Gerichtsurteil:Ein israelischer Passagier? Ist der Fluglinie "nicht zumutbar"

Gerichtsurteil: Schalter von Kuwait Airways am Flughafen Kuwait.

Schalter von Kuwait Airways am Flughafen Kuwait.

(Foto: AP)

Ein deutsches Gericht billigt einen antisemitischen Boykott: Kuwait Airways müsse einen Israeli nicht befördern. Noch seltsamer als das Urteil ist seine Begründung.

Kommentar von Ronen Steinke

Gegen den Muslim Ban sind die Gerichte demokratischer Staaten Sturm gelaufen. Gegen den Jew Ban auch - bisher.

Als Donald Trump pauschal den Menschen aus einigen mehrheitlich muslimischen Ländern die Einreise verbieten wollte, war die Empörung groß. Als einige Golfstaaten den Menschen aus dem einzigen mehrheitlich jüdischen Staat der Welt pauschal die Einreise verbieten wollten, auch. Richter in Amerika und Australien tippten sich an die Stirn: Golf-Airlines, die Israelis diskriminieren wollten, sollten woanders landen, nicht mehr bei ihnen.

Erst ein Gericht in Deutschland ist da jüngst ausgeschert, es hat diese Diskriminierung gebilligt, und schlimmer geht's immer: Wer nun die 13-seitige Urteilsbegründung aus Frankfurt liest, mag dieses seltsame Urteil auch nicht mehr mit irgendwelchen Zwängen des deutschen Zivilrechts entschuldigen. (Az. 2-24 O 37/17)

Die juristische Frage heißt: Ist es Kuwait Airways "zumutbar", einen Israeli zu befördern? Nach deutschem Recht kann ein Unternehmen aus seiner Vertragspflicht befreit werden, wenn ihm die Erfüllung dieser Vertragspflicht "subjektiv unmöglich", sprich unzumutbar ist. Das aber ist eine Wertentscheidung des deutschen Richters. Ein kuwaitisches Gesetz von 1964 untersagt dort Firmen, Vereinbarungen mit israelischen Staatsangehörigen zu schließen. Von Kuwait Airways könne nicht verlangt werden, dagegen zu verstoßen, schreibt der Einzelrichter am Frankfurter Landgericht.

Es handele sich um "ein Boykottgesetz im Sinne eines Embargos eines Staates gegenüber einem anderen Staat", also nicht um etwas per se Verwerfliches. "Solche Regelungen in unterschiedlicher Ausprägung" seien "auch der deutschen Rechtsordnung nicht fremd."

Er könne ja andere Verkehrsmittel benutzen, belehrt das Gericht den Israeli

Beschwichtigend geht es weiter: Diskriminierungsverbote, wie sie im deutschen Recht wie in internationalen Abkommen festgeschrieben sind, würden in diesem Fall überhaupt nicht greifen. Denn das kuwaitische Gesetz von 1964 richte sich nur gegen die israelische Staatsangehörigkeit. "Religion oder ethnische Herkunft sind dafür ohne Bedeutung", behauptet das Gericht. "Insofern sieht das Gericht keinen Anlass für eine Entschädigung."

Was nicht im Urteil steht: Kuwait Airways ist ein Staatsbetrieb. Die Herrscherfamilie im Emirat hat ein Gesetz erlassen. Sie könnte es auch wieder ändern oder jedenfalls auf Strafe verzichten. Das wäre ihr zumutbar; es wäre auch zu verlangen. Stattdessen belehrt der Frankfurter Richter den Israeli, dieser könne ja auch andere Verkehrsmittel benutzen; "gerichtsbekannt" gebe es noch viele - so als sei dessen Problem nur eines des Komforts, und nicht der Diskriminierung.

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