Kämpfe im Irak:US-Luftwaffe zerstört Transporter der IS-Terrormiliz

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Präsident Obama bei einem Treffen mit seinen sicherheitspolitischen Beratern im Situation Room des Weißen Hauses: Der US-Präsident ist zu einer Ausweitung der Luftangriffe im Irak bereit. (Foto: AP)

Angriffe auf die Dschihadisten, Versorgung der Zivilbevölkerung mit Wasser und Nahrung: US-Militärflugzeuge setzen ihren Einsatz im Nordirakt fort. US-Präsident Obama spricht von einem "Langzeitprojekt".

  • Im Nordirak setzt das US-Militär seinen Einsatz fort. Drohnen und Kampfjets bombardieren die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in einer zweiten Angriffswelle.
  • Das US-Militär wirft erneut Hilfsgüter ab.
  • US-Präsident Obama spricht beim Militäreinsatz im Irak von einem "langfristigen Projekt". Als nächster Schritt soll ein humanitärer Korridor geschaffen werden.
  • UN-Sicherheitsrat plant Resolution gegen Dschihadisten im Irak.

Luftangriffe und Hilfsgüter

Die US-Luftwaffe hat den zweiten Tag in Folge die Dschihadisten im Nordirak angegriffen. Kampfflugzeuge und Drohnen hätten am Samstag "erfolgreich vier Luftangriffe zum Schutz der jesidischen Zivilisten" nahe Sindschar vorgenommen, erklärte das US-Zentralkommando. Dabei seien mehrere Truppentransporter der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) getroffen und zerstört worden.

Die USA setzten außerdem die Versorgung der geflüchteten Zivilbevölkerung mit Hilfsgütern fort. Aus Militärflugzeugen warf das US-Miliätr wieder Wasser und Lebensmittel aus der Luft ab, um die Menschen vor dem Verhungern zu retten. "Die Vereinigten Staaten können nicht einfach wegschauen", sagte Präsident Barack Obama am Samstag bei einer Pressekonferenz vor dem Weißen Haus. "So sind wir nicht. Wir sind Amerikaner. Wir handeln. Wir führen. Und das werden wir auf diesem Berg tun."

Die USA hatten am Freitag erstmals IS-Stellungen im Nordirak angegriffen. Obama hatte gezielte Luftangriffe auf die Dschihadisten angeordnet, um US-Einrichtungen in der Stadt Erbil zu schützen und einen "möglichen Völkermord" an den Jesiden zu verhindern. Angehörige der religiösen Minderheit, die wegen des Vormarschs der IS geflohen waren, harren seit Tagen ohne Wasser und Nahrung im Sindschar-Gebirge aus.

Einem Bericht des kurdischen Nachrichtenportals Basnews zufolge konnten kurdische Soldaten inzwischen eine große Zahl der Flüchtlinge in Sicherheit bringen. Allerdings ist offen, wie viele der in Sindschar eingekesselten Flüchtlinge unter den geretteten waren.

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Zehntausende Jesiden fliehen vor den IS-Milizen ins Sindschar-Gebirge. Aber sind sie einmal dort angekommen, fehlen Lebensmittel und Wasser. Viele befürchten eine humanitäre Katastrophe.

US-Präsident Obama deutet längeren Einsatz im Irak an

Obama hat die amerikanische Bevölkerung auf einen längeren Militäreinsatz vorbereitet. "Ich glaube nicht, dass wir dieses Problem innerhalb von Wochen lösen können", sagte er in Washington vor dem Abflug zu einem zweiwöchigen Urlaub. Es handle sich um "ein langfristiges Projekt". Als einer der nächsten Schritte solle ein humanitärer Korridor geschaffen werden, damit die auf einen Berg im Nordirak geflüchteten Jesiden in Sicherheit gebracht werden könnten. Die Mitglieder der religiösen Minderheit waren vor den Kämpfern des Islamischen Staates geflohen.

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Obama ist der vierte US-Staatschef in Folge, der im Irak interveniert. Seine Vorgänger haben dort zum Teil desaströs agiert. Auch Obama geht ein hohes Risiko ein. Dennoch ist es richtig, die Jesiden zu schützen.

Ein Kommentar von Nicolas Richter

Obama will Kalifat verhindern

US-Präsident Barack Obama hat sich grundsätzlich zu einer Ausweitung der Luftschläge gegen die Islamisten im Irak bereiterklärt. "Wir werden es nicht zulassen, dass sie ein Kalifat in Syrien und im Irak errichten", sagte Obama in einem Interview der New York Times. In seiner wöchentlichen Radioansprache stellte Obama erneut klar, die Angriffe dienten dem Schutz von US-Diplomaten und Militärberatern in der Kurdenhauptstadt Erbil. Sie sollten "wenn nötig" fortgesetzt werden.

