Nach Einigung in Genf:Ukraine will russischer Sprache Sonderstatus einräumen

Tensions Continue In Eastern Ukraine Despite Diplomatic Progress

Ein prorussischer Demonstrant vor dem Gebäude der Regionalregierung in Donezk.

(Foto: Getty Images)

Regierung in Kiew stellt Verfassungsreform in Aussicht +++ Separatisten in der Ostukraine widersetzen sich vereinbarter Entwaffnung +++ Ukraine setzt Militäraktion im Osten des Landes fort +++ USA drohen Russland mit weiteren Sanktionen +++

  • Regierung in Kiew stellt Verfassungsreform in Aussicht
  • Separatisten in der Ostukraine widersetzen sich vorerst der Entwaffnung
  • Auch Ukraine setzt Militäraktion im Osten des Landes fort
  • USA drohen Russland mit härteren Sanktionen

Ukraine will Russisch in Verfassung verankern: Die proeuropäische Regierung in Kiew hat zugesagt, der russischen Sprache einen "Sonderstatus" einräumen zu wollen. "Wir werden dem Russischen einen Sonderstatus geben und garantieren, es zu schützen", erklären Präsident Alexander Turtschinow und Regierungschef Arseni Jazenjuk in einer gemeinsamen Fernsehansprache am Freitag. Damit geht die Regierung auf eine wichtige Forderung prorussischer Aufständischer im Osten des Landes ein. Zugleich sicherten sie zu, im Rahmen einer Verfassungsreform mehr Befugnisse von der Zentralregierung auf die Regionen zu verlagern. Beide Politiker appellierten zudem an die Bevölkerung, auf Gewalt zu verzichten und die nationale Einheit zu wahren.

Separatisten widersetzen sich der Entwaffnung: Die prorussischen Kämpfer im Osten der Ukraine widersetzen sich der Einigung des Vierer-Gipfels in Genf. Zuerst müsse der Militäreinsatz der Machthaber aus Kiew gegen die eigene Bevölkerung beendet werden, so ein Sprecher der Separatisten, Miroslaw Rudenko, in Donezk. Außerdem wollen die Aktivisten das Recht auf eine russische Staatsbürgerschaft, um Moskau gegebenenfalls um Beistand zu bitten. Zudem sollen festgenommene Anführer freigelassen und auch ultranationalistische Kräfte wie der Rechte Sektor entwaffnet werden. Ungeachtet der Genfer Beschlüsse halten prorussische Separatisten in der Ostukraine weiter zahlreiche Regierungsgebäude in etwa zehn Städten besetzt. In der Stadt Slawjansk fielen in der Nacht zum Freitag Schüsse, als ukrainische Regierungstruppen einen Posten prorussischer Uniformierter stürmten. Nach unbestätigten Berichten soll mindestens ein Mensch gestorben sein. Der britischen BBC zufolge kam es am Freitag auch in dem Ort Serhiyivka in der Donezk-Region zu Schusswechseln.

Ukraine setzt "Anti-Terror-Einsatz" gegen Separatisten fort: Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters setzt auch die proeuropäische Übergangsregierung in Kiew ungeachtet der Genfer Vereinbarung ihre Militäraktion gegen prorussische Separatisten im Osten des Landes fort. "Die Anti-Terror-Operation läuft weiter. Wie lange sie andauern wird hängt davon ab, wie lange Terroristen in unserem Land bleiben", sagte die Sprecherin der Staatssicherheit, Marina Ostapenko, am Freitag vor Journalisten in Kiew.

Zurückhaltende Reaktionen aus den USA: US-Präsident Barack Obama ist auch nach der überraschenden Einigung in Genf skeptisch. Er nannte die Vereinbarung zwar eine "eine aussichtsreiche öffentliche Erklärung", doch angesichts der Erfahrungen in der Vergangenheit könne man nicht mit Sicherheit mit einer Verbesserung der Lage rechnen. Obama habe bereits mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefoniert, teilt das Weiße Haus mit. Die USA würden sehr genau beobachten, ob Russland seinen Einfluss auf die Separatisten im Osten der Ukraine nun geltend machen werde, damit diese wie vereinbart ihre Waffen niederlegten und besetzte Gebäuden verließen, sagt die Sicherheitsberaterin von US-Präsident Barack Obama, Susan Rice, am Freitag. Andernfalls würden die USA weitere Sanktionen erlassen, die auch wichtige Bereiche der russischen Volkswirtschaft treffen könnten.

Einigung in Genf: Bei internationalen Krisengesprächen in Genf haben Russland, die EU und USA sowie die Ukraine vereinbart, dass zur Lösung des Konflikts alle nicht-staatlichen Gruppierungen entwaffnet werden müssten. Auch besetzte öffentliche Gebäude und Plätze seien freizugeben. Dies teilten US-Außenminister John Kerry, sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton nach dem Treffen am Donnerstag mit, an dem auch der ukrainische Außenminister Andrej Deschtschiza teilnahm. Den Beteiligten an bewaffneten Aktionen und Besetzer staatlicher Gebäude in der Ostukraine soll eine Amnestie gewährt werden, außer in Fällen von Kapitalverbrechen. Eine Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) soll die Umsetzung der Vereinbarung begleiten und überprüfen. Die Formulierungen des Abkommens zielen nach Ansicht von Beobachtern aber auch auf die Unterstützer der prowestlichen Regierung in Kiew. Lawrow erwähnte ausdrücklich die ultranationalistische Gruppe Rechter Sektor.

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