seiner Gruppe.

Julian Assange ist nicht nur hauptberuflicher Geheimnisverräter, er ist auch Medienprofi: Deshalb hat der Wikileaks-Chef nach der Veröffentlichung Hunderttausender Dokumente über den US-Militäreinsatz im Irak eine Pressekonferenz einberufen. Die Wut der Regierungen in Washington und London war abzusehen, und Assange will ihr etwas entgegensetzen.

Der Chef des "ersten Geheimdienstes des Volkes": Julian Assange auf der Pressekonferenz in London. (Foto: Getty Images)

Es war einer der wenigen öffentlichen Auftritte in den letzten Wochen. Seitdem zwei Frauen Vergewaltigungsvorwürfe erhoben haben und die schwedische Polizei gegen ihn ermittelt, ist Assange quasi unsichtbar geworden.

Die Veröffentlichung der Dokumente aus der Zeit von 2004 bis 2009, die die Armee als "geheim" eingestuft hat, verteidigte Assange in London auf dem Podium. Es sei richtig, die Informationen ins Netz zu stellen, schließlich offenbarten die Dokumente klare Beweise für Kriegsverbrechen. "Die Dokumente zeigten, dass "der Irakkrieg an jeder Ecke ein Blutbad war".

Als Argument dienen Assange auch die Erfahrungen nach der Veröffentlichung der Papiere aus Afghanistan im Juli. Wikileaks hatte damals 90.000 geheime Dokumente zugänglich gemacht. "Wir haben keine Berichte darüber, dass irgendjemand aufgrund der Veröffentlichungen verletzt wurde", sagte Assange. Er reagierte damit auf das Hauptargument der US-Regierung in Washington, die Veröffentlichung gefährde das Leben von US-Soldaten und Irakern. Die USA hatten empört reagiert und dazu aufgefordert, die "gestohlenen Daten" schnellstmöglichst wieder zurückzugeben.

In der Mehrzahl der Fälle von Folter und ähnlichen Menschenrechtsverletzungen, die in den Papieren beschrieben sind, gehe es um Taten von Irakern gegen Iraker. Im Irak wie auch in Afghanistan handele es sich um "moderne, westliche Kriege", sagte Assange. Die Wahrheit bleibe auf der Strecke, "lange bevor der Krieg beginnt und lange nach seinem Ende". Assange kündigte weitere Enthüllungen seiner Plattform an, obwohl die US-Regierung unter Präsident Barack Obama aus seiner Sicht daran arbeite, den Handlungsspielraum mit neuen Gesetzen weiter einzuengen.

"Wir machen weiter", sagte Assange. Die Veröffentlichung zeige die "Wahrheit", sagte er. "Wir hoffen, dass wir einige dieser Angriffe auf die Wahrheit korrigieren können." Die jetzt öffentlich gemachten Dokumente zeigten lediglich ein umfassendes Bild aus dem Blickwinkel der US-Armee. Die Verwicklung von Geheimdiensten oder anderen, nicht offiziellen Organisationen sei dabei nicht berücksichtigt.

Am Freitag hatte Assange bereits Berichten über Streit innerhalb seiner Organisation widersprochen. Es seien lediglich einige frustrierte ehemalige Mitarbeiter, die suspendiert worden waren, sagte er in einem Interview mit CNN. Der Deutsche Daniel Domscheit-Berg, ein Sprecher der Gruppe, war im vergangenen Monat zurückgetreten. Unter anderem hatte er Assange vorgeworfen, sich selbst zu sehr in der Öffentlichkeit zu inszenieren. Dem Sender zufolge wollte Assange in dem Interview nicht zu den Vergewaltigungsvorwürfen Stellung nehmen.

Assange hatte Anfang der Woche noch dementiert, dass Dokumente zum Irak veröffentlicht würden. In der Nacht zum Samstag ließ seine Website dann die Bombe platzen.

© dapd/AFP/jab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: