Thüringens Ministerpräsident:Ramelow: Deutschland schlittert wegen großer Koalition in eine Staatskrise

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Bodo Ramelow: Schwarz-Rot ist eine einzige Kakophonie (Bild: Archiv) (Foto: dpa)

Thüringens linker Ministerpräsident Bodo Ramelow warnt vor negativen Auswirkungen schwarz-roter Koalitionsquerelen. Es fehle an fruchtbaren Debatten und Fortschritt.

Von Oliver Das Gupta

Anlässlich des Koalitionsgipfels im Kanzleramt hat Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow eindringlich vor den Folgen der andauernden Querelen zwischen CDU, CSU und SPD gewarnt. "Bei vielen Bürgern entsteht der Eindruck: Die Regierung besteht nur noch aus Krach und die im Bundestag vertretenen Parteien bringen nichts auf die Reihe", sagte der Linken-Politiker der Süddeutschen Zeitung.

Der andauernde Streit in der Regierung schüre den Frust bei den Bürgern und spiele der stramm rechten AfD in die Hände. "Die große Koalition ist zu einem Problem für Deutschland geworden", sagte Ramelow. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist Ramelow zufolge die letzte Persönlichkeit, die in der großen Koalition noch "Bindewirkung" besitzt.

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Im Streit zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer geht es nicht um die zukünftige Flüchtlingspolitik. Es geht darum, wer in der Vergangenheit recht hatte.

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Die Spitzen der Koalitionsparteien treffen sich an diesem Sonntag erstmals nach der Sommerpause. Zentrales Thema dürfte die Flüchtlingspolitik sein, wegen der die Kanzlerin seit Monaten massiv von der bayerischen Schwesterpartei CSU angegriffen wird. Auch in Merkels CDU rumort es zunehmend. Zuletzt wurde zudem aus der SPD-Spitze Kritik laut, unter anderem bei Parteichef und Vizekanzler Sigmar Gabriel.

Bei dem Koalitionsgipfel empfängt Merkel nun zunächst CSU-Chef Horst Seehofer zu einem Vorgespräch, später kommt Gabriel dazu.

Ramelow nannte das mediale Erscheinungsbild der großen Koalition erbärmlich. "Schwarz-Rot ist eine einzige Kakophonie". Es wäre nur konsequent und ehrlich, wenn eine Regierungspartei die Koalition beendete, sagte der Erfurter Regierungschef.

"Schleichend in eine Staatskrise"

Die politische Regierungskonstellation von Union und SPD hält der Linke generell für problematisch. "Früher koalierten Volksparteien nur ausnahmsweise, um eine Staatskrise zu meistern", sagte Ramelow. "Heute schlittert Deutschland wegen der großen Koalition schleichend in eine Staatskrise." Union und SPD regierten im Bund zwischen 2005 und 2009, nach der Bundestagswahl 2013 gingen sie erneut zusammen.

Für Ramelow liegt darin ein Hauptgrund dafür, dass zunehmend Bürger sich von den etablierten Parteien abwenden. "Es gibt keine Dualität mehr, die für die positive Entwicklung in Deutschland so wichtig war: hier links-liberal, dort bürgerlich-konservativ", sagte Ramelow. "Ohne diese Dualität gibt es keine fruchtbare Debatten und keine positive Fortschritte."

Der 60-Jährige regiert in Thüringen seit 2014 mit einer Koalition aus Linkspartei, SPD und Grünen. Ramelow forderte die SPD erneut auf, sich auch im Bund der Linken zu öffnen. Wenn es den Sozialdemokraten darum gehe, eine soziale Politik zu machen, dann müsse auch eine linksliberale Mehrheit entstehen. Die SPD müsse sich entscheiden, so Ramelow, ob sie sich im Bund weiterhin "reduzieren lassen will als Steigbügelhalterin für die Union und dabei immer kleiner wird."

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