Voraussetzung sei aber, dass die politischen Spitzen im Irak die Regierungskrise beenden und einen Weg der Zusammenarbeit finden. Wenn es Partner in der irakischen Führung gebe, sei eine größere Unterstützung der USA denkbar, um die radikalen Kämpfer der Extremistenbewegung Islamischer Staat (IS) zurückzudrängen.

"Wir sind nicht die irakische Luftwaffe", warnte er. Es werde keine "amerikanische Lösung" für die größere Krise im Irak geben. "Ich werde nicht zulassen, dass die USA in einen neuen Irak-Krieg gezogen werden. Amerikanische Kampftruppen werden nicht in den Irak zurückkehren", sagte er.

Hilfsgüter für die Zivilbevölkerung: In diesen Paketen befinden sich Wasserflaschen, die über dem Sindschar-Gebirge abgeworfen werden. (Foto: AP)

Rechtliche Absicherung des US-Militäreinsatzes

Das Außenministerium in Washington erklärte, dass der Militäreinsatz rechtlich abgesichert sei. Die Regierung des irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki sowie politische Verantwortliche aller Bevölkerungsgruppen und Parteien hätten die USA um Unterstützung gebeten, sagte Außenamtssprecherin Marie Harf. "Das ist das Prinzip, das hier greift."

Inzwischen informierte Obama den US-Kongress formal. Die sogenannte War Powers Resolution aus dem Jahr 1973 legt fest, dass der Präsident das Parlament innerhalb von 48 Stunden über ein militärisches Vorgehen in Kenntnis setzen muss. Spätestens nach 60 Tagen muss der Kongress dem Einsatz zustimmen, sonst müssten die Kampfhandlungen binnen 30 Tagen beendet werden. Ob der Präsident daran tatsächlich gebunden ist, ist allerdings rechtlich umstritten.

UN-Sicherheitsrat plant Resolution gegen IS-Extremisten

Der UN-Sicherheitsrat will die Extremisten des Islamischen Staates (IS) im Irak finanziell schwächen und vom Zustrom ausländischer Kämpfer abschneiden. Zu diesem Zweck hat Großbritannien dem Gremium den Entwurf einer Resolution vorgelegt, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Das Schriftstück sieht die Verurteilung von direktem oder indirektem Handel mit der IS sowie der syrischen Nusra-Front vor und will Verstöße dagegen mit Sanktionen ahnden. Staaten werden dazu aufgefordert, die Namen von Personen oder Organisationen zu nennen, die sie der Unterstützung der Extremisten verdächtigen.

Der Entwurf sieht zudem Reiseverbote für die IS-Führung sowie das Einfrieren ihrer Vermögen im Ausland vor. Die neue Resolution würde dem Sicherheitsrat das Mandat einräumen, Entscheidungen mit Wirtschaftssanktionen oder mit Militäreinsatz durchzusetzen. Sie sieht jedoch keinen direkten militärischen Einsatz gegen die Extremisten vor.

Zeugen: Islamisten reparieren eroberten Staudamm im Nordirak

Auch die irakische Luftwaffe und kurdische Einheiten griffen die Dschihadisten an. Die Führung der kurdischen Autonomieregion bestätigte derweil die Eroberung des strategisch wichtigen Mossul-Staudamms durch IS-Kämpfer. Der Stabschef im Präsidialamt, Fuad Hussein, sagte nach Angaben des kurdischen Nachrichtenportals Basnews, der größte Staudamm des Landes befinde sich in den Händen der Dschihadisten. Die Talsperre liegt rund 40 Kilometer nordwestlich Mossuls.

Augenzeugen zufolge hätten die IS-Extremisten mit der Reparatur der Anlage begonnen. Ein Ingenieur am Mossul-Damm im Norden des Landes sagte der Nachrichtenagentur Reuters, dafür würden Techniker und Ingenieure zusammengezogen.

Engagement der Europäer

Frankreich begrüßte das Eingreifen der USA. Das Land sei bereit, seinen Teil beizutragen, um gemeinsam mit den USA und anderen Partnern dem Leiden der Zivilbevölkerung ein Ende zu bereiten. Mögliche Maßnahmen würden geprüft, hieß es in einer Mitteilung des Élyséepalastes.

Die Briten sollen einem BBC-Bericht zufolge ein erstes Transportflugzeug mit Hilfsgütern für die Bevölkerung im Nordirak auf die Reise geschickt haben. Die Maschine habe am Samstag den Luftwaffenstützpunkt Brize Norton nordwestlich von London mit Ziel Irak verlassen, heißt es in dem Bericht.

Die Bundesregierung stellte vorerst 2,9 Millionen Euro für die Bewältigung des Flüchtlingsdramas zur Verfügung.

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© Süddeutsche.de/AFP/dpa/Reuters/sks - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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