Polizeireform-Pläne von de Maizière:Schinken mit Ei

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Die bundesweite Zuständigkeit des BKA und der große Personalstamm der Bundespolizei: Der Innenminister versucht trickreich, eine Art deutsches FBI aufzubauen. Dass dafür eigentlich das Grundgesetz geändert werden müsste, übersieht er.

Heribert Prantl

Die Moritat von der großen Fusion, die bisher nur in der Wirtschaft galt, gilt jetzt auch für die Polizei. Sie geht so: Das Huhn schlägt dem Schwein eine Zusammenarbeit vor und schwärmt von deren Chancen. Das Schwein will Näheres wissen. Das Huhn zeigt ihm das Organigramm für eine Firma namens "Ham and Eggs". Darauf das Schwein irritiert: "Das bedeutet doch meinen sicheren Tod." Das sei doch der Sinn einer Kooperation, bemerkt das Huhn trocken.

Die Bundespolizisten sind bisher nur für den Grenzschutz zuständig - um eine neue Super-Polizei zu formen, will Innenminister de Maizière das BKA in die Behörde integrieren. (Foto: dpa)

Das Organigramm findet sich auf Seite 25 des Berichts der Werthebach-Kommission zur "Evaluierung" der Sicherheitsbehörden, in der die Fusion von BKA und Bundespolizei geplant wird. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat sich den Plan zu eigen gemacht.

Die neue Firma heißt freilich nicht "Ham and Eggs" sondern "Bundespolizei neu". Wer das Organigramm und die Erläuterungen studiert, der stellt fest: Vom BKA bleibt nach der Fusion wenig übrig - die Wiesbadener Behörde muss die Rolle des Schweins spielen. Von neun BKA-Abteilungen bleiben nur zwei erhalten; der Rest wird auf Abteilungen der Bundespolizei verteilt. Das Bundeskriminalamt, eine Polizeibehörde mit Weltruf, ist also der Preis der Fusion. Der Bundesinnenminister will das BKA opfern, auf dass die "Bundespolizei neu" leben kann.

Das BKA ist die kleinere Behörde. Aber das BKA hat etwas, was die Bundespolizei bisher nicht hat - es hat bundesweite Kompetenzen: Bei allen Straftaten, die irgendwie mit Terror zu tun haben, ist das BKA zuständig, und zwar im ganzen Bundesgebiet, ohne jede Einschränkungen. Die Kompetenzen der bisherigen Bundespolizei (früher Grenzschutz) sind dagegen örtlich sehr beschränkt: auf die Flughäfen und Bahnhöfe sowie den Grenzraum der EU-Außengrenzen und der Binnengrenzen.

Das deutsche FBI

Die Bundespolizisten sind zwar dort für eine große Palette von Straftaten zuständig, aber eben nur dort. Das ändert sich mit der Fusion: Die bundesweite Zuständigkeit des BKA wandert dann in die Fläche, hin zur Bundespolizei. Weil diese Bundespolizei schon jetzt einen großen Unterbau hat, entsteht mit der Fusion eine ganz neue kompetenzstarke Polizeibehörde.

Zur Bundespolizei gehören schon jetzt neun Direktionen mit 77 Inspektionen - mit derzeit eingeschränkter örtlicher Zuständigkeit. Diese örtlichen Einschränkungen entfallen mit der Fusion. Es entsteht eine Behörde, die mit dem amerikanischen FBI vergleichbar ist. Das wichtigste Kennzeichen des FBI ist die Existenz von Dependancen in den einzelnen Bundesstaaten. Die mit neuen Zuständigkeiten aufgeladenen Bundespolizeiinspektionen und -direktionen sind nichts anderes.

Mit der Super-Bundespolizei entsteht, neben den Länderpolizeien samt Landeskriminalämtern, ein zweites Polizeinetz. Wer das will, muss das Grundgesetz ändern. Polizei ist Ländersache; der Bund darf bisher nur eine Sonderpolizei aufstellen. Ist diese aber überall zuständig, dann ist es keine Sonderpolizei mehr.

© SZ vom 13.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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