Nachwuchs in der GroKo:Auf dem Sprungbrett

Sie sollen ihre Parteien jünger und moderner erscheinen lassen, als sie in Wirklichkeit sind: Union und SPD haben wichtige Posten an Nachwuchspolitiker vergeben. Schön für diese: Sie können sich nun für größere Aufgaben empfehlen.

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(Foto: dpa)

Jung zu sein, wenig bekannt und am Ende noch eine Frau - das galt bisher nicht als Erfolgsrezept, um an verantwortungsvolle Parteiposten zu kommen. Der durchschnittliche Bundestagsabgeordnete ist knapp 50 Jahre alt. Nur langsam scheint sich etwas zu ändern. Union und SPD haben einige wichtige Aufgaben an vergleichsweise junge Politiker vergeben. Das Kalkül ist offensichtlich: Sie sollen ihre Parteien jünger und moderner erscheinen lassen, als sie eigentlich sind - können sich dabei aber für größere Aufgaben empfehlen. Peter Tauber ist eine der größten Überraschungen in Merkels neuer Mannschaft. Die Kanzlerin hat den bisher nahezu unbekannten hessische Bundestagsabgeordnete zu ihrem Generalsekretär gemacht. In den vergangenen vier Jahren saß er in den Ausschüssen für Familie sowie Arbeit und Soziales. Als "hypermodern und erzkonservativ" bezeichnet die Welt den 39-Jährigen: Er twittert, bloggt (als "Schwarzer Peter") und interessiert sich für Netzpolitik, gleichzeitig vertritt der gläubige Christ und Reserveoffizier konservative Werte. Tauber steht außerdem für eine mögliche Öffnung der Union zu den Grünen, er duzt sich mit dem hessischen Grünenchef Tarek al-Wazir. Dieser sagt über Tauber das Netteste, was ein grüner Hesse über einen schwarzen Hessen sagen kann: "Das ist keiner von den Bösen."

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(Foto: Nadine Schön / Margarete Singer)

Wer mit dem Spruch "Frische Ideen für morgen" für sich wirbt, kommt nicht selten recht altbacken daher. Die 30-jährige CDU-Abgeordnete Nadine Schön könnte aber wirklich etwas unverbrauchte Luft in den Fraktionsvorstand der Union - eine Art Alte-Männer-Club - bringen. Sie ist als Stellvertreterin von Volker Kauder vorgesehen. Die Juristin ist seit vier Jahren Mitglied des Bundestages und stellvertretende Vorsitzende der Gruppe der Frauen. Bisher war Schön auf geschmeidige Art unangepasst: Sie sprach sich gegen das Betreuungsgeld aus, forderte mit zwölf anderen Unions-Abgeordneten die steuerliche Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften und unterschrieb den Aufruf "CDU 2017", mit dem junge Unionsabgeordnete den Koalitionsvertrag kritisierten. So laut, dass es ihr geschadet hätte, hat sie aber nie protestiert.

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(Foto: dpa)

Dorothee Bär war bisher die Vorzeigefrau der CSU für alles, was irgendwie mit Internet zu tun hat. Nun kann die 35-Jährige als Parlamentarische Staatssekretärin dazu beitragen, dass das Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur nicht nur ein schöner Name bleibt. Im Gegensatz zu ihrem Chef Alexander Dobrindt nutzt @DoroBaer soziale Netzwerke nicht nur aus Pflichtbewusstsein, sondern voller Begeisterung. Bär zog 2002 als jüngste Abgeordnete in der CSU-Geschichte in den Bundestag ein, zuletzt war sie familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion. Die Politikwissenschaftlerin agiert nicht frei von Widersprüchen: Die Mutter von drei Kindern ist für eine verpflichtende Frauenquote in Unternehmen, tritt aber auch für das - die Gleichberechtigung bremsende - Betreuungsgeld ein.

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(Foto: dpa)

Vor zwei Jahren hat ihm Parteichef Horst Seehofer im Streit um den Donau-Ausbau noch ein Praktikum in der Politik empfohlen, jetzt hat er Andreas Scheuer zum Generalsekretär der CSU gemacht - vor allem in der CSU ein zuverlässiges Karriere-Sprungbrett. Der 39-Jährige sitzt seit 2002 im Bundestag, in den vergangenen vier Jahren war er Parlamentarischer Staatssekretär im Verkehrsministerium. Praktika braucht er natürlich keine mehr. Beobachter nennen Scheuer einen "Schnellsprecher" und attestieren ihm "Angreifer-Qualitäten". Seinen Wahlkreis rund um Passau holte er bei der Bundestagswahl mit fast 60 Prozent. Mit seinem Vorvorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg hat er nicht nur die halblangen, mit reichlich Gel behandelten Haare gemeinsam, auch Scheuer hatte schon Ärger wegen seiner Doktorarbeit. Weil sein in Prag erworbener Doktortitel nicht exakt dem deutschen entspricht, von ihm aber so verwendet wurde, ermittelte die Staatsanwaltschaft vorübergehend wegen Titelmissbrauchs. Das Verfahren wurde eingestellt.

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(Foto: Britta Pedersen/dpa)

Carsten Schneider ist zwar erst 37 Jahre alt, hat aber mehr Erfahrung als mancher seiner Kollegen im Bundestag: Er ist seit 1998 Abgeordneter und über die Grenzen der SPD hinweg bekannt. Zuletzt war er haushaltspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Der neue Fraktionschef Thomas Oppermann hat sich den Haushaltsexperten aus Thüringen als einen seiner neun Stellvertreter gewünscht. Schneider setzte sich wie geplant gegen einen älteren Konkurrenten durch. Der Bankkaufmann wird sich um Finanzthemen und die Euro-Rettungspolitik kümmern.

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(Foto: Maurizio Gambarini/dpa)

Dass ein Generalsekretärsposten ein gutes Sprungbrett ist, kann man am Beispiel von Andrea Nahles sehen. Die 43-Jährige ist seit vier Jahren Generalsekretärin der SPD, zuvor war sie stellvertretende Parteivorsitzende. Im neuen Kabinett ist sie Arbeitsministerin.

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(Foto: AFP)

Noch etwas jünger ist Nahles' Genossin Manuela Schwesig. Die 39-Jährige begann ihre steile politische Karriere erst vor zehn Jahren im Schweriner Stadtrat. Seit 2008 ist die SPD-Politikerin Sozialministerin in Mecklenburg-Vorpommern, vor vier Jahren holte Sigmar Gabriel sie außerdem als Stellvertreterin in den Bundesvorstand. Seit kurzem ist sie Familienministerin der großen Koalition.

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(Foto: dpa)

Und noch ein Ex-General, der jetzt Minister ist: Alexander Dobrindt hat für die CSU parallel zwei Wahlkämpfe organisiert. Bei beiden Abstimmungen, der bayerischen Landtagswahl und der Bundestagswahl, hat die CSU zugelegt. Zum Dank hat CSU-Chef Seehofer dem 43-Jährigen das Bundesverkehrsministerium organisiert.

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